… auch die Ausdrucksweise in einer Fremdsprache. In diesem Artikel beleuchten wir, warum man besonders Fachvokabeln können soll und wie man sie am effizientesten lernen kann.
Sie erinnern sich bestimmt noch an Ihren Sprachunterricht in der Schule. Bei den meisten Schülern war das Vokabellernen besonders unbeliebt. Da gab es Vokabelhefte, meistens A5 mit einem Trennstrich in der Mitte, in der linken Spalte die deutschen Worte, rechts daneben die Übersetzung in die jeweils zu lernende Sprache.
In der Regel sitzen die Lernenden stundenlang vor dem Heft und verdecken die richtige Lösung rechts, um ihr Hirn zu trainieren und die richtige Übersetzung zu finden. Diese Variante wäre heutzutage mittels App oder Lernprogrammen leicht digital anzuwenden.
Kommt jedoch der »neusprachliche« Alltag, fällt uns meist das gestreberte Wort nicht ein. Wir wissen zwar unter Umständen, wo es im Vokabelheft steht, aber es ist weg. Einfach weg. Ganz anders verhält es sich, wenn man im Sprachunterricht ein neues Vokabel lernt und dieses sofort im richtigen Kontext mehrmals hintereinander verwendet. So bleibt es viel länger in Erinnerung.
TRAiNiNG hat Experten gefragt, wie Erwachsene heutzutage am einfachsten und effizientesten Fachvokabeln lernen können.
Karin Asen (Leitung Trainings Privatwirtschaft bei »die Berater®«) kennt die Gründe, warum die »alte Methode« nicht so gut funktioniert: »Für unser Gehirn ist die Methode mit den Vokabellisten zu isoliert. Auf diese Weise Fachvokabeln zu lernen, hat für unser Gehirn nichts mit der vielfältigen, bunten Welt einer Sprache zu tun. Unsere Muttersprache haben wir auch nicht mit Listen, sondern durch Hören und Nachahmung gelernt. Um die Bedeutung von Wörtern zu verstehen, zu speichern und sie letzten Endes auch aktiv anwenden zu können, brauchen wir immer einen Kontext. Ob Sie nun einen Online-Kurs, ein E-Learning-Programm oder einen Sprachkurs in Präsenzform wählen, sollten Sie von Ihren Lernmöglichkeiten und Präferenzen abhängig machen.«
Zum erstmaligen Erlernen neuer Vokabeln ist die Methode mit den Vokabellisten also nicht zielführend. Doch zum Festigen des Neugelernten ist es sehr wohl eine geeignete Methode.
Petra Gartner (Director CEF Competence Center East (CCE) der KERN CEF): »Am besten ist eine Kombination aus verschiedenen Methoden. Zum einen ist es sinnvoll, dass die Fachvokabeln durch einen Trainer ›eingeführt‹ werden, der die Vokabeln z. B. in Zusammenhang mit schon Gelerntem bringt oder Eselsbrücken vorschlägt, zum anderen gehört aber auch selbstständiges Wiederholen dazu. Unterstützend können dabei Vokabel-Apps sein oder auch ganz klassisch: Karteikarten. Besonders hilfreich ist es, die Vokabeln z. B. durch Rollenspiele im Unterricht oder in der tatsächlichen Kommunikation im Berufsalltag anzuwenden.«
Wolfgang Reis (Geschäftsführer biz.talk) ist ein bekennender Fan des Individualunterrichts: »Das Englischniveau in Österreich ist überdurchschnittlich gut. Mängel gibt es weniger bei den Basics als in der Fachsprache. Hier geht es nicht nur um die berufs- und branchenspezifischen Fachausdrücke, sondern auch um die Lockerheit im Umgang mit der Sprache, sodass auch schwierige Situationen ähnlich souverän gemanagt werden können wie in der Muttersprache. Der Königsweg hier ist ein persönliches Einzelcoaching, bei dem sich alles am Manager orientiert. Es wird genau das trainiert, was man braucht. Und es ermöglicht auch ein Maximum an zeitlicher Flexibilität. Ob dieses Training vor Ort oder über eine Webkonferenz abgehalten wird, ist da schon eher eine sekundäre Frage und von den örtlichen und zeitlichen Rahmenbedingungen des Lernenden abhängig.«
