Das Angebot ist riesig, die Hemmnisse gering. Die Teilnahme an einem MOOC sollte jeder einmal probieren.
Ein MOOC ist ein Onlinekurs, bei dem Videos und Lesematerialien mit Foren, in denen Lehrende und vor allem Lernende miteinander kommunizieren, kombiniert werden.
MOOC ist eine Abkürzung für »Massive Open Online Course«. »Open« steht dabei für offen im Sinne von offen für alle, also frei zugänglich. Und in der ursprünglichen Form waren die Kurse das auch, wenn man »alle« einschränkt auf alle, die einen Internetzugang haben. Das sind aktuell ca. 60 % der Menschheit (Quelle: www.internetworldstats.com), also bei weitem nicht alle.
»Massive« steht für die Anzahl der Teilnehmer an einem Kurs. Wir von der TRAiNiNG-Redaktion haben schon Kurse abgeschlossen, an denen über 50 000 Menschen gleichzeitig teilgenommen haben. Aktuell lernen wir in einem Linux-Kurs, in dem 594 778 Menschen inskribiert sind oder waren.
Der Begriff ist heute allerdings verwässert, nicht alles, was aktuell unter dem Namen MOOC angeboten (oder gar verkauft!) wird, entspricht der ursprünglichen Bedeutung. Das zeigt auch ein Blick auf die »List of MOOCs«-Seite der englischen Wikipedia, die 25 große Anbieter auflistet, die aber nicht alle Gratis-Anbieter sind. Mit dieser Liste kann man sich einen guten ersten Überblick verschaffen.
Es gibt immer noch viele wunderbare MOOCs im ursprünglichen Wortsinn, gratis und für alle offen. Ein Beispiel dafür ist die Khan Academy, eine Non-Profit-Organisation, deren Mission es ist, weltweit jedem den Zugang zu einer kostenlosen, hervorragenden Bildung zu ermöglichen. Khan Academy bietet mittlerweile zwar auch einige Kurse auf Deutsch an, aber selbst diese NPO zeigt, dass es für die Nutzung des Internets einfach wichtig ist, Englisch zu beherrschen. Denn auf Englisch bietet die Khan Academy nicht nur Mathematik-Kurse an, für die sie ursprünglich von Salman Khan gegründet wurde, sondern ein breites Themenspektrum, das auch Geschichte, Physik, Computerwissenschaften, Programmieren, Astronomie und einige weitere Stoffgebiete beinhaltet.
coursera.org und edx.org sind weitere Beispiele für MOOCs-Anbieter, die ihre Kurse kostenlos oder zumindest überwiegend kostenlos anbieten. Die Vielfalt der Themen und die Qualität ihrer Kurse sind beeindruckend.
Es gibt auch eine österreichische MOOCs-Plattform, die Kurse völlig kostenfrei anbietet: imoox.at. Auf der Website steht zu lesen: »Unser Ziel ist, universitäre und allgemeine Inhalte einer breiten Bevölkerungsschicht zugänglich zu machen und möglichst vielen die Möglichkeit zu geben, sich weiterzubilden.« Die Anzahl der Kurse ist noch recht überschaubar, ein Besuch der Website zahlt sich aber auf jeden Fall aus, gerade wenn man an der Didaktik für digitale Lernmedien interessiert ist. Zu diesem Thema gibt es nämlich einige Kurse, die besonders für Wissensvermittler interessant sind, denn: Ursprünglich stand »Open« nicht nur für frei zugänglich, sondern auch für frei verwendbare Inhalte. Das ist bei den meisten Anbietern mittlerweile anders, nicht aber bei imoox.at: Alle dort angebotenen Inhalte können zu eigenen (Lehr-)Zwecken verwendet werden.
Dauer und Lernaufwand
Was die Kursdauer betrifft, gibt es zwei Arten von MOOCs: solche, die man im eigenen Tempo absolvieren kann (»self-paced«) und solche, die einen bestimmten Zeitrahmen vorgeben, der einzuhalten ist. Typischerweise dauern letztere 6 bis 14 Wochen, manchmal auch länger. Der Aufwand variiert, mit 4 bis 6 Stunden pro Woche sollte man auf jeden Fall rechnen. Für Kurse, in denen man die Leistung anderer bewerten muss (siehe weiter unten), etwas mehr.
Leistungsüberprüfung
Manche der Kurse beinhalten keinerlei Leistungsüberprüfungen. Man sieht sich die Lernvideos an, und das ist es auch schon.
