Das Ziel des nachhaltigen Personalmanagements besteht darin, den Personalbereich eines Unternehmens auf eine Weise zu leiten, die sowohl den Anforderungen des Unternehmens als auch den Bedürfnissen der Mitarbeiter und des Planeten gerecht wird.
Nachhaltiges Handeln kann im unternehmerischen Kontext auf unterschiedliche Art und Weise zum Ausdruck kommen – beispielsweise durch umweltfreundliche Logistikstrategien, durchdachte Abfallkonzepte, nachhaltigere Produktions- und Arbeitsprozesse sowie die Verwendung ökologischer Büromöbel. Arbeitgeber können auch durch die Auswahl nachhaltiger Lieferanten und Partner als verantwortungsbewusste Unternehmen auftreten. In jüngerer Zeit gewinnt auch ein nachhaltiges oder »grünes« Personalmanagement an Bedeutung.
Im weitesten Sinne geht es beim nachhaltigen Personalmanagement darum, ein Umfeld zu schaffen, in dem sich die Mitarbeiter im Unternehmen wohlfühlen und gerne arbeiten. Gleichzeitig sollen Maßnahmen ergriffen werden, die dem Umweltschutz dienen. Im Fokus stehen dabei nicht produktrelevante Veränderungen, sondern Ideen für ein grüneres Personalmanagement.
Ein nachhaltiger Ansatz im Personalbereich kann einerseits dazu beitragen, dass Mitarbeiter motivierter und zufriedener sind, was wiederum zu höherer Produktivität und Loyalität gegenüber dem Unternehmen führt. Andererseits kann es dazu beitragen, dass das Unternehmen eine positive Reputation erlangt, was wiederum dessen Image und Markenbekanntheit verbessert.
Unabhängig von diesen »weichen« Faktoren, gibt es in vielen Ländern bereits gesetzliche Vorschriften für ein nachhaltiges Personalmanagement (siehe dazu TRAiNiNG 1/23, S. 52ff »Wie nachhaltig muss HR künftig sein«).
Michael Müller-Camen (Professor für Personalmanagement an der Wirtschaftsuniversität Wien) veranschaulicht am Beispiel von drei HRM-Feldern, wie die Transformation zu einem grünen HR-Management in Unternehmen gelingen kann.
- Green HRM beginnt mit der Rekrutierung und dem Onboarding von Mitarbeitern. Bereits in Zeiten von Covid-19 wurde deutlich, dass die Rekrutierung neuer Mitarbeiter auch digital ablaufen kann, wobei Ziel des Employer Branding ist, umweltbewusste Bewerber zu akquirieren. Auf diese Weise findet auch ein Image-Wandel des Unternehmens statt, das sich als attraktiver und umweltbewusster Arbeitgeber präsentieren kann.
- Über die interne Kommunikation ist es möglich, das Verhalten der Beschäftigten positiv zu beeinflussen und das ökologische Bewusstsein zu schulen. Entsprechende Kompetenzen können im Rahmen von Aus- und Weiterbildungen vermittelt werden.
- Die Motivation kann durch entsprechende Anreize aktiviert beziehungsweise erhöht werden, zum Beispiel mittels Boni. Über das betriebliche Vorschlagswesen werden Mitarbeiter motiviert, alternative Verkehrsmittel zu nutzen und grüne Ideen einzubringen. Emissionen können auch durch hybride Arbeitsmodelle sowie durch die Nutzung von Carsharing-Plätzen in der Nähe des Wohnortes gesenkt werden.
Wir unterscheiden für diesen Artikel in Maßnahmen für das Personal im weitesten Sinne und Maßnahmen für den Umweltschutz. Auch wenn die Unterscheidung in einigen Punkten nicht klar zulässig ist, so bietet sie dennoch eine Idee, worum es geht.
Maßnahmen für das Personal
Es bestehen diverse Ansätze, um ein nachhaltiges Personalmanagement zu implementieren. Hierbei lässt sich eine Differenzierung zwischen den Generationen erkennen.
Ein wichtiger Aspekt des nachhaltigen Personalmanagements, besonders für jüngere Generationen, ist die Förderung einer Work-Life-Balance für die Mitarbeiter. Dies kann durch flexible Arbeitszeiten, Telearbeit oder verkürzte Arbeitszeiten erreicht werden. Eine ausgewogene Work-Life-Balance kann nicht nur dazu beitragen, dass Mitarbeiter motivierter und produktiver sind, sondern auch dazu führen, dass sie länger im Unternehmen bleiben.