Walter Grubanovitz (Geschäftsführer mind & more): »Es gibt zahlreiche Wege, Fachvokabeln schnell und unkompliziert zu erlernen. Am effizientesten jedoch eignet man sich Fachvokabular mithilfe eines Trainers an, der dem Lernenden sofort an Ort und Stelle qualifiziertes Feedback geben kann. Das kann in einem Face-to-face-Umfeld sein oder per Skype-Training. Der Trainer agiert vorerst als Vermittler des neuen Wissens (Vokabeln und Grammatik) und bietet dem Teilnehmer so viel Input wie möglich an. Auch Rollenspiele sind ideal, um Situationen aus dem konkreten Arbeitsalltag zu trainieren. Außerdem erstellen viele Gruppen ihr eigenes firmeninternes ›Glossar‹, zu dem alle Zugriff haben und das einen einheitlichen Sprachgebrauch fördert. Ein guter Trainer sollte den Teilnehmer außerdem motivieren, zusätzlich zum Training so viel fachspezifischen Input wie möglich in der Fremdsprache zu lesen, anzuschauen und zu hören. Das unterstützt den Aufbau des Fachvokabulars enorm.«
Relevanz von Fachvokabeln
Wie wir gehört haben, ist das Englischniveau in Österreich ziemlich gut, verglichen mit anderen EU-Staaten, z. B. Italien oder Spanien. Vielen Menschen ist es daher möglich, fehlende Vokabel zu umschreiben, um so zum gewünschten Ergebnis zu kommen. Ist es also wirklich so wichtig, jedes einzelne Fachvokabular zu kennen?
Der Grundtenor der Experten ist ein eindeutiges »Ja«. Denn wenn Sie Fachvokabel verwenden, geht es offensichtlich um Ihr Fach. Das heißt, Sie sind Experte auf diesem Gebiet, beispielsweise HR- oder Trainingsexperte. Und wie wirkt das aufs Gegenüber, wenn Sie nicht einmal die Worte ihres eigenen Faches kennen?
Walter Grubanovitz: »Um im Business-Kontext verstanden und vor allem respektiert zu werden, ist es wichtig, sich im Fachjargon ausdrücken zu können. So kann man Meinungen besser vertreten, Vorgänge erklären etc. Trotzdem ist ›Social English‹ fast genauso wichtig, um seine gesamte Persönlichkeit und seinen eigenen Charme auch in einer Fremdsprache ausdrücken zu können.«
Auch hier sind sich Sprachexperten einig: Es ergibt keinen Sinn, sich nur auf Fachvokabeln zu stürzen. Es zählt immer der Gesamteindruck, und da gehören Aussprache, Grammatik und Vokabeln gleichermaßen dazu.
Petra Gartner: »Relevante Fachvokabeln zu beherrschen ist wichtig, um als kompetent wahrgenommen zu werden. Sie sind aber nicht der alleinige Faktor, wenn es darum geht, fachkundig auf Geschäftspartner zu wirken. Beim Gesamteindruck kommt es vor allem auf die allgemeine Kommunikationsfähigkeit an, d. h. dass man sich flüssig, verständlich und auf natürliche Weise ausdrücken kann.«
Wolfgang Reis kennt zwei gute Gründe, warum jeder Fachexperte seine Begriffe auch in der Fremdsprache kennen sollte: »Zum Einen geht es um die Stärkung des Selbstbewusstseins. Man fühlt sich im Gespräch souveräner und überzeugender, wenn man sich präzise ausdrücken kann und viele potenzielle Missverständnisse werden von vornherein vermieden. Zum Anderen geht es auch darum, wie man sich nach außen präsentiert. Es gehört zum guten Ton, sich anlassbezogen zu kleiden, die Schuhe zu entstauben oder angemessene Manieren zu zeigen. Hier geht es um einen konsequenten Außenauftritt. Nicht nur die Schuhe gehören poliert, auch die Sprache und Ausdrucksweise.«
