Das Austro-American-Institute feierte kürzlich sein 90-jähriges Jubiläum. Über die Geschichte und über zeitgemäße Formen des Sprachenlernens lesen Sie hier.
Wann und warum wurde das Austro-American Institute gegründet?
Die Gründung des Austro-American Institute of Education (Amerika-Institut) geht bis auf das Ende des Ersten Weltkrieges und dessen Auswirkungen zurück. Nach den verheerenden Zerstörungen des Krieges und den Millionen Toten waren der Wunsch und die Vision nach einer friedvollen Welt (eternal peace) sehr groß. Visionäre wie Edward Carnegie, aber auch der amerikanische Präsident Wilson, diskutierten Wege, wie man den Zusammenhalt und den Frieden zwischen den Völkern festigen könnte. In vielen Ländern der Welt gab es derartige Bestrebungen – so auch in Österreich. Hier war es 1926 Paul Leo Dengler, der eine illustre Gruppe von Österreichern und Amerikanern um sich scharte, um ein bilaterales Institut aufzubauen, das sich vor allem auf die englische Sprache und akademische Programme für Amerikaner spezialisierte.
Was tun Sie zur Förderung der amerikanisch-österreichischen Beziehung?
Sehr viel, denn das ist der eigentliche Gründungszweck und die Gründungsidee: die Festigung der österreichisch-amerikanischen Beziehungen im Bereich der Sprache, der Kultur und auf der akademischen Ebene. Wir leisten diplomatische Arbeit, abseits der großen Diplomatie. Unsere Feierlichkeiten zum 90. Jubiläum finden deshalb auch in Kooperation mit dem Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres und der amerikanischen diplomatischen Vertretung (US Embassy) statt.
Sie standen schon mit einigen bedeutenden Persönlichkeiten in Kontakt. Erzählen Sie bitte mehr darüber!
Schon unter den Gründungsmitgliedern finden sich Persönlichkeiten wie Johann Schober, Richard Strauss, Moritz Schlick, Nikolaus Coudenhove-Kalergi, Julius Wagner-Jauregg oder Clemens von Pirquet. Auf amerikanischer Seite etwa Nicholas Murray Butler, ein Berater von Präsident Wilson. Übrigens waren Butler und Wagner-Jauregg Nobelpreisgewinner. Anna Freud, Ann Tizia Leitich oder Blanche Hardy-Schlick waren unter den Gründerinnen und zählten auch zu den ersten Vortragenden. In den 1930er-Jahren stand das Institut mit Persönlichkeiten wie Albert Einstein in Kontakt, nach dem Krieg etwa mit Marcel Prawy und in den 1980iger Jahren mit Viktor Frankl. Unsere Gästebücher sind eine interessante Quelle. Die illustre und spannende Geschichte des Instituts habe ich übrigens im (englischsprachigen) Buch »You Can’t Copy Tradition«, das soeben erschienen ist, veröffentlicht.
Wie hat sich das Thema »Sprachenlernen« in den letzten 90 Jahren entwickelt?
Natürlich hat sich die Art und Weise des Lernens völlig verändert. Was vor 90 Jahren revolutionär war (hin und wieder Kleingruppen und vielleicht auch einmal ein Native Speaker), ist heute Standard. Ganz besonders hat sich auch die Erwartungshaltung der Kunden verändert, denn wenn 1926 Englisch als Fremdsprache als große Chance und als etwas Besonderes gesehen wurde, so ist Englisch heute keine außergewöhnliche Zusatzqualifikation mehr. In vielen Branchen werden gute bis sehr gute Englischkenntnisse vorausgesetzt. Auch die Technik (audiovisuelle Hilfsmittel, Internet, E-Learning) hat das Sprachenlernen völlig verändert und teilweise revolutioniert, aber am Ende des Tages bleibt es der gute alte Lehrer, der seine Schüler fesselt und fasziniert. Nichts kann einen großartigen Trainer ersetzen.
Was bringen Ihrer Meinung nach die nächsten 10 Jahre in dem Sektor?
