Kuschelkurs und Yoga sind out

Warum Führungskräfte zu charismatischen Führungspersönlichkeiten werden müssen, und warum viele Trainings den Unternehmen sogar schaden.

Jeder, der im Bereich Schulung/Fortbildung akquiriert, stößt, neben vielen positiv agierenden Unternehmen und Mitarbeitern, auf einen besonderen Typ Führungskraft: Manager, die ihren Job einfach nicht machen. Es sind, im Fall der Akquise, jene, die nicht zu Gesprächen einladen, obwohl es ihr Job ist, Ressourcen für ihr Unternehmen, für die Entwicklung des Personals zu begutachten und für das Unternehmen zu lukrieren. Genau jene Unternehmen, die in diesem Fall ein Führungskräftetraining dringend bräuchten, sind nicht erreichbar, weil ein Manager seine Arbeit nicht macht. Was macht er stattdessen?

Richtig, er verfolgt die »3 F« eines fehlerhaften Managements: Faulheit, Feigheit, Fixation. »Wir haben schon, und brauchen nichts Zusätzliches« (Faulheit), »Wir haben schon seit Jahren unsere Berater« (Fixation) »Bloß nichts ändern, könnte ja auf mich zurück fallen« (Feigheit) sind die Phrasen dazu. Dieses Phänomen zieht sich in diesen Unternehmen nach meiner langjährigen Erfahrung allerdings dann durchs ganze Unternehmen.

Sind diese Managertypen aber dafür selbst verantwortlich? Bedingt. Zunächst gibt es in keiner Schule das Fach »Persönlichkeitsentwicklung« und auch im Unternehmen gibt es dieses firmeninterne Seminar meist nicht. Das bedeutet, unser aller Persönlichkeit wird in der Regel durch äußere Einflüsse entwickelt und wir lassen das meist unbemerkt und passiv über uns ergehen. Haben wir die richtigen Vorbilder und zufällig irgendwann in unserem Leben jemanden, der uns darauf hinweist, entwickeln wir unsere Persönlichkeit in eine persönlich und individuell erfolgreiche Richtung.
Diese Fehler in der Führung mögen zum Teil kulturell bedingt sein (wir alle kennen den Begriff der »österreichischen Lösung«), manchmal sogar in der Compliance eines Unternehmens verankert sein, aber auch die Branche der Trainer und Coaches fördert diese Fehler seit Jahren. Gewaltfreie Kommunikation, Richtlinien gegen Mobbing und Ähnliches werden dermaßen übertrieben, dass wir das Management darauf drillen, selbst augenscheinlichen Low-Performern Unterschlupf zu gewähren und ihnen auch noch das Kinn zu kraulen.

Die derzeitige Gesetzeslage, der Mainstream und auch der Trend der positiven Psychologie Seligmanns arbeiten jedem Bemühen um Persönlichkeitsentwicklung entgegen. Wir werden dazu erzogen, dass wir für jedes Problem jemanden haben, der es für uns löst und für das Delegieren jeglicher Probleme werden wir dann auch noch gelobt und gefördert. Die Grundanforderungen an das Management: Klarheit, Kompetenz und Konsequenz werden damit quasi wegtrainiert.

Wir sind aber keine Esoteriker, die problematische Züge aus anderen »herauslieben«. Wir sind auch nicht in der Psychotherapie, in der wir das Selbstwertgefühl dieser Menschen zu stärken versuchen. Wir sind in der Wirtschaft, und da haben solche Eigenschaften nichts zu suchen. Es ist Zeit, aus Führungskräften Führungspersönlichkeiten zu machen. Charismatische, ethisch saubere Menschen, die ihre Arbeit mit Liebe und Leidenschaft machen, die Klarheit, Kompetenz und Konsequenz als Führungseigenschaften mitbringen. Die wissen, dass es das Boot (das Unternehmen) ist, für das sie arbeiten und das sie über Wasser halten müssen. Alle in diesem Boot, von der Putzkolonne bis zum Vorstandsvorsitzenden sind austauschbar, nur das Boot nicht. Sollte es sinken, sinken alle darin mit. Die Kündigung eines Low-Performers mag als Einzelaktion als hart empfunden werden, zeugt in Wahrheit aber von Verantwortungsbewusstsein gegenüber allen anderen Mitarbeitern. Bringt ein Mitarbeiter nicht pro Jahr ca. das 50-Fache seines Brutto-Monatsgehaltes dem Unternehmen (kann branchen- und unternehmensbedingt leicht schwanken), ist er unrentabel und muss gegen einen echten Leistungsträger ausgetauscht werden.
Da ist kein Platz für gewaltfreie Kommunikation, denn was als verbale Gewalt empfunden wird, ist regional und unternehmensspezifisch unterschiedlich, ebenso das Thema Mobbing oder sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Verstehen Sie mich jetzt aber bitte richtig. Das ist kein Aufruf, geltende Gesetze zu überschreiten, Mobbing zu fördern oder Übergriffe im sexuellen Bereich zu fördern. Aber zum Beispiel fördert ein gewisser Flirtfaktor im Unternehmen, so er nicht zu weit geht, die Produktivität deutlich. Dafür, dass sich das alles in verträglichen Grenzen hält, sorgt eine Führungspersönlichkeit allein durch ihre Präsenz, dazu braucht es kein Training.
Eine Persönlichkeit braucht auch kein Resilienztraining, kein Stressmanagement, kein Konfliktmanagement und schon gar kein Motivationstraining (jemanden zu motivieren ist ohnehin nicht möglich), denn Persönlichkeiten haben das alles als Bestandteil ihrer Persönlichkeit. Die sind bereits hochgradig resilient, die haben keinen Stress, die regeln Konflikte anhand ihres Charismas und ihrer Wertschätzung anderen gegenüber. Sie stellen mit ihrem ethisch korrekten Verhalten das richtige Vorbild für ihre Mitarbeiter und somit pflanzen sich destruktive Verhaltensweisen auch nicht fort.
Wir brauchen Führungspersönlichkeiten, die allein schon Kraft ihrer Präsenz Leistungsträger an sich binden, sie dazu bringen, ihre Arbeit mit Leidenschaft und Liebe zu erledigen, die damit die Psyche des Unternehmens, auch Betriebsklima genannt, belastungsfrei halten, gleichzeitig aber auch Trittbrettfahrer, Blender, Betrüger, Psychopathen (und das ist nicht übertrieben, immerhin kumuliert die durchschnittliche Quote klinisch harter Psychopathen in Führungskräfteebenen auf rd. 13 % im Gegensatz zur sonstigen Bevölkerung, wo sie mit rd. 1 % vertreten sind) und sonstige psychische Belastungen oder die Muster, die sie hinterlassen, zu erkennen und entsprechend zu reagieren.
Wir sind im Training dazu aufgerufen, von der »wir haben uns alle lieb«-Linie schnellstens abzugehen, denn das ist unethisch im Hinblick auf unseren Beruf. Wir ruinieren damit Unternehmen.
Wir sind aufgerufen, jene Manager und Führungskräfte, die uns zuhören, zu Führungspersönlichkeiten zu machen, sie auf Krawall zu bürsten. Auf Krawall gegen eingefahrene Muster, die das Unternehmen gefährden. Sie zu Performern zu machen. Zu Menschen, die nicht nur wissen, sondern auch umsetzen. Das ist Game Changing, das wir brauchen.

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pfefferer

Gastautor
Gerhard Pfefferer
ist Startup Investor, ehemaliges Vorstandsmitglied ­verschiedener ­Unternehmen und ­Inhaber von
G.P. Trainings.
www.gp-trainings.at