Auch Karin Asen appelliert darauf, sein »Vokabel-Handwerk« zu kennen: »Grundsätzlich halte ich es für ein Zeichen von Professionalität, wenn man sich im jeweiligen Fachbereich entsprechend ausdrücken kann, dazu gehören selbstverständlich Fachvokabeln. Das gilt meiner Meinung nach für die Muttersprache ebenso wie für eine Fremdsprache wie Englisch. In einem auf Englisch geführten Vorstellungsgespräch zum Beispiel kann man daher sicher mit Fachvokabeln beeindrucken, bei Fachvorträgen selbstverständlich auch. Dem Gegenüber wird damit signalisiert: Mein Gesprächspartner ist vom Fach und hat Ahnung. Nichtsdestotrotz ist die Kommunikation nicht zum Scheitern verurteilt, wenn man sich fallweise damit behilft, das Gemeinte zu umschreiben, weil einem das Fachwort im Englischen fehlt.«
Lernstile
In der Literatur gibt es zahlreiche Modelle von verschiedenen Lerntypen bzw. Lernstilen. Ein bekanntes Modell, das genauso viele Kritiker wie Befürworter hat, ist z. B. die Einteilung in visuelle, auditive, kognitive und kinästhetische Lerntypen. Bei diesem und vielen weiteren Modellen wird angenommen, das jeder Mensch einen anderen Zugang zum Lernen hat und daher auf verschiedene Weise lernt. Natürlich ist die Ausrichtung der Methoden oder Lerninhalte auf unterschiedliche Lernstile oder Lerntypen kein Allheilmittel, es kann aber unterstützend wirken. Viele Menschen wissen leider gar nicht, wie sie am besten lernen können und erschweren sich mitunter selber das Lernen.
Wolfgang Reis: »Es gibt so viele Lerntypen wie Menschen. Ein gutes Institut und ein guter Trainer erkennen das und bauen das Training so auf, dass der Lernende ein Maximum mitnehmen kann. Das ist im Übrigen ein Appell an kleine Gruppen und für Trainings von Mensch zu Mensch. Wir haben in unseren mehr als 20 Jahren biz.talk schon ganz unterschiedliche Lerntypen kennengelernt – aber noch niemanden, der nicht lernen kann.«
Petra Gartner erklärt ein Modell näher: »Es gibt den visuellen, auditiven und kommunikativen Lerntyp. Der visuelle Lerntyp lernt am besten, wenn er die zu lernenden Inhalte sieht, z. B. eine Vokabel in Verbindung mit einem Bild (hierfür eignen sich Vokabel-Apps besonders) oder per Video. Der auditive Lerntyp lernt durch das Hören der neuen Vokabeln und z. B. auch durch die Aussprache beim wiederholten Aufsagen neuer Wörter. Der kommunikative Lerntyp hingegen lernt neue Vokabeln etwa durch Dialoge und Diskussionen. Hier erfolgt der Lernprozess also anwendungsorientiert und im Austausch mit Anderen.«
»Zu wissen, welcher Lerntyp man ist, ist natürlich auch beim Vokabellernen hilfreich,« meint Karin Asen, denn »man kann sich den Stoff dann so aufbereiten, wie man ihn am besten aufnimmt. Auch bei der Auswahl der Lernform ist das Wissen um den Lerntyp wichtig, ob z. B. alleine besser gelernt wird oder in einer Gruppe, mit Buch oder ohne.«
Walter Grubanovitz: »Neben den bereits erwähnten Lernstilen ist die Lernerfahrung auch immer eine Generationsfrage. Millenials wachsen mit Medien auf und lernen über audiovisuelle Medien (z.B. Videos) schon in ihrer Freizeit. Das sollte sich der Trainer zu Nutzen machen und bevorzugt diese Kanäle für das Training nutzen. Ältere Generationen bevorzugen eher lesen und schreiben, um Vokabeln zu lernen.«
Von der Pike auf lernen
Abschließend wollte TRAiNiNG von den Experten wissen, welche Lernmethode für jemand empfehlenswert ist, wenn er eine für ihn völlig neue Sprache erlernen möchte.
