Neuerungen im Arbeitsrecht 2017

Die folgende Zusammenfassung informiert über die bisher wichtigsten Neuerungen im Arbeitsrecht 2017 und behandelt auch deren Auswirkungen in der Praxis.

Änderungen im Arbeitsverfassungsgesetz
Mangels Sanktionsmöglichkeit werden die Vorgaben in § 40 Arbeitsverfassungsgesetz zur Bildung von Organen der Arbeitnehmerschaft (insbesondere Betriebsrat) als »Soll-Bestimmungen« gewertet. In der Praxis ist daher in vielen Betrieben trotz deutlicher Überschreitung der erwähnten Zahl an Arbeitnehmern kein Betriebsrat errichtet. Es ist abzuwarten, ob die mit 1. Jänner 2017 in Kraft getretene Verlängerung der Tätigkeitsdauer für Organe der Arbeitnehmerschaft, deren Konstituierung nach dem 31. Dezember 2016 erfolgt, von bisher vier Jahren auf fünf Jahre in der Praxis dazu führt, dass angesichts der Mitarbeiter-Fluktuation weniger Betriebsräte gewählt werden. Möglicherweise erklären sich angesichts der längeren Tätigkeitsdauer weniger Arbeitnehmer bereit, ein Ehrenamt als Organ der Arbeitnehmerschaft zu übernehmen.

Wiedereingliederungsteilzeit
Das mit 1. Juli 2017 in Kraft tretende Wiedereingliederungsteilzeitgesetz behandelt die  viel diskutierte Thematik einer schrittweisen Rückkehr von Arbeitnehmern in den Arbeitsprozess nach langer psychischer oder physischer Erkrankung. Nach einem mindestens sechswöchigen Krankenstand und unter der Voraussetzung einer Mindestbeschäftigungsdauer von drei Monaten vor Inanspruchnahme der Wiedereingliederungsteilzeit – wobei auch Karenzzeiten und Zeiten eines Krankenstandes berücksichtigt werden – besteht die Möglichkeit, für einen Zeitraum von einem bis sechs Monat(en) bzw. bei Vorliegen einer medizinischen Notwendigkeit bis zu neun Monate, Wiedereingliederungsteilzeit zu vereinbaren. Der Arbeitnehmer hat dabei keinen Anspruch auf Wiedereingliederungsteilzeit, sondern muss dies schriftlich mit dem Arbeitgeber vereinbaren. Die bisherige wöchentliche Normalarbeitszeit muss um im Durchschnitt 50 % bis 75 % gekürzt werden und der Arbeitgeber darf während dieser Phase auch keine Mehrarbeit bzw Änderung der Lage der Arbeitszeit anordnen. Freiwillige Mehrarbeit des Arbeitnehmers ist jedoch zulässig und zu entlohnen. Äußert der Arbeitnehmer die Absicht der Inanspruchnahme der Wiedereingliederungsteilzeit oder nimmt er diese aufgrund entsprechender Vereinbarung tatsächlich in Anspruch, ist Vorsicht geboten, weil der betroffene Arbeitnehmer eine allenfalls nachfolgende Arbeitgeberkündigung – die auf der Absicht/Inanspruchnahme der Wiedereingliederungsteilzeit basiert – wegen verpönten Motivs anfechten kann. Unter gewissen Voraussetzungen hat der Arbeitnehmer neben dem Teilzeitentgelt auch Anspruch auf »Wiedereingliederungsgeld« des zuständigen Krankenversicherungsträgers.

Neuerungen betreffend Kurzarbeit
Praktische Bedeutung hat auch die mit Jahresbeginn erfolgte Wiedereinführung der Arbeitgeberbeihilfen für Kurzarbeit hinsichtlich aller ab 1. Jänner 2017 eingebrachten Beihilfebegehren. Voraussetzung für die Einführung von Kurzarbeit in Betrieben sind vorübergehende wirtschaftliche Schwierigkeiten, die nicht saisonbedingt, sondern insbesondere auf unternehmensexterne Umstände zurückzuführen sind. Das Arbeitsmarktservice ist rechtzeitig über bestehende Beschäftigungsschwierigkeiten zu verständigen, ein allfällig bestehender Betriebsrat ist in die Verhandlungen zur Kurzarbeit miteinzubeziehen und die näheren Bedingungen sind in einer Vereinbarung der Sozialpartner über Geltungsbereich, Kurzarbeitszeitraum, Aufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes, Dauer der Behaltepflicht etc. zu regeln.
Die wieder eingeführte Kurzarbeitsbeihilfe dient dem teilweisen Ersatz der zusätzlichen Aufwendungen des Arbeitgebers für die Kurzarbeitsunterstützung an den Arbeitnehmer sowie für die Beiträge zur Sozialversicherung und zur betrieblichen Mitarbeitervorsorge. Neu eingeführt wurde im Rahmen der aktuellen Änderung, dass dem Arbeitgeber ab dem fünften Monat Kurzarbeit auch die zusätzlichen Aufwendungen für die Beiträge zur Sozialversicherung abgegolten werden. Im Falle der Kurzarbeit mit Qualifizierung, in der die ausfallende Arbeitszeit des Arbeitnehmers für Weiterbildung genutzt werden soll, werden die Beiträge zur Sozialversicherung sogar von Beginn an ersetzt. Die Arbeitgeberbeihilfen schaffen somit einen zusätzlichen Anreiz zur Inanspruchnahme der Kurzarbeit bei kurzfristigen Engpässen in puncto Auftragslage.