Ein weiterer wichtiger Aspekt des nachhaltigen Personalmanagements ist die Schaffung einer inklusiveren Arbeitsumgebung. Dies kann durch die Förderung von Diversität und Inklusion erreicht werden, indem dafür gesorgt wird, dass die Belegschaft aus Menschen unterschiedlicher Herkunft, Geschlecht, Alter, Religion etc. besteht. Eine inklusive Arbeitsumgebung kann nicht nur dazu beitragen, dass Mitarbeiter motivierter und produktiver sind, sondern auch dazu führen, dass das Unternehmen besser in der Lage ist, die Bedürfnisse einer vielfältigen Kundenbasis zu verstehen und zu befriedigen.
Ein weiteres wesentliches Element des nachhaltigen Personalmanagements ist die Förderung von Weiterbildung und Karriereentwicklung für die Mitarbeiter. Dies kann durch Schulungen, Weiterbildungskurse oder die Förderung von Aufstiegsmöglichkeiten erreicht werden.
Weitere Maßnahmen:
- Förderung von Gesundheit: Implementierung von Gesundheits- und Wohlfahrtsmaßnahmen wie beispielsweise ergonomische Arbeitsplatzgestaltung, Gesundheitschecks und Bewegungspausen.
- Faire Arbeitsbedingungen und Löhne für alle Mitarbeiter.
- Möglichkeit für Mitarbeiter, von zu Hause aus zu arbeiten, um den CO2-Fußabdruck des Unternehmens zu reduzieren.
Maßnahmen für die Umwelt
In den vergangenen Jahren sind die Themen rund um den Umweltschutz vermehrt in den Fokus gerückt. Unternehmen haben keine andere Möglichkeit, als sich dem Druck der Kunden zu beugen und Maßnahmen zu ergreifen, um nachhaltiger zu arbeiten.
Das Thema Nachhaltigkeit im Unternehmenskontext ist äußerst komplex. Unabhängig davon, wie nachhaltig sich Unternehmen auch geben mögen, es wäre aus ökologischer Sicht fast immer besser, wenn diese Unternehmen nicht existierten. Ein Beispiel hierfür ist eine große ungarische Fluggesellschaft, die damit wirbt, besonders umweltfreundlich und nachhaltig zu sein. Zwar mag es durchaus stimmen, dass sie durch verschiedene Maßnahmen ökologischer arbeitet als andere Fluggesellschaften, dennoch wäre es für die Umwelt besser, wenn es das Unternehmen nicht gäbe. Aufgrund der Prinzipien einer freien Marktwirtschaft ist das jedoch keine realistische Option, weshalb Unternehmen bestrebt sein sollten, so nachhaltig wie möglich zu wirtschaften.
In den meisten Unternehmen werden Nachhaltigkeitsbemühungen noch immer hauptsächlich im strategischen Management verankert. Dabei hätte das Human Resource Management die Möglichkeit, erheblich dazu beizutragen, das Thema Nachhaltigkeit kulturell zu verankern und Veränderungen herbeizuführen.
Ein grünes HR-Management ist ein integraler Bestandteil eines umfassenden Ansatzes für nachhaltige Unternehmensführung und kann dazu beitragen, eine positive Umweltbilanz zu erreichen sowie das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Umweltschutz innerhalb des Unternehmens zu fördern.
Es bezieht sich auf den Einsatz von Personalstrategien, die darauf abzielen, einen Beitrag zur Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit zu leisten.
Das Institut für Personalmanagement an der Wirtschafts-Universität Wien definiert dies folgendermaßen: »Green Human Resource Management (Green HRM) ist ein relativ junges Forschungsfeld, unter dem all jene Aspekte und Praktiken im Personalmanagement verstanden werden, die ökologische Nachhaltigkeit verfolgen. Damit wird angestrebt, die Ziele des Unternehmens und der Gesellschaft im Ganzen zu vereinbaren, d. h. gesellschaftliche Ziele sollen ohne Abstriche bei den unternehmerischen Zielen realisiert werden. Immer mehr Unternehmen erkennen, dass kultureller und struktureller Wandel nur durch die Begleitung der dabei beteiligten Menschen erreicht werden können. Green HRM bietet die dafür nötigen Ansatzpunkte.«
Mögliche Maßnahmen im grünen Personalmanagement können sein:
- Förderung von Home-Office und Telearbeit, um den CO2-Fußabdruck der Mitarbeiter beim Arbeitsweg zu reduzieren.
