Leader müssen nachhaltiger denken

86 % der Unternehmen haben laut Deloitte University Press die Entwicklung neuer Führungskräfte als »dringenden« Bedarf bezeichnet.

Inkompetente Manager sind sehr viel weiter verbreitet, als häufig angenommen. Eine aktuelle Studie von Gallup zeigt, dass Unternehmen in 82 % der Fälle nicht in der Lage sind, die passenden Kandidaten für Führungspositionen zu finden. Ein weiterer Bericht von Gallup offenbart, dass lediglich einer von zehn Menschen über die erforderlichen Managementfähigkeiten verfügt. Career Builders fand in einer Untersuchung heraus, dass erstaunliche 58 % der Führungskräfte wenig oder gar keine Schulung für richtiges Führen erhalten. Leider sind viele Vorgesetzte nicht immer in der Lage, ihre Mitarbeiter zu fördern und zu unterstützen. Die Auswirkungen dieser Situation auf Arbeitsplätze weltweit sind sehr erschütternd.

Es gibt in der modernen Arbeitswelt also viele Vorgesetzte, die nicht über die notwendigen Qualifikationen verfügen, um effektiv zu führen.

Nachhaltiges Führen

Einige Unternehmen folgen dem aktuellen Trend, indem sie nachhaltiger agieren und bei ihren unternehmerischen Entscheidungen Umweltaspekte, Mitarbeiterinteressen und gesellschaftliche Belange berücksichtigen.

Ein Jahr nach Beginn der COVID-19-Pandemie richtete Marc Benioff (CEO von Salesforce) beim Business Roundtable Forum 2019 einen dringenden Appell an die Öffentlichkeit:
»Der Zweck der Wirtschaft erstreckt sich nun über die Interessen der Aktionäre hinaus. Wir benötigen ein neues System, das den Fokus auf Mitarbeiter, Kunden, Gemeinschaften und den Planeten legt.«

Benioff vertritt also die Ansicht, dass Unternehmen ihre Macht nutzen sollten, um bedeutungsvolle Anliegen voranzubringen, insbesondere den Kampf gegen den Klimawandel. Damit gesellt er sich zu einer kleinen, aber wachsenden Liste von Führungspersönlichkeiten in der Wirtschaft, die sich für die strukturellen Veränderungen aussprechen, die notwendig sind, um gegen das dringende Problem der Klimaveränderung vorzugehen. Dazu gehört auch Yves Chouinard, der Gründer von Patagonia, der Schlagzeilen machte, indem er sämtliche Anteile an seinem Unternehmen abgab, um den Kampf gegen den Klimawandel zu unterstützen.

Organisationen haben heutzutage eine immer kürzere Lebensdauer. Im Jahr 1958 betrug die durchschnittliche Lebensdauer eines Unternehmens im S&P 500 stolze 61 Jahre, während diese Zahl im Jahr 2023 auf lediglich 18 Jahre gesunken ist. Tatsächlich schätzt McKinsey, dass die meisten S&P 500 Unternehmen bis 2027 verschwunden sein werden. Ich vermute, dass diese Zerfallsrate viel mit dem zuvor erwähnten Problem schlechter Führungskräfte zu tun hat. In meinem, von der Pandemie inspirierten Buch, »Leadership, Reinvented« habe ich ausführlich darüber geschrieben, dass Menschen in Zeiten des Wandels und der Krisen nicht »aufrücken«, sondern tatsächlich »zurückfallen« und »absinken« auf das Niveau ihrer Werte, Ausbildung und Vorbereitung.

Überforderte und inkompetente Chefs greifen dann auf unproduktive Führungsstile zurück – ein Überbleibsel der frühen industriellen Revolutionen, das in der Führungsliteratur als »Dominanz« bekannt ist.

Dominanzorientiertes Führen

Das dominanzorientierte Führungsverhalten ist ein einheitlicher Managementstil, der auf Zwang und Einschüchterung setzt, um Angst hervorzurufen. Nachfolgend sind die allgemeinen Merkmale dieses Führungsstils aufgeführt.

  • durchsetzungsstark
  • zukunftsweisend
  • von oben nach unten
  • traditionell
  • Befehl und Kontrolle
  • hierarchisch
  • zwanghaft
  • einschüchternd
  • bestrafend
  • autoritär

Dominanzorientierte Führungskräfte neigen dazu, Befehle zu erteilen, Mitarbeiter einzuschüchtern, sich zu sehr auf Belohnung und Bestrafung zu verlassen und es vorzuziehen, die Bedürfnisse der Organisation über die der Mitarbeiter zu stellen.

