Mit Emotionen kann man die Lerninhalte besser verankern, denn: Was man dargeboten bekommt, während man eine Emotion durchlebt, bleibt besser im Gedächtnis. Der Einsatz kabarettistischer Elemente in Seminaren kann also den Lerntransfer verbessern.
Zahlreiche Studien belegen, dass Lerninhalte besser gemerkt werden, wenn sie mit Emotionen verknüpft sind. Die Gedächtnisleistung hängt dabei mehr vom Ausmaß der emotionalen Aktivierung als von der Bedeutung der Information ab. Es genügt bereits, dem Lerninhalt ausgesetzt zu sein, während man eine Emotion durchlebt. Die Anzahl der Basisgefühle, für die das gilt, ist beschränkt. Die Wissenschaft kennt unterschiedliche Listen, auf der von Paul Ekman stehen folgende Emotionen: Freude, Wut, Ekel, Angst, Verachtung, Trauer und Überraschung. Diesen sind noch Liebe (verliebt sein) und Hass hinzuzufügen.
Will man das jetzt für den Lerntransfer z. B. im Rahmen eines Seminars nutzen, kommen dafür nur die positiven Emotionen in Frage. Erstens sollte ein Trainer nicht mit Angst, Ekel und Verachtung arbeiten. Und einen Teilnehmer bewusst zu reizen, bis er so wütend ist, dass er sich noch lange an das Seminar und dessen Inhalte erinnert, wäre wohl ein radikaler Ansatz. Zweitens werden die positiven Gefühle auch besser erinnert als die negativen. Es bleiben also nur wenige Emotionen über: Freude, Überraschung und Liebe. Letztere ist zwar mitunter dafür verantwortlich, dass sich so manche Teilnehmer an ganz bestimmte (vor allem mehrtägige) Seminare besonders gut erinnern, als Trainer sollte man damit aber eher nicht arbeiten. Es sind also Freude und Überraschung, die man einsetzen kann und soll.
Und genau dafür eignen sich kabarettistische Elemente hervorragend. Bernhard Widhalm (Partner bei wirrsinn, einem Anbieter von Businesskabarett, www.wirrsinn.biz) erklärt deren Einsatz so: »Kabarettistische Elemente bringen Farbe, schaffen Perspektivenwechsel, setzen einen Spiegel vor und fassen trainierte Inhalte anders als üblich zusammen. Sie ergänzen somit die Möglichkeiten, Wissen der Teilnehmer durch das Seminar besser abrufen zu können. Die Bilder, Storys und der dramaturgische Aufbau werden damit leichter gespeichert.«
Uwe Sachs (Geschäftsführer next level emotion, www.nextlevelconsulting.eu) erklärt die Hintergründe: »Ganz grundsätzlich ist festzuhalten, dass Geschichten erzählen ein evolutionärer Erfolgsfaktor zur Weiterentwicklung des Menschen ist. Wissen wurde schon vor 37 000 Jahren über Bilder an den Höhlenwänden weitergegeben – es gibt zudem Belege für gemeinsame Tänze und theatrale Darstellungsformen. Wir oder besser unser Gehirn verarbeitet eine solche Wissensvermittlung oder auch Kommunikation viel schneller, besser und nachhaltiger als trockene Botschaften. Heute kennen wir diese Methode unter dem Begriff Storytelling. Seminarkabarett – oder wie wir von der next level emotion sagen – emotionale Interventionen unterstützen das Lernen von Neuem, das Um-Denken bei Veränderungen. Seminarkabarett ist eine sehr geeignete Methode, die Humor einsetzt, um Denkblockaden aufzubrechen oder Inhalte positiv zu verankern. Von der modernen Hirnforschung wissen wir, dass Lernen ein emotionaler Vorgang ist. Nur wenn wir uns für etwas begeistern können, integrieren wir neue Inhalte, Denkstrukturen und Verhaltensweisen in unser existierendes Portfolio.«
Bernhard Baumgartner (Businesskabarettist und Moderator, www.bernhardbaumgartner.com) nennt eine konkrete Einsatzmöglichkeit: »Mit Kabarett kann den Teilnehmern beispielsweise aus dem so gefährlichen ›Suppenkoma‹ über den Tellerrand geholfen werden. Ich bringe Perspektivenwechsel und zeige, wie man dem Ernst des Lebens die Luft heraus lassen kann. Humor hilft lernen. Die Annäherung über den Humor führt zur positiven Verstärkung der Inhalte.«
Wer als Veranstalter (z. B. ein Unternehmen für seine Mitarbeiter) für Humor sorgt, zeigt damit außerdem, dass die Teilnehmer und ihre Bedürfnisse wertgeschätzt werden. Das kommt sehr gut an.
