Einmal im Jahr findet vom Forum Personal des ÖPWZ der HR-Kongress in Salzburg statt. Rund 100 Personalverantwortliche waren diesmal dabei, um über aktuelle Entwicklungen und Trends im Personalbereich zu diskutieren. Das diesjährige Motto lautete »Flexibilität – Fluch oder Segen?«
Bereits am Vorabend des Kongresses treffen die ersten Teilnehmer ein, um sich in zwangloser und informeller Atmosphäre kennenzulernen.
Am ersten Tag geht es erst um 10.00 Uhr los, sodass diese Planung auch Wienern die Gelegenheit gibt, stressfrei anzureisen. Nach den Eröffnungsworten von Martina Schmid (Personaldirektorin der Stadt Wien) und Johanna Hummelbrunner (Personalleiterin Robert Bosch AG) hält der Zukunftsforscher Andrej Heinke die Eröffnungs-Keynote. Er spricht über die Megatrends der Zukunft und über den Wandel der Arbeitswelt. Weiters führt er aus, wie sich die Rolle der HR-Verantwortlichen in den letzten 50 Jahren gewandelt hat. Nämlich von reinen administrativen Tätigkeiten, die früher häufig von den Ehefrauen der Firmeneigentümer durchgeführt wurden, hin zu einem vollen HR-Management, das nun an der Unternehmensspitze angekommen ist. Durch die Digitalisierung sieht er einen modernen HR-Manager nicht gefährdet. Automatisiert werden seiner Meinung nach nur jene Jobs, die eine wiederholende Tätigkeit ausführen. »Einem HR-Manager wird jedoch viel mehr abverlangt: Flexibilität, Kreativität, Improvisationsvermögen etc. Fähigkeiten, die noch nicht von einem Roboter durchgeführt werden können«, meint er. Beim Personalmanagement geht es häufig um den Umgang mit Unvorhersehbarem, nämlich um den Umgang mit Menschen. Sein Appell: »HR sollte die Mitarbeiter als Kunden sehen und agieren, statt zu reagieren.« In Zukunft werden die Arbeitsverträge noch flexibler zu gestalten sein, befristete Verträge und noch kürzere Verweildauer im Unternehmen werden zur Normalität. Ein spannender Vortrag und ein guter Einstieg in die Tagung.
In der zweiten Keynote des Tages stellt Thomas Stegmüller (Bundessparte Industrie, Arbeitgeberabteilung der WKO) das neue Zeitkontenmodell in der Metallindustrie vor. Dabei spricht er über den Wandel der Arbeitszeitflexibilisierung und über Details des neuen Modells.
Besonders spannend für viele Teilnehmer ist der darauffolgende Vortrag von Kai Schweppe (Geschäftsführer Südwestmetall, Abt. Arbeitspolitik), der das Modell der Flexi- und Langfristkonten in der deutschen Industrie erläutert: »In Deutschland haben bereits drei Viertel aller Unternehmen über 50 Mitarbeiter solche flexiblen Arbeitszeitkonten. Dabei unterscheidet der Gesetzgeber in Deutschland nach Wertguthaben und Flexikonten, je nach Bedürfnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer.«
Später gibt es für die Teilnehmer die Qual der Wahl, um aus drei Workshops den »passenden« auszuwählen.
Im Workshop »Strategisches HRM« von Christiane Müller (osb consulting) geht es um Flexibilität und Change-Fitness im Zeitalter der digitalen Transformation. Die Vortragende weiß, dass Manager häufig einen blinden Fleck haben, wenn es um das eigene Business geht, besonders wenn es gut läuft. Infolgedessen mangelt es an Innovationskraft. Es fehlt zu oft an der Start-up-Mentalität.
So kommt es zu häufigen und aktuellen Problemen wie z. B. dem »Dauer-Change«. Wenn Change zur Normalität wird, geht Veränderung sehr langsam. Dauer-Change kann allerdings auch gut funktionieren, wenn eine entsprechende Change-Fitness vorhanden ist. Dabei müssen Führungskräfte aktiv involviert sein und die Richtung vorgeben.
