Mitarbeiter prägen die Arbeitgeber-Marke. Daher sollte diese auch gemeinsam mit ihnen entwickelt werden. Über ein Employer-Branding-Projekt der Stadt Wien.
Mindestens so wichtig wie die Positionierung von Unternehmen als attraktive Arbeitgeber am Arbeitsmarkt, ist ein qualitätsvolles internes Employer Branding. Je höher die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Image und der Wertehaltung ihres Arbeitgebers ist, umso stärker sind die Zufriedenheit und Motivation. Eine Arbeitgebermarke kann ihren Nutzen nur entfalten, wenn die eigenen Mitarbeiter dahinterstehen und sich mit den Werten identifizieren. Versprechen, die man als Arbeitgeber potenziellen Bewerbern macht, müssen gegenüber Mitarbeitern auch eingelöst werden. Sonst wird man als Arbeitgeber schnell unglaubwürdig. Wenn es gelingt, die eigenen Mitarbeiter von der Arbeitgeberqualität zu überzeugen, sind diese die besten Markenbotschafter, die man sich als Arbeitgeber wünschen kann. Im Prozess der Markenentwicklung muss daher die Mitarbeitersicht berücksichtigt und in allen Phasen des Employer-Branding-Prozesses integriert werden. Erst wenn die Arbeitgebermarke im Unternehmen gut verankert ist, macht eine externe Kommunikation Sinn.
Ein mitarbeiterorientierter Prozess
Analyse der Ausgangssituation
Die strategische Situationsanalyse ist ein zentraler Bestandteil des Employer-Branding-Prozesses und umfasst verschiedene Themen. Neben einer Auseinandersetzung mit den externen Rahmenbedingungen des Unternehmens, wie Arbeitsmarkt, Zielgruppen und Wettbewerber, kommt bei der Befassung mit den internen Rahmenbedingungen der Erhebung der Unternehmenskultur bei den Mitarbeitern eine besondere Bedeutung zu. Diese Erhebung findet üblicherweise in moderierten Fokusgruppen statt. Durch einen Austausch und die Diskussion unterschiedlicher Meinungen von Mitarbeitern, sollen dabei die aktuellen Arbeitgebereigenschaften aufgedeckt werden. Diskussionsthemen sind dabei unter anderem die Stärken und Schwächen des Arbeitgebers, grundsätzliche Erwartungen an Arbeitgeber und wie der eigene Arbeitgeber im sozialen Umfeld der Mitarbeiter gesehen wird. Die Anzahl der Fokusgruppen orientiert sich an der Unternehmensgröße, die Zusammensetzung der Teilnehmer sollte einen möglichst repräsentativen Querschnitt der Belegschaft abbilden. Wesentlich ist, dass zu den Fokusgruppen Mitarbeiter eingeladen werden, die gerne und vor allem offen über den eigenen Arbeitgeber sprechen wollen.
Entwicklung der Positionierungsstrategie
Die Ergebnisse einer fundierten Analyse sind die Basis für die Positionierungsstrategie. Bei der Entwicklung dieser Strategie ist neben der Erhebung der Sichtweise der Mitarbeiter, auch die Einbindung des Top-Managements und der Führungskräfte erforderlich. Mit diesen Anspruchsgruppen müssen die positionierungs-relevanten Themen identifiziert und bewertet werden. Ein Blick in die gewünschte Zukunft des Unternehmens ist dabei unerlässlich.
Wenn die Profilthemen für die Arbeitgeber-Positionierung festgelegt sind, ist die Rückversicherung bei den Mitarbeitern von großem Wert. Damit schließt man etwaige Glaubwürdigkeitslücken und stellt Akzeptanz und Authentizität sicher.
Die Positionierung zum Leben erwecken
Um die Arbeitgeber-Marke gegenüber den Mitarbeitern erlebbar zu machen, müssen die interne Kommunikation, das HR-Portfolio, die Arbeitswelt und die Führungskultur entsprechend der Positionierungsstrategie gestaltet werden. Die Arbeitgeber-Positionierung dient dabei als Wegweiser für die Weiterentwicklung eines Arbeitgebers und zur Verbesserung seiner Qualität. Sie sorgt dafür, dass eine Kultur der Glaubwürdigkeit entsteht, in der die eigenen Mitarbeiter zu Markenbotschaftern werden. Dazu ist es erforderlich, dass alle HR-Prozesse und -Instrumente dahin gehend geprüft werden, ob die strategischen Zielsetzungen und die entsprechenden Prozessschritte die Kernbotschaften der Arbeitgebermarke widerspiegeln und so für die Mitarbeiter nachvollziehbar und transparent sind. Anhand einer Darstellung der Employer-Branding-Touchpoints wird rasch sichtbar, welche Berührungspunkte es entlang der Wertschöpfungskette des HR-Managements gibt. Empfehlenswert ist es, bei einer Ausrichtung des HR-Portfolios an der Arbeitgeber-Positionierung eine Priorisierung vorzunehmen und den Fokus auf erfolgskritische Bereiche zu legen. Damit wird auch sichergestellt, dass es für Mitarbeiter rasch sichtbare Ergebnisse gibt.