Ich sehe einen gleichbleibend hohen Bedarf an firmeninternen Trainings, denn »English as corporate language« setzt sich immer mehr durch. Ich sehe auch einen weiteren Trend zur Individualisierung (Einzeltrainingsbereich), der einerseits auf maßgeschneiderte Inhalte, andererseits aber auch auf zeitliche Gegebenheiten der Kunden zurückzuführen ist. Zertifizierungen als mögliches – aber nicht immer taugliches – Tool zum Messen des ROI sehe ich ebenfalls im Ansteigen begriffen. In unserem zweiten Zweig, akademische Programme für US Unis in Wien, haben wir seit Jahren stetiges Wachstum. Ich hoffe, dass sich auch hier der Markt weiterhin freundlich entwickelt, bin aber sehr zuversichtlich.
Welche Sprachen bieten Sie an?
Wir bieten seit unserer Gründung hauptsächlich Englisch als Fremdsprache an, für unsere großen Kunden auch andere Sprachen auf Anfrage. Wir sehen uns als Spezialisten für Englisch, denn dort liegt unsere Kernkompetenz. Meine eigene als Anglist auch. Ich fasse ungerne Produkte an, die ich selbst nicht verstehe – im wahrsten Sinne des Wortes.
Wer sind Ihre Trainer?
Jede Sprachschule braucht einen hohen Grad an organisatorischen und logistischen Fähigkeiten, aber das Wichtigste sind natürlich kompetente, gut ausgebildete, motivierte und motivierende Trainer. Die stehen an der Front und bringen das Produkt an den Kunden. Die Auswahl der richtigen Trainer ist das Um und Auf und nicht einfach. Wir wählen sehr sorgfältig aus, um unseren Kunden das bieten zu können, was wir vor Trainingsbeginn versprechen. Natürlich sind wir nicht »fehlerfrei«, aber die Zufriedenheitsrate unserer Kunden zeigt uns, dass wir nach 90 Jahren noch immer auf dem richtigen Weg sind.
Was halten Sie davon, Sprachkurse online zu absolvieren? Bieten Sie hier etwas an?
Ich habe vor Jahren selbst ein Online-Tool (mit)entwickelt, meine Anteile an der Firma dann aber abgestoßen. Ich hätte den Online-Markt stärker eingeschätzt, als er sich schließlich entwickelt hat. Als Zusatzangebot zu trainergeführten Kursen ist ein Online-Tool aber allemal eine gute Möglichkeit und besonders, finde ich, als Testvorbereitung (TOEFL, TOEIC etc.). Grammar drills lassen sich ebenfalls digital gut verwirklichen.
Haben Sie Trainer für spezielle Fachsprachen (Englisch für Mediziner, Englisch für HR etc.)?
Viele unserer Schulungen sind »Fachschulungen im Sprachbereich«, aber wir haben auch gelernt, nichts vorzutäuschen. Kein Sprachtrainer und kein Institut kann alle Fachthemen seriös abdecken. Das hängt auch immer von der inhaltlichen Tiefe ab, die unterrichtet werden soll. Wir erhalten doch viele Anfragen, die einfach unrealistisch sind (z. B.: sprachlicher Anfänger in 2 Wochen verhandlungssicher). Aber auch hier sehen wir es als unsere Aufgabe, seriöse Aufklärungsarbeit zu leisten und gegebenenfalls abzulehnen. Ein guter Ruf ist schnell zerstört.
Ist in Europa nicht das britische Englisch relevanter als das amerikanische?
Diese Differenzierung hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten deutlich verkleinert, und das ist gut so. Heute liegt das Augenmerk auf Sprachflüssigkeit unabhängig vom Akzent. Klarerweise gibt es weiterhin Rahmenbedingungen, die den einen oder anderen Akzent bedingen – kein US-Konzern wird aktiv britische Trainer anfordern oder umgekehrt. Sprache soll verbinden nicht trennen, womit wir wieder beim Credo des Amerika-Instituts angelangt wären.