Outsourcing der Payroll

Bei vielen Unternehmen kommt immer wieder das Thema Auslagerung bzw. Zentralisierung der Payroll als strategische Initiative zur Entscheidung auf den Tisch.

Jedes Unternehmen muss für sich immer wieder nach der aktuellen Wirtschaftslage und den Bedürfnissen entscheiden, ob es sinnvoll ist, die Payroll auszulagern. Ich berichte hier aus meiner eigenen Erfahrung, da ich in den Konzernen, in denen ich beschäftigt war, mehrere dieser Überlegungs- und Entscheidungszyklen erleben durfte.
Meine erste und definitiv prägendste Erfahrung war, als vor über 15 Jahren die damalige ausländische Konzernmutter entschieden hat, die Lohnverrechnung, die Personaladministration bzw. Pflege des Abrechnungssystems – in dem Fall SAP – sowie jegliche notwendige Systemänderungen in einem Schritt auszulagern. Die grundsätzliche Idee, dies in Europa über mehrere Standorte zu vereinheitlichen, liegt sehr nahe. Doch leider wurde hier von Übersee übersehen, wie unterschiedlich die verschiedenen Länder in ihren Gesetzgebungen und Regelungen sind. Das neue Zentrum wurde etwa 50 km außerhalb von Barcelona errichtet. In der Zwischenzeit bestand die Aufgabe der lokalen HR-Mitarbeiter darin, jeden Prozess, der mit der Lohnverrechnung zusammenhängt, zu dokumentieren. Idealerweise wurde jeder Schritt beschrieben und mit entsprechenden Screenshots unterstützt. Grundsätzlich war dieser Schritt absolut richtig und sehr wichtig. Denn dies hatte einen positiven Nebeneffekt: Wir haben viele Prozesse komplett neu beleuchtet und überdacht. Themen, die »immer schon so gelaufen sind«, wurden überarbeitet. Damit sind zahlreiche bereichsinterne Erkenntnisse in den jeweiligen Personalabteilungen aufgetaucht. Anschließend wurden diese Prozesse validiert. Dann begann eine intensive Zeit der Einschulung neuer Mitarbeiter, die später in Spanien sitzen würden. Somit entstand eine enge Zusammenarbeit mit jenen Kollegen, die zukünftig mit uns in Kontakt sein würden. Es war sicherlich ein wichtiger Bestandteil, dass die Prozesse gut übergeben wurden.
Zu dieser Zeit hat es für alle Beteiligten gut ausgesehen und es verlief alles positiv. Die ersten Schwierigkeiten begannen erst, als die perfekt eingeschulten Mitarbeiter plötzlich doch nicht nach Barcelona mitgingen, oder im schlimmsten Fall gar das Unternehmen verließen. Damit war ein hoher und rascher Know-how-Verlust gegeben. Glücklicherweise war jedoch ein wesentlicher Bestandteil, nämlich die Prozessbeschreibungen, noch vorhanden und auch gut für weitere Einschulungen zu gebrauchen.

Die wirklichen Schwierigkeiten traten dann auf, als generell kaum jemand mehr von dem eingeschulten Team in Spanien vertreten war. Hintergrund ist leider, dass in vielen Service Centern die Entlohnung entsprechend »wettbewerbsfähig« sein muss, und oftmals eine hohe Fluktuation herrscht. Mit neuen Mitarbeitern, die die lokalen Standorte nie kennenlernten, kam es auch nicht so gut zu einer Identifizierung mit den Aufgaben, den Themen oder den Teams.

