Neue Kompetenzen im HR-Management

Wie steht es um die Stärke des E-HRM (Electronic HR-Management) und welche Auswirkungen haben Technologien auf die HR-Arbeit?

Während im Jahr 2006 eine von acht EU Schlüsselkompetenzen als Computerkompetenz definiert war, hat sich der Wortlaut dieser Schlüsselkompetenz in der letzten Überarbeitung im Jahr 2018 zur digitalen Kompetenz hin entwickelt. Mit der Einführung des Lehrplans zur digitalen Grundbildung, welcher digitale und informatische Kompetenz mit Medienkompetenz und gesellschaftspolitischen Kompetenzen kombiniert, wurden seit 2018 in allen Schulen verbindliche Übungen im Umfang von 2 bis 4 Jahreswochenstunden eingeführt. Digitale Bildung bedeutet neben technischen Fertigkeiten auch, digitale Medien kompetent und reflektiert nutzen zu können – eine Schlüsselqualifikation für die Teilhabe an der modernen Gesellschaft. Mit Daten bewusst und verantwortungsvoll umgehen und Informationsquellen kritisch bewerten, zählt heute zu den Grundkompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen. Die Digitalisierung als Megatrend unserer Zeit stellt Unternehmen vor neue und vielfältige Herausforderungen. Ihr Einfluss ergibt sich nicht bloß durch einzelne technologische Innovationen, sondern dadurch, dass sich Grundlegendes verändert: Arbeitsformen, Geschäftsmodelle, Unternehmenskulturen, Arbeitsbereiche und Geschäftsprozesse, Kommunikationsstrukturen- und Medien sowie Verhaltensmuster von Mitarbeitern orientieren sich an einer stets digitaler werdenden Welt.

Die Rolle von HR ist in diesem Zusammenhang eine besondere, zumal das HR in zweierlei Hinsicht von der Digitalisierung betroffen ist. Einerseits werden die HR-Funktion und alle Bereiche der HR-Wertschöpfungskette beeinflusst. Die Personalabteilung selbst ist aber ebenso gefordert, die Veränderungen in anderen Unternehmensbereichen zu begleiten und geeignete digitale Kompetenzen zu entwickeln, welche für die digitale Transformation unumgänglich sind. E-HRM wird beschrieben als die Implementierung von HR-Strategien, Richtlinien, Prozessen und Praktiken durch den bewussten Einsatz von Web-basierten Technologien in Organisationen. Dies umfasst insbesondere Bereiche wie Recruiting, Performance-Management, Vergütung und Boni sowie Training und Weiterbildung. Obwohl der wissenschaftliche Diskurs eine Korrelation zwischen der Digitalisierung von HRM sowie der strategischen Ausrichtung der Personalabteilung postuliert, gibt es nur eine Studie, die diesen positiven Zusammenhang empirisch feststellen konnte. Des Weiteren zeigen Studien, dass trotz einer beträchtlichen Portion an Optimismus, dass E-HRM die Dienstleistungen von HR verbessern bzw. die strategische Wichtigkeit erhöhen würde, diese Erwartung sehr oft nicht erfüllt wird. Oft blieb der erwartete Effizienzgewinn (v.  a. durch Zeiteinsparungen) durch Technologien für HR sogar komplett aus.

Eine kürzlich durchgeführte Studie mit Personalisten zeigt folgendes Bild:

  • Digitalisierung wird als Chance wahrgenommen, dass Qualitätssteigerungen erzielt werden
  • HR-Arbeit wird attraktiver
  • HR-Jobs werden nicht als gefährdet angesehen
  • die größte Herausforderung: Mehraufwand aufgrund von wenig fortgeschrittenen technischen Lösungen, bzw. suboptimalen IT-Tools
  • digitale Kompetenzen des HR scheinen auch zu beeinflussen, wie die Personalabteilung im Unternehmen wahrgenommen wird.

Wechselwirkungen der Stärke von HRM und der Stärke von E-HRM

Die Stärke (bzw. Kraft) von HRM kann basierend auf drei Kriterien gemessen werden:

1. Unverwechselbarkeit bzw. Einzigartigkeit:
Inwiefern fällt HRM im organisationalen Umfeld auf? Beispielsweise in welchem Ausmaß werden Nachrichten von HR als klar abgrenzbar von anderen wahrgenommen?

2. Konsistenz:
Wie konsistent/einheitlich werden HR Praktiken über den Zeitverlauf hinweg wahrgenommen? Beispielsweise inwiefern gibt es einen klaren Abgleich zwischen den Versprechen von HRM und den Leistungen?

3. Konsens:
Wie hoch ist das Einvernehmen, wenn es um HR-Praktiken geht? Zum Beispiel inwiefern das Management üblicherweise HRM-Richtlinien unterstützt?

Die Stärke von E-HRM im Gegenzug misst die Wahrnehmung der Mitarbeiter über die Relevanz von Technologien und die Qualität der Daten, welche durch E-HRM-Applikationen geliefert werden. Drei Kriterien sind hier ausschlaggebend:

1. die Handhabbarkeit, also der Grad zu welchem die Bedienung der E-HRM-Tools als leicht und mühelos wahrgenommen wird.

2. interne Datenqualität unabhängig vom spezifischen HRM-Kontext, bspw. dass Daten als verlässlich angesehen werden und

3. die kontextuelle Datenqualität. Sie bezeichnet die Datenqualität auf einen spezifischen HRM-Kontext bezogen, bpsw. dass Daten im E-HRM-Tool als up to date für die jeweilige HRM-Aktivität befunden werden.

Interessant scheint, dass Bondarouk und Kollegen 2015 herausgefunden haben, dass sowohl die HRM- als auch die E-HRM-Stärke dazu beitragen, wie die HRM-Servicequalität wahrgenommen wird. Der Einfluss von HRM, also die Unverwechselbarkeit, Konsistenz und Konsens von Maßnahmen des Personalmanagements scheint jedoch noch eine größere Rolle als E-Appli­kationen auf die Wahrnehmung der HR-Servicequalität durch die Mitarbeiter zu haben. Die Autoren warnen jedoch, dass nichtsdestotrotz die technologische Komponente nicht unterschätzt werden darf.

Fazit: Um die HR-Funktion zu stärken und die Mitarbeiter im HR bei den Veränderungen durch die Digitalisierung zu unterstützen, ist eine Verankerung des Themas der Digitalisierung in der HR-Strategie unabdingbar. Human Resources muss sich der doppelten Herausforderung jedenfalls bewusst sein, denn es gilt nicht nur, die Veränderung der eigenen Funktion voranzubringen, sondern den Transformationsprozess bzw. den Aufbau von digitalen Kompeten­zen in allen anderen Unternehmensbereichen strategisch vorzubereiten und zu begleiten.

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Gastautorin Barbara
Covarrubias Venegas
ist Researcher im Studienbereich Personal & Organisation der FHWien der WKW.

barbara.covarrubias@fh-wien.ac.at