Jugendausbildungsgesetz
Ab 1. Juli 2017 gilt für Jugendliche, die die allgemeine Schulpflicht erfüllt haben und sich nicht nur vorübergehend in Österreich aufhalten, bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres eine Ausbildungspflicht. Die Beschäftigung von Jugendlichen, die nur über einen Pflichtschulabschluss verfügen, ist mit der neu eingeführten Ausbildungspflicht grundsätzlich nicht vereinbar. Nicht von der Neuregelung betroffen sind Ferialjobs oder Lehrverhältnisse. Darüber hinaus entsprechen auch Arbeitsverhältnisse mit Jugendlichen dem neuen Jugendausbildungsgesetz, wenn sie im Rahmen eines Perspektive- oder Betreuungsplans des AMS oder des Sozialministeriumservices als zweckmäßig angesehen werden. Unter Umständen kann die Ausbildungspflicht bereits vor dem 18. Lebensjahr enden, so z. B., wenn nach Abschluss der Pflichtschule bereits ein zweijähriger Lehrgang absolviert wurde. Die Verletzung der Ausbildungspflicht durch Eingehen eines Arbeitsverhältnisses mit einem Jugendlichen, der grundsätzlich der Ausbildungspflicht unterliegt, ohne Vereinbarung bzw. entgegen einem Perspektive- oder Betreuungsplan, kann zur Verhängung von Verwaltungsstrafen gegenüber dem Erziehungsberechtigten führen. Das Arbeitsverhältnis kann vom Jugendlichen jederzeit ohne Bindung an die arbeitsrechtlichen Beendigungsfristen und unter Wahrung seiner Ansprüche fristlos beendet werden.

Lohn- u. Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz
Mit Einführung dieses neuen Gesetzes mit 1. Jänner 2017 wurden nicht nur die Regelungen in § 7a ff Arbeitsvertragsrechts-Änderungsgesetz sowie die Regelungen des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes betreffend Lohn- und Sozialdumping in eine einheitliche und übersichtlichere Form gegossen, sondern wurde auch der Ausnahmekatalog um weitere Fälle ergänzt, in denen keine Entsendung nach dem LSD-BG vorliegt und demnach auch keine Meldepflicht und Lohnkontrolle stattfindet. So unterliegen nunmehr die Dienstleistungserbringung zum Zwecke der Forschung, bestimmte kurzfristige Tätigkeiten innerhalb eines Konzerns, die maximal ein Monat pro Kalenderjahr dauern, oder die Dienstleistungserbringung von besonders gut verdienenden Arbeitnehmern nicht mehr den Vorschriften im Zusammenhang mit Lohn- und Sozialdumping. Praktische Erleichterungen für die Arbeitgeber bringt das neue Gesetz durch den Entfall der Frist für die Erstattung der sogenannten ZKO 3- und ZKO 4- Meldungen (von bislang einer Woche vor Arbeitsantritt) hinsichtlich der grenzüberschreitend nach Österreich überlassenen oder entsandten Arbeitnehmer; nunmehr sind die Meldungen bloß vor Arbeitsantritt zu erstatten. Außerdem wird der Arbeitsalltag von Arbeitgebern durch die Möglichkeit der Erstattung von sogenannten »Rahmenmeldungen« bzw. »Sammelmeldungen« bei mehrmaligen Entsendungen innerhalb eines kurzen Zeitraums sowie bei einer größeren Zahl von Auftraggebern erleichtert. Im Gegenzug wurden die Strafbestimmungen im Falle eines Verstoßes des Arbeitgebers gegen die Bereithaltepflicht der Lohnunterlagen, die Meldepflicht bzw. bei Unterentlohnung empfindlich erhöht. Hält der Arbeitgeber z. B. Meldeunterlagen, Sozialversicherungsunterlagen und behördliche Genehmigungen eines nach Österreich entsandten Arbeitnehmers nicht in deutscher Sprache am Arbeitsort bereit, oder versäumt er die rechtzeitige oder vollständige Meldung der Tätigkeit der Arbeitnehmer, kann dies eine Verwaltungsstrafe in Höhe von 1.000,– € bis 10.000,– € und im Wiederholungsfall sogar in Höhe von 2.000,– € bis 20.000,– € pro Arbeitnehmer zur Folge haben. Eine Auseinandersetzung mit den Details des LDS-BG durch den Arbeitgeber (insbesondere auch im Zusammenhang mit Überzahlungen gegenüber dem KV-Gehalt) kann daher nur nachdrücklich empfohlen werden, um empfindliche Verwaltungsstrafen zu vermeiden.

Schreiben Sie einen Kommentar!


*

Vogt-Majarek

Gastautorin
Birgit Vogt-Majarek

ist Rechtsanwältin mit Schwerpunkt Arbeits- und Gesellschaftsrecht und Partnerin der Kanzlei Kunz Schima Wallentin Rechtsanwälte GmbH (KSW).

office@ksw.at,

www.ksw.at