Petra Gartner: »Für die erste Verständigung ist der Wortschatz am wichtigsten. Um diesen aufzubauen, eignet sich ein Intensivtraining besonders – entweder vor Ort oder im jeweiligen Land, in dem die Sprache gesprochen wird – da im Rahmen dessen die Sprachkenntnisse mehrmals wöchentlich aufgebaut und gefestigt werden. Zusätzlich zum intensiven Sprachkurs ist der häufige Kontakt sowie die Anwendung der Sprache wichtig für den Lernerfolg, z. B. durch ein Sprachtandem, bei dem man sich mit Muttersprachlern austauschen und die Kenntnisse festigen bzw. entwickeln kann. Oder natürlich durch Filme und Bücher.«
Karin Asen: »Eine Sprache ist keine bloße Aneinanderreihung von Buchstaben, die zu Wörtern werden, und von Wörtern, die zu Sätzen werden. Eine Sprache ist immer auch ein System, und dieses System zu durchschauen ist meiner Meinung nach viel von dem, was wir als ›Sprachgefühl‹ bezeichnen. Darum ist mein Tipp für das Lernen einer Fremdsprache: Versuchen Sie das Muster der Sprache zu durchschauen. Zerlegen Sie sie in ihre Einzelteile, in ihre Struktur. Erst dann können Sie sie wieder zusammensetzen und sie als großes Ganzes sehen und anwenden. Fokussieren Sie sich dagegen zu sehr auf einen Bereich, wie z.B. auf Vokabeln, können Sie zwar wunderschöne Wörter aneinanderreihen, aber noch lange keine richtigen Sätze bilden.«
Und was beim Lernen allgemein und beim Sprachenlernen ganz besonders nicht vergessen werden darf, ist das Thema »Motivation«. Denn es ist eine Sache, wenn jemand eine Sprache aus Freude lernt oder wenn jemand eine Sprache lernen muss, wie z.B. in der Schule oder bei beruflicher Versetzung in ein fremdes Land.
Wolfgang Reis: »Warum bleiben viele Lernende irgendwo in einem mittleren Sprachniveau hängen und schaffen es nicht, eine Sprache wirklich gut zu beherrschen? Weil die Lernkurve am Anfang steil ist und dann im Laufe der Zeit immer flacher wird. Mehr und mehr Anstrengung für gleich viel Fortschritt wird notwendig, und viele verlieren dann ihre Motivation. Am Anfang empfehlen wir einen breiten und spannenden Ansatz und einen bunten Mix aus verschiedenen Elementen – also nicht nur Vokabeln pauken oder nur Grammatik strebern. Spielerisches Lernen ist nicht nur etwas für Kinder, sondern funktioniert auch bei Erwachsenen bestens. Im Laufe der Zeit kann mehr und mehr zugespitzt und fokussiert werden, sodass auch ein schon guter Sprecher Fortschritte erkennen kann. Übrigens: Der sichere Tod jeder Motivation ist ein reines Online-Training ohne persönliche Betreuung.«
Walter Grubanovitz sieht das ähnlich: »Die richtige Motivation und der soziale Aspekt sind für den Sprachenerwerb wichtig. Entweder hat man Spaß in der Gruppe, um miteinander Ziele zu erreichen oder man hat bei einem Einzeltraining eine guten Draht zum Trainer und ist dadurch motiviert. Es ist wie beim Sport: in einer Gruppe kann man sich gegenseitig unterstützen und mental durch alle Höhen und Tiefen begleiten. Selbstverständlich liegt es am Trainer, das notwendige Rüstzeug an Vokabeln und Grammatik zur Verfügung zu stellen.«
Fazit
Für das Erlernen einer Fremdsprache gibt es unterschiedliche Wege. Der Lernwillige sollte die für ihn beste Methode zum Lernen erkennen. Um beruflich professionell zu wirken, empfiehlt es sich jedenfalls, die Fachvokabeln auch in der Fremdsprache zu kennen. So werden Sie leichter verstanden und können auch Ihrem Gegenüber leichter folgen. Wenn Sie dabei nicht 100 % der relevanten Wörter wissen, ist das aber kein Problem. Jedoch – die Gesamtheit der Sprache sollte stets im Vordergrund stehen. Sprechen, Hören, Lesen, Grammatik und eben auch Vokabeln sind gleichsam bedeutend, um auch in der Fremdsprache eloquent präsent zu sein.