Weitere Workshops zur Auswahl sind »Arbeitsrecht – rechtlicher Handlungsspielraum bei Home-Office-Varianten« und »IT und HR – Datenschutz als Hemmnis für Flexibilität«.
Die Podiumsdiskussion danach beschäftigt sich mit dem Thema »Start-up-Welt versus alte Konzernstruktur«. Es diskutieren Jubin Honarfar (Co-Founder & CEO bei whatchado), Julian Jäger (COO beim Flughafen Wien) und Peter Steigenberger (CEO bei Dietzel Univolt). Alle Diskutanten sind sich einig darüber, was Start-ups auszeichnet: kurze Entscheidungswege, breites Aufgabenspektrum jedes Mitarbeiters, hohes Engagement, attraktives Arbeitsumfeld und innovative Projekte.
Julian Jäger: »Als großer Konzern treffen wir nicht täglich Entscheidungen für neue Projekte. Wir haben alle 10 Jahre vielleicht 2 bis 3 wirklich wichtige Entscheidungen zu treffen, so wie z. B. der Bau der dritten Start- und Landebahn. Eine falsche Entscheidung hat ungeahnte Konsequenzen. Daher sind kurze Entscheidungswege bei uns nicht denkbar.«
Auch den Tipp eines Start-ups, doch mehr durch Trial & Error auszuprobieren, wischt er schnell vom Tisch. Julian Jäger: »Wollen Sie wirklich, dass wir am Flughafen Wien nach dem Prinzip Trial & Error arbeiten?«
Doch auch Jubin Honarfar findet lange nicht alles gut, was in der Start-up-Welt passiert. »Die Förderlandschaft ist sehr intransparent und führt zu vielen Gründungen, die häufig nach wenigen Monaten in Konkurs gehen. Hier wird viel Geld vernichtet.«
Was große Unternehmen dennoch von jungen dynamischen Teams lernen können, fasst Julian Jäger zusammen: »Als Flughafen Wien sind wir extrem reglementiert und haben wenig Platz für Kreativität. Dennoch gibt es Bereiche, wo Innovation und Kreativität gefragt sind. Wir müssen lernen, die hierarchische Denkweise nicht auf alle Bereiche umzulegen.«
Der nächste Konferenztag beginnt mit dem Thema »Flexibilität lernen« mit Elisabeth Ferrari (Syst-Institut). Sie beginnt mit einem Zitat: »Wenn Du Gott zum Lachen bringen willst, erzähl ihm von deinen Plänen.« Sie weiß, das Leben ist immer unsicher und wir müssen daher unsere Handlungsoptionen erweitern. »Die Zunahme von Flexibilität in einem Bereich führt immer zur Abnahme von Flexibilität in einem anderen Bereich. Flexibilität kostet auch immer Stabilität.«
Nach diesem fast schon philosophischen Vortrag werden die Teilnehmer in drei Gruppen aufgeteilt, um über die bisherigen Erkenntnisse und die Bedeutung für den eigenen Arbeitsalltag zu diskutieren.
Abschließend referiert wie jedes Jahr ein CEO über das Thema »HR aus Vorstandssicht«. Diesmal ist es Susanne Riess (Vorstandsvorsitzende der Bausparkasse Wüstenrot AG). Aus ihrer Sicht sind die größten Herausforderungen von HR in Zukunft:
Gehaltssysteme zu modernisieren, um den flexiblen Anforderungen gerecht zu werden
Lebenslanges Lernen vernünftig zu etablieren
kreative Köpfe zu finden
Fazit: Sehr aktuelle Themen, perfekter Mix aus Vorträgen, Diskussionen und Workshops sowie gute und lockere Stimmung machen das Forum Personal zur Pflichtveranstaltung für HR-Manager, die am Ball bleiben wollen.