Interview mit Stephen Ash, bei Berlitz Austria für Training Development zuständig, über Präsentationen in englischer Sprache.
»Wenn man in der Muttersprache gut präsentieren kann, dann kann man in jeder Sprache gut präsentierten, wenn man sie ausreichend beherrscht.« Stimmen Sie dieser Aussage zu?
Ich bin der lebende Beweis, dass dem nicht so ist. Ich wohne seit beinahe 15 Jahren in Österreich und freue mich, dass mir viele sagen, mein Deutsch sei sehr gut. Aber selbst wenn es grammatikalisch perfekt wäre – was es nicht ist –, muss ich mir immer wieder die Kultur des Publikums erarbeiten, nicht nur die Sprache. Das Erlernen der Sprache ist ja nur der Beginn des Erlernens der Kultur. Und ohne meine »Culturual Due Diligence« riskiere ich, eine deutschsprachige Zuhörerschaft mit angelsächsischen Präsentationsmustern zu bespielen. Ich bin dann immer noch ein Amerikaner, der Deutsch spricht.
Gibt es Dinge, die Ihrer Erfahrung nach bei einer Präsentation auf Deutsch üblich sind, die man aber bei einer Präsentation auf Englisch besser nicht machen sollte?
Was ich bei Präsentationen deutschen bzw. österreichischen Stils oft beobachte, ist das visuelle Betonen einer Übersichtsfolie, um auf den roten Faden aufmerksam zu machen. Das Publikum scheint dann daran zu beurteilen, ob der Redner seine Versprechen gehalten hat.
Das heißt natürlich nicht, dass angelsächsische Vortragende keine Agenda haben, aber sie legen mehr Wert auf Überleitungen, die dem Publikum klar machen sollen, wie sich die einzelnen Punkte der Präsentation entwickeln und wie diese zusammenhängen. Zum Beispiel: »Now that we looked at this, let’s see now how this led me to that …«
Gibt es Dinge, die bei Präsentationen auf Englisch üblich sind, die man aber bei Präsentationen auf Deutsch eher nicht macht?
Ich empfehle angelsächsischen Vortragenden, Humor nur sparsam einzusetzen. Das Publikum weiß zwar leichten Humor zu schätzen, wenn er von Zeit zu Zeit eingesetzt wird, aber ein zu großzügiger Einsatz zu Show- oder gar Schockzwecken erhöht die Gefahr, dass die »true message«, die man rüberbringen will, verloren geht. Es ist sicher besser, das Publikum mit dem Eindruck zurückzulassen »Trotz seiner limitierten Deutschkenntnisse hat er seine Argumente sehr gut strukturiert – Respekt!«, als mit dem Eindruck »Er wirkt recht nett, aber leider – alles Luft!«.
Es gibt ja verschiedene Arten von Präsentationen: Vorstandspräsentationen, Produktpräsentationen vor Kollegen oder vor Kunden, kurze und lange Präsentationen usw. Welche Schwierigkeiten treten dabei jeweils auf?
Ich betrachte das von einer anderen Seite: Was ist für alle Präsentationstypen wichtig? Für mich ist das ein besonderer Punkt oder ein Ziel – Theodore Sorensen, Redenschreiber für John F. Kennedy, nannte es die »Headline«. Egal, ob auf Englisch oder Deutsch, wenn mir ein Präsentator diesen Punkt nicht in einem Satz erklären kann, dann gibt mir das Hinweise auf die Schwierigkeiten, zu denen es bei den unterschiedlichen Präsentationstypen kommen kann.
Bei längeren Vorstandspräsentationen verliert man diesen Punkt (die »Headline«), wenn man ihn nicht innerhalb des roten Fadens halten kann. Vortragende, die nur 5 Minuten vor einer kleinen Gruppe sprechen, könnten versuchen, sehr viel Information sehr kompakt darzustellen und auch schnell zu sprechen. Als das »Elevator Pitch«-Format beliebt wurde, hatte das den Vorteil, dass die Redner dazu angehalten waren, die Kernaussage in einem Satz unterzubringen.
Können Sie unseren Lesern ganz konkrete Tipps für Präsentationen auf Englisch geben?
