It’s all in your body

Eine Speaker-Fortbildung der Superlative: Über 100 Teilnehmer profitierten Anfang Mai am Lee Strasberg Institute in New York City von den besten Schauspiellehrern der Welt.

»Achtet bei den kommenden, erlebnisreichen Tagen nicht zu sehr auf die gedruckten und gesprochenen Worte, sondern viel mehr auf das, was uns die Stadt New York sonst noch zu bieten hat«, schrieb Hermann Scherer, der Initiator dieser Fortbildungsreise, ins Booklet für die Teilnehmer.

New York City, Broadway, schönstes Frühlingswetter, volles Leben, die Stadt präsentiert sich in ihrer perfekten Schönheit. Dennoch sitzen 102 Österreicher, Deutsche und Schweizer in einem dunklen Theater ohne Fenster, in stickiger Luft. Warum?

Am Dienstag, den 5. Mai treffen die Speaker in New York City ein, um von den Besten zu lernen. Es erwartet sie ein umfangreiches Programm, das gleich am Dienstagabend mit einem gemeinsamen Dinner und dem Besuch des Musicals »The Kinky Boots« beginnt. Um auch in Ruhe in der Stadt ankommen, den Jetlag überwinden und erste Freundschaften schließen zu können, steht am Mittwoch eine Stadtrundfahrt mit eigenem Guide am Programm, am Abend wird gemeinsam die Show »Wayra« besucht.

Am Donnerstag geht es dann los mit insgesamt drei vollen Tagen Workshops. Am ersten Tag unterrichtet Susan Batson, die jahrelang die rechte Hand von Lee Strasberg war und Schauspielgrößen wie Nicole Kidman ausgebildet hat. Der Inhalt deckt sich gar nicht mit den Erwartungen der meisten Teilnehmer. Körpersprache, Stimme, Präsentationstechnik haben wir uns erwartet. Doch Susan Batson geht es um etwas völlig anderes: um die innere Einstellung der Redner. Sie sagt: »Jeder Mensch hat ein Grundbedürfnis, das befriedigt werden will.«

Im Seminar sollen wir uns an unser größtes und wichtigstes Bedürfnis erinnern, das wir als 5-Jähriger hatten. Es fallen Schlagworte wie Anerkennung, Respekt, Liebe etc. Danach geht es darum, sich an eine Zeit zu erinnern, wo dieses Bedürfnis nicht erfüllt wurde. Um im dritten Schritt die Frage zu beantworten: Was würdest du heute in dieser Situation sagen, warum dieses Bedürfnis nicht erfüllt wurde? Dieses Grundbedürfnis ist laut Batson der »Puls des Charakters«, nur wenn man es kennt, ist man als Speaker menschlich und glaubwürdig.

Nach diesem intensiven Workshop gehen wir wiederum ins Theater, diesmal als Zuseher der »Blue Man Group«. Es Bedarf keiner Erklärung von Hermann Scherer, warum er diese Show ausgesucht hat, denn die Aufführung der Protagonisten zeigt, wie eine Bühnenperformance auszusehen hat. Eine Show, die perfekt einstudiert ist, das Publikum auf witzige Weise involviert und zeigt, was Perfektion auf der Bühne bedeutet.

Die kommenden zwei Tage bringen vier Workshops, jeweils einen halben Tag. Die Teilnehmer werden in Kleingruppen eingeteilt – je nach Englisch-Niveau mit Dolmetscher oder ohne. Einer dieser Workshops wird von Lola Cohen, einer der ganz großen Trainerinnen am Lee Strasberg Institute, geleitet. Sie weiß, die Performance auf der Bühne hängt von der Stimmung des Redners ab, und die ist täglich anders. Um dennoch jeden Tag beste Leistung zu erbringen, lernen wir bei ihr Techniken, die uns sehr rasch entspannen lassen und uns in einen Zustand der High-Performance versetzen. Anschließend halten einige Speaker eine kurze Rede und bekommen sofort Feedback vom Profi. Lola Cohen: »Es müssen bei jeder Rede DREI Punkte hervorgehoben werden, die sowohl stimmlich als auch körpersprachlich eindeutig vom restlichen Text unterschieden werden können.«

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Speaker-Weiterbildung in New York