Bernhard Baumgartner: »Konkrete Anliegen, Motto bzw. Inhalte können ins Programm eingearbeitet werden. Das Unternehmen zeigt: Wir können über uns lachen – die Menschen sind uns wichtig. Das gemeinsame Erleben stärkt das Team.«
Uwe Sachs schildert, wie die Umsetzung aussehen kann: »Wir setzten auf eine prozessorientierte Methodik, in der Seminarkabarett – so zum Beispiel die humorvolle Aufarbeitung der aktuellen Situation als Reflexionsforum – ein Element sein kann. Jedes Unternehmen hat seine ganz eigene Story, die wir aufgreifen und mit den Teilnehmern neu schreiben, dabei werden Emotionen bearbeitet wie Misstrauen, Sorge, Angst, Ablehnung, Wut oder auch Trauer. Denn das ist oftmals die Situation der Mitarbeiter von Unternehmen im Wandel. Die damit verbundene Haltung kann nur geändert werden, wenn der Mitarbeiter sich wertgeschätzt fühlt und ernst genommen wird. Konkret setzen wir dafür Vorträge, Szenen, Musik, Videosequenzen, Work Factories, Interaktionen und Großgruppenmethoden ein, um die Teilnehmer Stück für Stück aus ihrer Komfortzone zu holen und über Inspiration in den Prozess zu integrieren. Aus unserem Modulset setzen wir so die passende Intervention zusammen, hier reicht das Spektrum von halbtägigen Impulsvorträgen über Kreativitätsworkshops bis hin zu mehrtägigen Großgruppenveranstaltungen und Teamentwicklungen.«
Das alles bedarf ganz offensichtlich einer gründlichen Vorbereitung. Der Aufwand, den der Einsatz solcher Elemente mit sich bringt, ist zwar groß, macht sich aber bezahlt. Es können Ergebnisse erzielt werden, die sonst kaum möglich wären.
Bernhard Widhalm erzählt von der Vorbereitung und einem Erfolgserlebnis: »Bei uns ist die Vorbereitungszeit die wichtigste Phase: dem Kunden zuhören, Unterlagen studieren, Text schreiben, abstimmen und lernen. Hier entscheidet sich die Qualität der Umsetzung. Wirr konnten z. B. bei der AUVA mit dem Einsatz von Herrn S.Icher & G.Sund das Seminar punktuell durch Sketch, Sprachwitz und mit Songs perfekt ergänzen. Die Aufmerksamkeit, das Interesse der Teilnehmer und auch die Behaltekurve des Wissens konnten deutlich gesteigert werden.«
Wobei der Einsatz der beiden Kunstfiguren »S.Icher & G.Sund« eine viel bewährte Methode ist, wie Bernhard Widhalm erklärt: »Wir treten zu 90 % zu zweit auf und können so die beiden Extreme sehr gut verpacken: motiviert/demotiviert, laut/leise, bunt/grau, schlau/dumm. Dadurch decken wir in der analogen Übersetzung der Inhalte ein sehr breites Spektrum ab. Wir haben viel Erfahrung mit Musik und Gesang und können damit viele Emotionen wecken.« Und genau darum geht es schließlich. Die Möglichkeiten für die konkrete Umsetzung sind nahezu unbegrenzt, Bernhard Widhalm: »Ein Vortrag der anderen Art eines ›Wissenschaftlers‹; die musikalische Zusammenfassung der Lerninhalte – mit der Möglichkeit, gleich mit zu musizieren; ein Dialog mit dem Trainer; kurze Sketche während des Seminars. Eine Sequenz oder mehrere Sequenzen über den Tag verteilt; frontal oder interaktiv.«
Auch Bernhard Baumgartner arbeitet mit musikalischen Elementen, tritt aber meistens alleine auf: »Mein Businesskabarett ist eine Mischung aus Vortrag und Kabarett mit Managementthemen. Es geht um Veränderungen, Kreativität und letztlich um die Frage, wie wir es schaffen, künftig ernsthaft Spaß an der Arbeit zu haben. Meist finde ich mich am Anfang des Tages, nach der Mittagspause oder am Ende des Tages im Programm. Damit bringe ich oft den andersartigen Einstieg, Umstieg oder Ausstieg im Seminar. Miteinander zu lachen bringt oft mehr Gewinn, als nur über ein Thema nachzudenken.«
Was wird von Kundenseite konkret nachgefragt, wofür eignen sich kabarettistische Elemente besonders?
Uwe Sachs: »Unsere Kunden fragen uns meist kurzfristig an, entweder um die akute Situation wie z. B. eine Projektkrise zu bearbeiten oder bei der Umsetzung von neuen Werten und Leitbildern und in Veränderungsprozessen zu unterstützen. Mehr und mehr wird unser Zugang auch als ›Kreativitätsinjektion‹ von Unternehmen genutzt, um die eigenen Potenziale besser nutzen zu können.«
Bernhard Widhalm: »Unsere Hauptthemengebiete sind: Vertrieb, Marketing, Kommunikation, Projektmanagement, Teamentwicklung, Krisen, Mobbing. Der Vorteil für unsere Kunden ist klar: Wir kommen aus der Wirrtschaft und können so um ein Vielfaches schneller Themen begreifbar machen.«
Bernhard Baumgartner: »Seminarkabarett eignet sich besonders für Management und Kommunikation, würde ich spontan sagen. Auch Resilienz, Innovation oder Controlling passen wunderbar. Schwieriger wäre für mich zu beantworten, auf welchem Seminar man Kabarett unbedingt vermeiden sollte.«
Richtig, denn kabarettistische Elemente eignen sich auf jeden Fall dazu, ein Seminar erfolgreicher zu machen, vor allem was die Erinnerungsleistung und somit auch den Lerntransfer betrifft. Erfolgsentscheidend sind eine gute Vorbereitung und eine exakte Abstimmung auf die Bedürfnisse des Anbieters und der Teilnehmer.