- Umstellen der Kantine auf nachhaltige Produkte und das Angebot an vegetarischen und veganen Alternativen ausbauen.
- Implementierung von Recycling- und Energieeinsparungsmaßnahmen in den Büros.
- Angebote für umweltfreundliche Mobilitätsoptionen, wie beispielsweise Fahrgemeinschaften oder Jobtickets für öffentliche Verkehrsmittel.
- Einführung von Nachhaltigkeits- und Umweltbildungsprogrammen für die Mitarbeiter.
- Integration von Nachhaltigkeitskriterien in die Personalentscheidungen, wie beispielsweise die Wahl von Lieferanten und Dienstleistern.
- Nachhaltige Personalentwicklung: Kurze Anreisen in Seminarhotels, Seminarhotels nach Nachhaltigkeitskriterien auswählen, Fahrgemeinschaften fördern, lokale Trainer wählen, Skripten digital verfügbar machen etc.
Erste Schritte
HR-Abteilungen können Unternehmen dabei unterstützen, das Thema »Umweltschutz« kulturell im Unternehmen zu verankern.
Die ersten Schritte in Richtung eines grünen HR-Managements sind vergleichsweise einfach. Jede Maßnahme, die dazu beiträgt, Emissionen zu reduzieren, ist eine positive Maßnahme – unabhängig von ihrer Größe oder vermeintlichen Bedeutung.
Ein erster wichtiger Schritt besteht darin, die Mitarbeiter über die Bedeutung des Umweltschutzes im Unternehmen zu informieren. Es ist entscheidend, dass die ersten Maßnahmen schnell umgesetzt und kommuniziert werden, um die Glaubwürdigkeit des Unternehmens zu untermauern. Dabei spielen auch die Vorbildfunktion und das Verhalten der Führungskräfte eine wesentliche Rolle. Wenn beispielsweise ein CEO jeden Tag mit einem großen SUV zur Arbeit fährt, kann das der Glaubwürdigkeit schaden und das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Umweltschutz im Unternehmen verringern.
Maßnahmen, die sehr schnell umgesetzt werden könnten, sind z. B.:
- Papier sparen. Aufs Ausdrucken verzichten oder möglichst doppelseitig drucken, Apps statt gedruckte Formulare verwenden.
- Abfall reduzieren bzw. trennen und recyceln.
- Die Computer und Laptops nach wenigen Minuten der Inaktivität in den Ruhezustand versetzen.
- Mitarbeiter motivieren, das Licht abzuschalten, wenn sie einen Raum verlassen.
- Energiesparlampen verwenden.
- Umstellung der Firmenwagen auf E-Autos bzw. auf eine Jahreskarte der öffentlichen Verkehrsmittel.
- Meetings und Schulungen online abhalten.
- Grünes Rekrutieren: umweltfreundliche und ressourcenschonende Methoden für die Rekrutierung von neuen Mitarbeitern.
- Home-Office, Telearbeit etc.
Um weitere kreative und nachhaltige Maßnahmen im Personalmanagement zu generieren, können Unternehmen auch Wettbewerbe innerhalb der Belegschaft ausrichten, um Ideen zu finden. Das kann dazu beitragen, das Bewusstsein für Nachhaltigkeit zu fördern und die Mitarbeiter zu ermutigen, aktiv an der Umsetzung von nachhaltigen Praktiken im Unternehmen mitzuwirken.
Gedanken, die leider auch eine Rolle spielen
Neben all den schönen Gedanken und Ideen gibt es auch negative Punkte zu beachten:
Anfangskosten müssen finanziert werden, z. B. für Gebäudeisolierung oder Solar-Panels.
Wirtschaftliche Ersparnisse kommen oft erst später und sind manchmal nicht so hoch wie erwartet.
Ungleicher Wettbewerb, weil Unternehmen, die weitermachen wie bisher, keine Ausgaben für ökologische Maßnahmen haben und Umweltschäden häufig die Allgemeinheit zahlt.
Manche Mitarbeiter sind schwer zu motivieren, weil sie denken, als Individuen nicht so viel beitragen zu können.
Fazit
Nachhaltiges HR-Management zielt einerseits auf die Mitarbeiter ab und versucht andererseits, zahlreiche Maßnahmen umzusetzen, um umweltfreundlicher zu agieren. Es unterstützt nicht nur das Unternehmen dabei, seine Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, sondern es trägt auch dazu bei, ein besseres Image und eine positive Marke zu schaffen, was für zukünftige Bewerber von Vorteil sein kann.