Im Workshop am Nachmittag mit Tara Marie Linke geht es mit ähnlichen Themen weiter. »Nur wer sich selber kennt, kann eine gute Rolle auf der Bühne spielen und damit ›echt‹ sein«, ist ihr Credo. So lernen wir unter anderem die »psychologische Geste«. Das ist eine Geste, die Redner vor ihrem Auftritt im »stillen Kämmerchen« machen können und die eine bestimmte innere Haltung zum Ausdruck bringt. Zum Beispiel die Geste »ich habe etwas, und das möchte ich euch gerne geben«. Wie dies aussieht, kann jeder für sich selbst entscheiden. Tara Marie Linke hilft jedem Teilnehmer, eine persönliche Geste zu erarbeiten.

Im dritten Workshop lernen wir, wie wir es mithilfe der Feldenkrais-Methode schaffen, einen entspannten Körper zu bekommen. Michael Ryan, der australische Schauspiellehrer, sagt: »Ein angespannter Körper wirkt auf keiner Bühne, die Aufmerksamkeit der Zuseher zieht unbewusst stets zum Punkt der Anspannung.«

Und im vierten und sicherlich lustigsten Workshop wird das Thema Improvisation mit Bill Balzac behandelt. Es geht dem Trainer darum, dass wir Zugang zu unserem Instinkt bekommen. Innerhalb kürzester Zeit verhalten wir uns alle im Workshop wie kleine Kinder. Wir spielen verschiedene Rollen und müssen stets eine sofortige Reaktion auf eine Aktion geben. Und tatsächlich merken alle schnell, dass wir von Stunde zu Stunde besser, spontaner und kreativer werden.

Auch an den beiden Abenden war nach den Workshops jeweils für Programm gesorgt. So waren wir in der Show »Sleep no more«, die einfach völlig unmöglich in Worte zu fassen ist. Am zweiten Tag sahen wir die Show der Trommlergruppe »Stomp«. Unglaublich, welchen Rhythmus die 8 Künstler mit Alltagsgegenständen erzeugen können.

Das Team rund um Hermann Scherer hat organisiert, dass wir nach der Show mit dem Ensemble zusammentreffen und plaudern können. Und einer der Künstler bestätigt das Gelernte der letzten Tage, als er sagt: »There is nothing written down, its all in your body.« Genau das ist wohl die Haupterkenntnis der ganzen Woche. »Kenne dich selbst und beherrsche deinen Körper zu 100 % und du kannst auf der Bühne als Redner viel erreichen.« Das kommt in Österreich und Deutschland bei Speakerausbildungen bisher viel zu kurz.

Am Sonntag folgt noch das große Finale der Woche: ein Speaker-Wettbewerb mit 49 Kandidaten und einer 9-köpfigen Jury im Waldorf Astoria. Wir erleben viele gute Vorträge, einige sehr gute und manch brillante. Als Gesamtsieger kann sich Frederik Malsy durchsetzen, ein äußerst talentierter, junger Schauspieler, der mit klarer Botschaft und einer spontanen Impro-Show überzeugt. Den Agentur-Award gewinnt Max Bormann, der mit einer Kombination aus Seriosität und Leichtigkeit zu punkten versteht. Der Verlags-Award, den das Magazin TRAiNiNG vergibt, geht an Oliver Schuhmacher, der uns vor allem durch sein gutes Storytelling und sein sympathisches Auftreten mit nachvollziehbaren Botschaften überzeugt hat.

Die Preisverleihung sowie die feierliche Überreichung der Zertifikate erfolgt während des festlichen Gala-Abends im Waldorf Astoria.

Fazit

New York hat uns verändert. Sei es durch die Inputs in den Workshops, durch die feinen Shows oder einfach durch die Stadt an sich. Die Organisation durch die Scherer Academy war von Anfang bis Ende perfekt. Jeder Teilnehmer war stets pünktlich am vereinbarten Treffpunkt, alle Showtickets waren gebucht, Restaurants und Nachtprogramm waren sorgfältig ausgewählt und auf jeden Wunsch wurde eingegangen. Hermann Scherer ist bekannt, dass er im großen Stil denkt. Wenn er etwas macht, dann richtig. Das hat er mit dieser Woche wieder einmal bewiesen. Eine Wiederholung bzw. eine Fortführung ist für das nächste Jahr geplant.

www.scherer-academy.com

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