Viele Unternehmen haben sich noch nicht zu umfassenden Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels verpflichtet. Die Führungskräfte dieser Unternehmen machen den schweren Fehler, höheren Gewinnen den Vorrang zu geben. Eine kurzfristige Denkweise.

Beziehungen, die auf Dominanz basieren, sind weniger stabil. Um aus dem instabilen Überlebensmodus herauszukommen, muss man den entgegengesetzten Ansatz zur Dominanz wählen, nämlich den Ansatz der »Prestige-orientierten Führung«.

Prestige-orientierte Führung

Bei diesem Führungsstil verschafft sich die Führungskraft Respekt, indem sie Fachwissen und Know-how teilt. An Prestige oder Ruhm orientierte Führungskräfte sind dienende Führungskräfte, die Beziehungen zu ihren Teams schätzen, Einschüchterung und Zwang vermeiden und danach streben, wahre Vorbilder für ihre Mitarbeiter zu sein. Nachfolgend sind die allgemeinen Merkmale dieses Führungsstils aufgeführt.

  • transformativ
  • bescheiden
  • nicht-direktiv
  • ermächtigend
  • gleichberechtigt
  • inspirierend
  • großzügig
  • bewundernswert
  • unterstützend
  • kooperativ

Im Vergleich zum Führen mit Dominanz ist Führung durch Prestige mühsamer zu manifestieren, da es eine erhebliche Anpassung an die Bedürfnisse der einzelnen Personen erfordert.

Aber abgesehen von der Frage der Bequemlichkeit ist dieser Stil tatsächlich besser für die Unternehmen und die Wirtschaft im Ganzen.
Nach Angaben des American College of Occupational and Environmental Medicine haben Unternehmen, die eine Kultur der Gesundheit, der Sicherheit und des Wohlbefindens fördern, den Markt um 2 % pro Jahr übertroffen und eine gewichtete Eigenkapitalrendite von 264 % erzielt. Es zeigt sich, dass außergewöhnliche Arbeitsplätze hervorragende Renditen für ihre Aktionäre erwirtschaften. Prestige-orientierte Unternehmensführung mag zwar ein schwierigerer Weg sein, aber er lohnt sich auf jeden Fall.

Eine dominante Führungskraft kann dazu beitragen, dass jeder Teil eines Unternehmens sich klar definierten Maßnahmen unterordnet und Zeit durch schnelle und konsequente Entscheidungsfindung einspart. All dies setzt jedoch voraus, dass es eine gesunde Beziehung zwischen Managern und Mitarbeitern gibt und dass eine gute Kommunikation stattgefunden hat. Wie wir jedoch wissen, ist dies in der modernen Arbeitswelt einfach nur sehr, sehr selten der Fall.

Nachhaltiges Führen

Für Fachleute aus den Bereichen HR-Management und Personalentwicklung ist der Business Case daher klar, und er muss den Führungskräften im gesamten Unternehmen vermittelt werden – potenziellen und neuen Führungskräften und dem Vorstand gleichermaßen: Führe mit Prestige!

Zu Beginn meiner Karriere gab mir ein Mentor den Rat, dass die wahre Aufgabe einer Führungskraft darin besteht, »neue Führungskräfte zu entwickeln«. Ein koordiniertes Kontingent an Prestige-orientierten Führungspersönlichkeiten ist von entscheidender Bedeutung, um unsere Welt von der drohenden Umwelt­katastrophe weg und hin zu einer nachhaltigen, positiven Zukunft zu navigieren. Und diese globale Anstrengung hängt von der Fähigkeit jeder Organisation ab, neue Führungskräfte zu entwickeln.

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Gastautor
Hamza Khan
ist Bestsellerautor, preisgekrönter Unternehmer und weltweit anerkannter Keynote-Speaker, dessen TEDx-Vortrag »Stop Managing, Start Leading« über zwei Millionen Mal angesehen wurde.
www.hamzakhan.ca

Event:

Leadership Horizon
Wann:     Icebreaker Evening:    22. Mai 2023
Ganztages Event:  23. Mai 2023
Wo: SO/Vienna, 1020 Wien

Hamza Khan hält den vertiefenden Vortrag
»Leadership, Reinvented«
www.leadership-horizon.com