Keep it simple! Selbst wenn diese Phrase oft inflationär gebraucht wird, ist das der wichtigste Tipp, den ich Non-Native-Speakers gebe, was Sprache und Grammatik betrifft. Besonders empfehle ich das jenen, deren Englisch limitiert ist (so wie mein Deutsch) und die aber für die eine besondere Präsentation versuchen, ihre grammatikalischen Grenzen zu überschreiten. Was passiert, wenn sie nervös werden, den Faden verlieren oder jemand eine Frage stellt, die ein bisschen abseits des Themas ist?
Ich habe mit vielen daran gearbeitet, einfache grammatikalische Strukturen mit ihrer Message zu verknüpfen. »Here is where we were (past) … and here is where we are now (present) … and, with our shared vision, here is where we will be (future).« Präsentationen sind besser, wenn die Vortragenden mit dem arbeiten, was sie wissen und beherrschen.
Welche Fehler machen Menschen mit Deutsch als Muttersprache besonders häufig bei Präsentationen auf Englisch?
Wie ich schon sagte: Man kann Fehler reduzieren, wenn man mit einfachen sprachlichen und grammatikalischen Strukturen arbeitet.
Angelsächsische Redner verwenden gerne trendige Idiome, die sich schwer übersetzen lassen – und ich bemühe mich sehr, sie davon zu überzeugen, auf diese Idiome zu verzichten und so beim Publikum für mehr Klarheit zu sorgen. Außerdem ist die vorbereitete Präsentation selbst ja nur ein Teil der Veranstaltung. Die Fragerunde danach gehört auch zur Präsentation. Bei dieser erlebe ich oft, wie Non-Native-Speakers darauf vergessen oder verzichten, ihre Sprache einfach zu halten. Der Versuch, Idiome, Slang oder trendige Sprichwörter einzusetzen, führt dann oft zu Missverständnissen.
Unterscheiden sich die Erwartungen eines internationalen Publikums von jenen eines österreichischen Publikums?
Ich verwende Kulturmodelle, um den Redner besser auf sein Publikum vorzubereiten. Jede Kultur bekommt gerne gewisse Fragen beantwortet, irgendwann zwischen Beginn und Ende der Präsentation. Ein Beispiel dafür ist, wie sich der Vortragende vorstellt und somit Glaubwürdigkeit etabliert – und damit auch die Frage beantwortet, warum es er ist, der vor dem Publikum steht. In Österreich tendiert man dazu, die eigene Expertise mit Titeln, beruflichem Hintergrund usw. zu unterstreichen. Anderswo würde man diese Informationen eher auf Infozetteln oder in einer Broschüre nachlesen und möchte lieber eine Anekdote hören, die erklärt, wie der Redner mit dem Thema in Berührung gekommen ist, wie er damit verbunden ist.
Was kann man tun, wenn man das Gefühl hat, das eigene Englisch sei nicht gut genug, um zu präsentieren? Wie gut sollte man eine Sprache beherrschen, um in dieser zu präsentieren?
So sehr ich mich auch dafür einsetze, die Präsentations-Sprache möglichst einfach zu halten – das ist keine Entschuldigung, nicht an der Verbesserung der eigenen Sprachkenntnisse zu arbeiten. Redner brauchen Flexibilität. Ein Beispiel: Wenn ich eine inhomogene Zuhörerschaft habe, wenn also einige mehr fachspezifisches Wissen als die anderen haben, dann brauche ich die nötigen Sprachkenntnisse, um 30 bis 60 Sekunden in der Fachsprache zu reden. Aber dann sollte ich wieder zu einer einfacheren Sprache überleiten: »Now some of you heard this and have no idea what I just said, so let me put this in another way …«
Präsentieren Engländer anders als Amerikaner oder Australier? Gibt es da unterschiedliche Vorgehens- und Verhaltensweisen? Andere Floskeln?
Es gibt ein paar in Studien nachgewiesene Unterschiede zwischen kulturellen Normen in den USA und in GB, die Auswirkungen auf Präsentationen haben. Amerikaner tendieren dazu, direkter zu sein, weniger formell und mehr aktionsorientiert, wohingegen Briten eher die indirekte, formelle und zurückhaltende Art bevorzugen. Ein Beispiel dafür könnte das sein, was man ganz am Schluss einer Präsentation sagt. Amerikaner rufen dabei gerne zur Tat auf und fordern das Publikum heraus, gleich nach der Präsentation aktiv zu werden und die Konzepte umzusetzen. Briten wählen vielleicht eher einen »Food for thought«-Ansatz und laden das Publikum ein, auf dem Nachhauseweg über bestimmte Ideen nachzudenken und so die Präsentation wirken zu lassen.