In vielen Kursen gibt es aber sehr wohl eine Wissensüberprüfung. In den allermeisten Fällen sind das Multiple-Choice-Tests, die nach einer gewissen Anzahl an Lernvideos z. B. einmal in der Woche, zu absolvieren sind. Das Ergebnis erfährt man unmittelbar im Anschluss. Besteht man einen Test, werden die nächsten Videos freigeschaltet, besteht man ihn nicht, hat man eine zweite Chance, manchmal auch eine dritte. Schafft man auch den »Letztantritt« nicht, fliegt man aus dem Kurs.
Vorgefertigte Multiple-Choice-Tests eignen sich sehr gut für die meisten Fachgebiete, es gibt aber auch Lerninhalte, für die andere Formen der Leistungsüberprüfung notwendig sind, z. B. in Programmierkursen oder Kreativkursen wie Schreiben, Malen usw. In solchen Kursen funktioniert das z. B. so: Als Teilnehmer verpflichtet man sich schon beim Einschreiben, eine bestimmte Anzahl von Stunden pro Woche für die Bewertung der Arbeiten anderer zur Verfügung zu stellen. Dann bekommt man für einen Abgabetermin z. B. drei Arbeiten anderer Teilnehmer zugelost und muss diese innerhalb von 48 Stunden bewerten, ausführlich und mit Begründungen. Aus diesen Bewertungen ergibt sich dann die Note für die eingereichte Arbeit. Selbst erhält man ebenfalls drei Bewertungen. Für diese Art der Leistungsüberprüfung ist ein rigoroses Kurs- und Zeitmanagement notwendig: Gibt man zu spät ab, fliegt man aus dem Kurs. Bewertet man nicht rechtzeitig, fliegt man aus dem Kurs. Sonst kann das nicht funktionieren.
Vielleicht wird es in Zukunft ja auch bei Kreativkursen eine automatische Bewertung geben, und zwar durch Künstliche Intelligenz. Ob und ab wann das möglich sein wird, kann man vielleicht im kostenlosen Kurs »Advanced AI« der Universität Stanford erfahren.
Nur bei kostenpflichtigen Kursen kann es sein, dass Professoren (meistens sind es aber Teaching Assistants) die eingereichten Arbeiten bewerten. Bei Gratis-Angeboten ist uns das noch nicht untergekommen, was aber irgendwie logisch ist.
Bei coursera.org und einigen anderen Anbietern ist es so, dass die meisten Kurse gratis zu absolvieren sind, das inkludiert auch das Abprüfen der Inhalte durch Multiple-Choice-Tests oder die Bewertung durch andere Teilnehmer. Möchte man für den Kurs ein Zeugnis oder Zertifikat ausgestellt bekommen, dann mus man dafür bezahlen, meistens zwischen 30,– und 200,– €. Bis hin zu einem anerkannten Universitätsabschluss (Bachelor) ist auf diese Weise alles möglich.
Forum
Nicht zu unterschätzen ist die Bedeutung der Userforen, die für solche Kurse eingerichtet sind und in denen man als Teilnehmer automatisch Mitglied ist. Wenn man dort eine Frage zum Stoffgebiet hineinstellt, bekommt man meistens innerhalb kürzester Zeit ausführliche Antworten, vor allem, wenn es ein Kurs mit vorgegebenem Zeitrahmen und vielen Teilnehmern ist. Man hilft einander weiter, gibt Tipps und muntert einander auf, wenn es einmal schwierig wird. Zehntausende Teilnehmer aus allen Zeitzonen, die gleichzeitig an einem Thema arbeiten und einander dabei unterstützen – das ist schon sehr beeindruckend. Da macht es Freude, dabei zu sein.
Aufruf
Viele Unternehmen haben die Chancen, die sich durch MOOCs ergeben, noch nicht erkannt. Je nach Fachgebiet kann es sinnvoll sein, MOOCs in die eigenen Weiterbildungsprogramme zu integrieren. Viele Anbieter wenden sich mit ihren Kursen auch an Unternehmen, die an einer Zusammenarbeit interessiert sind.
Wenn Sie als Privatperson noch nie an einem MOOC teilgenommen haben, probieren Sie es doch einfach aus! Suchen Sie sich aus den Hunderten Gratis-Kursen höchster Qualität einen aus, der Sie interessiert. Steigen Sie in ein neues Thema ein! Das Angebot ist wirklich großartig. Wie wäre es z. B. mit dem Kurs »Künstliche Intelligenz« der Stanford University?