Kommunikation
Um die Arbeitgeber-Positionierung im Unternehmen bekannt zu machen, muss bei den Führungskräften und vor allem bei den Mitarbeitern angesetzt werden. Im Sinne der Wertschätzung ist es wichtig, die eigenen Mitarbeiter zu informieren, bevor diese per Zufall über neue Stellenanzeigen oder die neu gestaltete Karriere-Seite stolpern. Das bedeutet, dass die interne Kommunikation immer vor der externen stattfinden soll. Dabei sollte die Arbeitgeber-Positionierung nicht einfach nur »verkündet« werden. Die Umsetzung eines abgestimmten Kommunikationskonzepts soll vielmehr dazu führen, dass die Botschaft von den Mitarbeitern nicht nur verstanden wird, sondern diese auch verinnerlichen, was die Positionierung als Arbeitgeber für das gesamte Unternehmen und für jeden Einzelnen bedeutet. Im Rahmen von Employer Branding können die eigenen Mitarbeiter auch selbst als Botschafter der Arbeitgeber-Marke gezielt eingesetzt werden. Nichts ist überzeugender als Mitarbeiter, die bei Berufsmessen im Rahmen von Kontakten mit Ausbildungseinrichtungen oder im eigenen sozialen Umfeld von ihren Erfahrungen beim Einstieg ins Unternehmen, ihren Aufgaben und ihrem Arbeitsalltag berichten. Sie können Fragen von Jobinteressenten zur konkreten Tätigkeit am besten beantworten und erzeugen so einen authentischen und glaubwürdigen Eindruck vom potenziellen Arbeitgeber.
Mitarbeiterpartizipation als
Erfolgsfaktor bei der Stadt Wien
Die Stadt Wien hat in der Analysephase des Employer-Branding-Prozesses ihre Hausaufgaben sehr gründlich gemacht. Bei der Erkundung der Unternehmenskultur haben im ersten Schritt Fokusgruppen mit Mitarbeitern aus unterschiedlichen Berufsgruppen wertvolle Erkenntnisse geliefert. Die Frage nach einer Assoziation des eigenen Arbeitgebers mit Beispielen aus der Tierwelt hat den übereinstimmenden Vergleich mit einem Elefanten und den damit assoziierten Eigenschaften ergeben: groß, dickhäutig, stabil, Respekt einflößend, träge, unflexibel, sozial, beschützend, kümmert sich um die Herde, gutmütig, tolerant und gerecht.
Aufgrund der Unternehmensgröße der Stadt Wien mit rund 65 000 Mitarbeitern und der aus dem breiten Dienstleistungsangebot resultierenden Heterogenität der Mitarbeiterstruktur wurde seitens der Verantwortlichen im HR-Bereich auf Basis der Ergebnisse der Fokusgruppen die Entscheidung getroffen, eine Befragung aller Mitarbeiter zu den Kernwerten der Arbeitgeber-Positionierung durchzuführen.
In einem partizipativen, zweistufigen Prozess wurden Werte erarbeitet, für die die Stadt Wien als Arbeitgeberin steht. Damit auch jeder Mitarbeiter diese Werte vertreten kann, sollten möglichst viele an der Erarbeitung mitwirken können. Die in den Fokusgruppen entwickelten drei Wertewelten, die die Stadt Wien aus Sicht der Mitarbeiter prägen, waren die Basis für den ersten Teil der Befragung. Die Wertewelten wurden den Mitarbeitern online vorgestellt und nach Begriffen gefragt, die diese Wertewelten gut beschreiben.
Über die besten und beliebtesten Begriffe konnten alle Mitarbeiter in Form einer schriftlichen Befragung abstimmen. Sie wurden gefragt, welche der in der ersten Befragungsphase meist genannten Begriffe sie bevorzugen. »Ein erfreulich großer Anteil der Mitarbeiter hat diese Chance zur Beteiligung und Mitgestaltung genutzt und an beiden Phasen der Befragung aktiv teilgenommen«, so Martina Schmied.
Aus den Befragungsergebnissen wurde pro Wertewelt der am häufigsten genannte Begriff als Kernwert der Arbeitgeber-Marke festgelegt. Die so ermittelten Kernwerte sind in die Entwicklung der Arbeitgeberin-Positionierung der Stadt Wien eingeflossen und werden nun bei allen Umsetzungsmaßnahmen berücksichtigt. »Nur so ist sichergestellt, dass diese Werte auch von den Mitarbeitern akzeptiert sind und im Arbeitsalltag erlebbar werden«, betont Martina Schmied. Ein Beispiel dafür sind Role-Model-Geschichten in der Mitarbeiterzeitung, in denen der Zusammenhang zwischen der Arbeitssituation von Mitarbeitern und den Kernwerten für die Leser hergestellt wird.