Leere Worte – keine Bindung

Wie Führungskommunikation wieder Vertrauen schaffen kann, beschreibt Jürgen Eisserer.

 

Stellen Sie sich bitte folgende Geschichte vor: Nach einem anstrengenden aber erfolgreichen Tag kommt überraschend ein alter Freund auf Sie zu und lädt Sie auf einen Drink ein. Sie haben sich lange nicht gesehen, mögen ihn von Herzen gern. Im Normalfall kommen Sie zwar pünktlich nach Hause, aber Sie haben an diesem Abend sonst keine Verabredungen getroffen, also warum nicht – und sagen deshalb ohne groß nachzudenken zu. Soweit, so unspektakulär.

Gleichzeitig ist Ihr Partner zuhause und dachte sich, als Freude auf eine gemeinsame Zeit ein Abendessen anzurichten. Es war spontan und von Herzen lieb gemeint. Die Unterhaltung mit Ihrem alten Freund ist aber auch lustig, der Abend verfliegt, sie vergessen nicht nur Ihr Handy im Büro, sondern auch die Zeit in der Bar. Die Anrufe Ihres Partners gehen ins Leere und er sitzt bei angerichtetem Essen schmollend allein zuhause.

Widersprüche im Alltag

Der Psychologe John Gottman (»Die 7 Geheimnisse einer guten Ehe«) sagt uns, basierend auf der Forschung der positiven Psychologie, dass nur eine einzige widersprüchliche, destruktive Aussage oder Handlung gegenüber Ihrem Partner im Lauf der Beziehung fünf positive Aussagen braucht, um den emotionalen Schaden wiedergutzumachen.

Was nun anhand dieses, zugegeben etwas fiktiv hergeholten, Beispiels nahezu banal klingt, hat in der internen Unternehmens-Kommunikation oft fatale Auswirkungen auf das Vertrauen und Miteinander.

Machen wir es einfach: Wenn Sie als Führungskraft höchste Kundenorientierung predigen, aber bei einem vollen Lager die Verkäufer rausjagen, um Umsätze zu machen, sind meist Sie selbst die Ursache von fehlender emotionaler Bindung der Mitarbeiter. Die Fähigkeit, verlässlich zu dem zu stehen, was wir gesagt haben oder vorgeben, wird essenziell. Denn das Bedürfnis nach Zuwendung und Vertrauen in die Gruppe ist im digitalen Zeitalter so groß geworden wie nie. Menschen verlassen sich auf Gesagtes und deren Botschafter. Erzeugen aber Führungskräfte Widersprüche zwischen dem, was sie tun, und dem, was sie sagen, und sei es noch so marginal, entfernen sich Mitarbeiter emotional. Und dieses emotionale Konto ist heutzutage rasch aufgebraucht. Hält man sich nicht an die oben erwähnte Regel von Gottman, braucht man sich dann auch über die hohen Zahlen an innerlicher Kündigung nicht mehr wundern.

Falscher Aktionismus

Keine Frage: Gut gemeintes Engagement mit Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung dürfen wir nicht pauschal verurteilen. Doch viele Maßnahmen, die Vertrauen schaffen sollen, gehen an der eigentlichen Ursache vorbei. Gelungene Kommunikation braucht Haltung, um dadurch Mitarbeitern, wie es die Sprache hier schon deutlich macht, Halt zu geben. Das bedeutet, die Einstellung der Führungskraft zu bestimmten Themen des Unternehmens oder der Führung prinzipiell in Worte fassen zu können und danach zu handeln. Das sind die unbewussten Orientierungspfeiler für Ihre Mitarbeiter. Haltung ist die Quelle, die emotionale Bindung und Vertrauen erzeugt. Wir lieben Menschen, bei denen klar ist, wofür sie einstehen.

Wenn Führungskräfte ihren Worten Taten folgen lassen, gegen jeden Widerstand, sind Mitarbeiter bereit, ihnen zu folgen. Aus eigener Erfahrung stellen sie sich sogar schützend vor diesen Menschen. Dafür müssen Führungskräfte aber auch wissen, wofür sie eigentlich stehen und was Führungskommunikation für sie bedeutet.

Wissen Sie es bei Ihren Führungskräften?

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Gastautor
Jürgen Eisserer
ist Keynote Speaker, Autor und Kommunikationstrainer.
www.eisserer.com