Ob Motivationsseminare und Vorträge langfristig Sinn machen und wann und wie man dauerhaft Motivation bewirken kann, hinterfragt dieser Artikel.
Es Gibt unzählige Trainer und Speaker, die sich gerne um Ihre Motivation kümmern (möchten). Die einen tanzen mit Ihnen auf den Tischen, die anderen erklären sehr theoretisch die inneren und äußeren Motivationsfaktoren. Je nach Temperament und innerer Einstellung tendieren die einen mehr zum Event, die anderen zum Vortrag. Wie alles im Leben ist auch dies eine Geschmacksfrage. Jedoch drängt sich die Frage bei allen Arten von Seminaren und Vorträgen auf: Kann uns so etwas überhaupt motivieren? Oder sollte der Firmenchef sich dieses Geld lieber sparen und dafür die Mitarbeiter besser bezahlen?
Geld alleine scheint jedoch keine Motivation zu bringen. »Man kann Mitarbeiter mit Geld zwar locken, dauerhaft zufrieden machen oder motivieren kann man sie mit Gehaltssteigerungen und Boni nicht«, sagt der Vergütungsspezialist der Hay Group, Thomas Haussmann. Na also – Geld ist es nicht. Was dann?
Barbara Haslinger (Leitung Unternehmensentwicklung des WIFI Wien) ist gegenüber klassischen Motivationsseminaren skeptisch: »Motivation kann kein anderer geben, das muss immer aus einem selbst herauskommen. Jeder setzt hier andere Maßstäbe und hat andere Trigger, die ihn antreiben. So ist das im privaten aber auch im beruflichen Kontext. Daher ist es schwer, klassische Motivationsseminare pauschal zu beurteilen. Die uns bekannten ›Tschakka-Seminare‹ können Impulse setzen sowie Faszination und Begeisterung gegenüber den Leistungen und Erlebnissen des Vortragenden auslösen. Eine nachhaltige Motivationswirkung auf die tägliche Arbeit haben sie jedoch nur im eingeschränkten Maße. Es gibt zwar Tools und Verfahren, um Motivation zu messen, richtig stichhaltig sind diese jedoch ebenfalls nicht. Nach meiner Meinung sind die großen Zeiten der Massen-Motivationsveranstaltungen – auch in den Firmen – vorbei.«
So ganz vorbei sind sie allerdings nicht, die »Wir-erreichen-alles-Seminare« gehen doch (noch) recht gut, allerdings vor allem offen, und nicht firmenintern. Auch wenn die Inhalte dieser Seminare für manche schwer nachvollziehbar sind, begeistern diese Trainer ihr Publikum tatsächlich. Versprechungen, dass die Teilnehmer alles schaffen können, wenn sie nur wollen, scheinen bei einer bestimmten Bevölkerungsgruppe immer noch Gehör zu finden.
Wie weit dieser kurze Adrenalin-Höhenflug tatsächlich anhält, liegt in der Verantwortung des Einzelnen. Der eine krempelt erfolgreich sein Leben um, der andere kehrt abends heim zur Tagesordnung.
»Um Mitarbeiter zu motivieren, braucht es einen Nährboden«, sagt Barbara Haslinger. »Der Hauptfaktor ist Wertschätzung. Wenn Personalentwicklung und firmeninterne Weiterbildung so gestaltet sind, dass sie nicht als notwendiges Übel angesehen werden, sondern die Mitarbeiter bei ihren individuellen Wünschen und Bedürfnissen abholt, werden sie als Bereicherung angesehen.«
Also doch Seminare, aber keine eigenen Motivationsseminare, sondern Weiterbildung generell als Motivation. Macht Sinn!
Stefan Frädrich, Arzt, Speaker und Experte für Motivation über die eigene Motivation: »Letztlich ist Motivation das, was uns durchs Leben bewegt: aufstehen am Morgen, Aufgaben erledigen oder zugunsten anderer bleiben lassen. Dieser Antrieb ist höchst individuell und dabei hilfreich oder weniger hilfreich – je nachdem, was wir erreichen wollen. Er ist abhängig von variablen Faktoren wie psychologischer oder körperlicher Tagesform, anstehenden Aufgaben und deren gefühlter Sinnhaftigkeit. Und von relativ festen wie Persönlichkeit, Alter, Fitnesszustand, Lebens- und Arbeitsstrukturen oder vom sozialen Umfeld. All das spielt zusammen. Unterm Strich bleibt Motivation (oder Demotivation) übrig.«
Sollte man nun doch ein Seminar besuchen oder sich einen Vortrag anhören, und sei es nur, um Demotivation der Mitarbeiter und auch bei sich selber zu vermeiden?
Stefan Frädrich über den Erfolg von motivierenden Vorträgen: »Gute Motivationsvorträge geben Energie, Impulse, Ideen. Natürlich können sie bei dem einen oder anderen nachhaltige Prozesse anstoßen. Damit Motivation aber dauerhaft anhält, sollte es nicht beim einmaligen Impuls bleiben: Wir müssen uns immer wieder mit motivierenden Gedanken und Erfolgswissen beschäftigen, damit wir unsere Art zu denken und handeln beeinflussen. Es ist wie bei anderen Kompetenzen auch: Niemand wird zum Koch, weil er ab und zu mal Rezepte nachkocht. Wer es aber mehrmals täglich macht und vor allem über einen längeren Zeitraum, kann irgendwann sehr gut kochen – sogar ohne Rezeptbuch. Hört man öfter Motivationsvorträge, und vor allem unterschiedliche, denkt man immer mehr motivierende Gedanken. Dann haben die Vorträge Eindruck hinterlassen und Erfolg gebracht.«
Häufig sind es Extremsportler, Weltmeister oder ähnliche Persönlichkeiten, die bei Ihren Vorträgen die gleiche Botschaft haben. »So und so habe ich es zum Weltmeister geschafft, und du kannst es auch ganz nach oben schaffen, wenn du … und dann folgen immer wieder die bekannten Sätze wie »Ziele setzen« und »aufstehen, wenn man am Boden liegt«. Wenn man diese Phrasen im rechten Moment wiederholt einsetzt, dann können sie auch etwas bewirken, davon sind alle Motivationsexperten überzeugt.
»Meist helfen Motivationsseminare und Vorträge dabei, sich zu reflektieren, im Leben auszurichten, um sich in eine gewünschte Richtung zu bewegen«, erklärt Stefan Frädrich.
Und weiter: »Weil wir im Alltag oft widersprüchlichen und kritischen Gedanken ausgesetzt sind: Was, wenn es nicht klappt? Die Folge sind häufig Hemmungen und die Unterdrückung von Wünschen. Eine Art autosuggestive Sabotage ist z. B.: Geht sowieso nicht!
Im Motivationsseminar geht es meist um die Perspektive: Was willst du? Und wie schaffst du, was du willst? Der Fokus verändert sich dabei und das motiviert auch – und führt bei entsprechenden Handlungen zu Ergebnissen.«
Fazit:
Achten Sie bei der Auswahl eines »Motivational Speakers« auf seine Ausbildung und seinen Bezug zur (wirtschaftlichen) Praxis. Nur weil jemand durch die 7 Weltmeere geschwommen ist, muss es ihm nicht gelingen, Ihre Mitarbeiter oder Sie selbst zu motivieren. Ein Seminar oder Vortrag können gute Impulse geben, um die Art des Denkens zu reflektieren.