Kompetenzen guter Führungskräfte

Was macht eine gute Führungskraft aus? Und ist Führung lernbar? Was bedeuten diese Fragen für die HR-Abteilung? Antworten darauf lesen Sie in diesem Artikel.

Der Erfolg einer Organisation oder eines Unternehmens hängt maßgeblich von der Qualifikation und den Führungsqualitäten der Vorgesetzten ab. Menschen mit unzureichenden Führungsqualitäten gibt es leider in fast jeder Organisation bzw. in fast jedem Unternehmen. Im schlimmsten Fall ist die Arbeitsweise des Vorgesetzten so ineffektiv, dass Organisationen und Unternehmen dadurch massiv geschädigt werden (z. B. Krankenstände, innere Kündigung, mangelnder gegenseitiger Respekt, mäßige Leistungsbereitschaft, mangelndes Vertrauen der Führungskraft gegenüber, hohe Fluktuation usw.).

Aus diesem Grunde ist das Thema Führungskräftetraining ein Dauerbrenner. Eine Frage stellt sich dabei aber grundsätzlich, nämlich jene, ob Führungskräftetrainings (egal in welcher Form) überhaupt zu Verbesserung im Führungsverhalten führen können. Oder einfacher gefragt, kann man Führen lernen?
Um diese Frage beantworten zu können, braucht es eine klare Definition des Begriffs Führung.

Eine sehr einfache, aber aus meiner Erfahrung als Führungskraft treffsichere Festlegung ist Folgende: »Führen bedeutet festlegen, wo es hingehen soll.« So einfach diese Erklärung sein mag, so viele Hürden sind in ihr enthalten.

Warum ist das so?

  • Es müssen zumindest klare Ziele und Strategien vorgegeben werden.
  • Daraus ergibt sich, dass man sich klar festlegen muss.
  • Damit ist die Führungskraft auch für die Erreichung/Nichterreichung der Ziele verantwortlich.
  • Klare und verständliche Kommunikation der Ziele und Strategien an die Mitarbeiter sind Voraussetzung.
  • Abschließend müssen die Mitarbeiter (im Idealfall) von der Führungskraft davon überzeugt werden, den Weg zum Ziel mitzugehen.

Schlüsselkompetenzen

Um diesen Punkten gerecht werden zu können, braucht es im Wesentlichen folgende Schlüsselkompetenzen (Quelle: »Handbuch Personalentwicklung«, Hagen Rudolph):

Sozialkompetenz
Kommunikationsfähigkeit, Kooperationsfähigkeit, Konfliktlösungsfähigkeit, Konsensfähigkeit, Einfühlungsvermögen, Verständnisbereitschaft, Teamfähigkeit, die Fähigkeit zu vertrauen.

Fachliche Kompetenz
Kenntnis von Abteilungs-, Unternehmens- und Branchenstrukturen und -zusammenhängen,  Kenntnis der Abläufe im eigenen Zuständigkeitsbereich bzw. Fachgebiet.

Persönlichkeitskompetenz
Bereitschaft zur Selbstentwicklung und Selbstreflexion, Lernbereitschaft, Leistungsbereitschaft, Risikobereitschaft, Offenheit, Belastbarkeit, Glaubwürdigkeit, Emotionalität und Flexibilität.

Methodische Kompetenz
Individuelle Arbeitstechniken, Entscheidungs-, Problemlösungs- und Kreativitätstechniken, Gruppenarbeitstechniken, Moderationstechniken, Präsentations- und Visualisierungstechniken, Rhetorik (Vortrag, Verhandlung, Diskussion, Debatte), Mitarbeiterbeurteilung; Fähigkeit, Mitarbeiter zu führen und zu fördern, Aufgaben angemessen zu delegieren, Mitarbeiter zu motivieren.

Strategische Kompetenz
Denken mit Neben- und Spätfolgen, Rückkopplungen sowie anderen, komplexen Zusammenhängen (systemisches Denken). Denken in Problem- und Lösungshierarchien, in Alternativen und deren Konsequenzen, Sensibilität für »weiche« und »harte« Veränderungs-Indikatoren innerhalb und außerhalb des Unternehmens. Umgang mit unsicheren, ungewissen und mehrdeutigen Informationen, Problemen, Situationen, Menschen. Globales, interkulturelles Denken und Handeln. Berufserfahrung in möglichst unterschiedlichen Unternehmen.

Bereits bei der Auswahl von Mitarbeitern, die mit der Perspektive eingestellt werden, in Führungspositionen aufzurücken, sollte auf das Vorhandensein dieser Eigenschaften, Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmale geachtet werden. Zur unterschiedlichen Bedeutung dieser fünf Kompetenzbereiche gibt es zahlreiche Studien. Die Frage zu diesen Studien war: »Über welche Schlüsselkompetenzen sollten/müssten Führungskräfte verfügen, um die neuen wachsenden Herausforderungen in ihrem Tätigkeits- bzw. Aufgabenfeld erfolgreich zu bewältigen?« Zur Beantwortung dieser Frage wurden sieben empirische Untersuchungen und deskriptive Darstellungen zum Themengebiet (zukünftige Anforderungen, Führungskräfte-Qualifikation, zukünftige Anforderungsprofile) systematisch ausgewertet.

Dabei wurden Kommunikationsfähigkeiten und -bereitschaft am häufigsten genannt, gefolgt von Lernfähigkeit und -bereitschaft. Auf Platz drei stehen Teamfähigkeit, Motivationsfähigkeit, Umgang mit Menschen sowie Berufs-/aufgabenspezifische Kenntnisse und Fähigkeiten sowie Kreativität. (Quelle: »Kompetenzen von Führungskräften/Teil 1«: von Johanna Gerlinde Fleps und Tobias Büser.)

In diesen Ergebnissen ist klar ersichtlich, dass die Anforderungen an die Sozialkompetenz und die Persönlichkeitskompetenz den höchsten Stellenwert bei den Befragten hatten, wobei die Sozialkompetenz als am Wichtigsten erachtet wurde. Aus diesem Grunde erscheint die bereits oben gestellte Frage (Kann man Führen lernen?) als sehr gerechtfertigt.

Aus meiner Erfahrung als Führungskraft ist die Antwort darauf relativ klar. Bestimmte Kompetenzbereiche, wie die meisten Teilbereiche zur methodischen Kompetenz oder die Teilbereiche zur fachlichen Kompetenz, sind mit vertretbarem Aufwand zu erlernen.

Bei den Kompetenzbereichen Sozialkompetenz und Persönlichkeitskompetenz ist ein Erlernen der erforderlichen Teilbereiche dieser Kompetenzen nicht oder nur mit einem sehr hohen Aufwand (vor allem Zeitaufwand möglich).

Daraus ergeben sich zwei wichtige Säulen für Personalverantwortliche in Unternehmen und Organisationen.
Führungskräfteauswahl
Bereits bei der Auswahl von Führungskräften müssen die Kompetenzen ausreichend getestet werden. Alle jene Bewerber, die nicht über die ausreichenden Kompetenzen im Bereich Sozialkompetenz und Persönlichkeitskompetenz verfügen, sollten nicht für Führungsfunktionen herangezogen werden. Wenn doch, ist viel Geld und Zeit für die entsprechende Weiterentwicklung dieser Personen zu investieren. Zeit, die man Führungskräften meist nicht geben kann.

Führungskräfteausbildung
Bei jenen Führungskräften, die die erforderlichen Persönlichkeits- und Sozialkompetenzen haben, ist ein entsprechender Ausbildungsplan zur Abdeckung noch fehlender Teilbereiche (z. B. im Bereich methodische Kompetenz) zu erstellen. Dies kann meist mit einem überschaubaren Aufwand an Zeit und Geld erreicht werden.

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Gastautor
Andreas Thaller
ist Leiter der Sektion III – Bildungsentwicklung und Bildungsmonitoring im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung.
Er ist außerdem im Präsidium des Forum Personal des ÖPWZ.
www.bmbwf.gv.at