Die gesamte Entwicklung hat sich dann aber auch im Bereich der Lohnverrechnung schwieriger herausgestellt, als ursprünglich von der Konzernmutter angenommen. Im ersten Schritt wurden die bisherigen Lohnverrechner weiter erhalten, in dem diese zu der Lohnverrechnungsfirma übertraten und fixe Betreuer für das Unternehmen blieben. Oftmals wird gerade in internationalen Konzernen mit mehreren europäischen Standorten überlegt, auch die Lohnverrechnung an einen zentralen Ort zu einem spezialisierten Unternehmen auszulagern. Meine Erfahrung hierzu war weniger erfolgreich, da verschiedene Länder nun einmal verschiedene Gesetzgebungen bzw. Regelungen (z. B. Kollektivverträge, Arbeitszeitgesetz, Betriebsvereinbarungen etc.) haben. Somit fällt es schwer, mit der nicht landesspezifischen Erfahrung mehrere verschiedene Länder erfolgreich abzurechnen. Mittlerweile wurden viele der Schnittstellen neu aufgesetzt. Es gibt für Europa ein Shared Service Center (SSC), wo zahlreiche einfache administrative Eingaben in die Systeme (vor)bearbeitet werden. Dieses SSC wurde jedoch Teil des gesamten Konzerns, und somit sind alle Mitarbeiter im gleichen Unternehmen tätig. Dadurch herrscht eine stärkere Identifizierung mit der Unternehmensstrategie und den Aufgaben im Konzern. Die Lohnverrechner bzw. die Fachexperten sind in den jeweiligen Ländern stationiert oder bei kleinen Standorten bei lokalen Lohnverrechnungs-Providern.

Als ich Jahre später komplett neu in einem anderen amerikanischen Konzern vor der Entscheidung zum Auslagern der Payroll stand, hatte ich immerhin einige Erfahrungen, was gut läuft, wo Risiken sind und welchen Weg man auf keinen Fall einschlagen sollte. Heute bin ich der Meinung, dass jeder einzelne Fall zwar genau geprüft und berechnet werden sollte – es jedoch oftmals sinnvoll ist, diesen Schritt zur Auslagerung zu machen. Damit es funktioniert, sind einige Überlegungen vorab natürlich eine Grundlage für die richtige Planung:
Welche Prozesse sollen ausgelagert werden?
Sind es mehrere Schritte zugleich, so ist es eher zu empfehlen, einen Schritt nach dem anderen zu machen, bevor es zu viel wird.
Wenn man alles auf einmal auslagert und die lokale HR-Abteilung nur noch im System erkennt, ist es wahrlich kritisch.
Rechnet sich die Auslagerung, möchte man die Payroll als Kernaufgabe bei sich behalten?
Abrechnungs-, Systembetreuungs- und Personalkosten lassen sich leicht gegenüberstellen.
Wo siedelt man das Kompetenzzentrum an bzw. wo sucht man sich den externen Lohnverrechnungsanbieter?
Bei der Lohnverrechnung ist sicherzustellen, dass das Wissen von lokalen Gesetzgebungen und Praktiken (Arbeitsrecht ist natürlich auch hilfreich) vorhanden ist. Dafür hilft das Einholen von Referenzen, diese werden ohnehin gerne von Anbietern angegeben.
Um das kritische Thema der Fluktuation der direkten Ansprechperson sollte man sich vorab annehmen. Es ist wichtig zu verstehen, wie das Unternehmen eine kurzfristige Übergabe sicherstellen kann.
Im Vertrag mit dem Anbieter ist zusätzlich zu den auf der Hand liegenden üblichen Abrechnungsprozessen (z. B. Pfändungen, WGKK Schnittstelle etc.) auch zu berücksichtigen, dass die Unterstützung bei einer GPLA-Prüfung inkludiert ist.
In Zeiten der neuen Datenschutzverordnung ist es nicht notwendig, dieses Thema explizit hervorzuheben bzw. zu lange zu strapazieren. Vollmachten und entsprechende Verschlüsselungen sind selbstverständlich. Auch die gesicherten Zugriffe auf die internen Systeme sind problemlos zu gewährleisten.
Auch wenn der Vertrag gerade erst am Entstehen ist, so sollte auch bereits an ein mögliches Beenden der Zusammenarbeit in Zukunft gedacht werden. Typische Fragen sind: »Wem gehören die Daten?«, dazu gehört auch »Wie bekommt man die gesamte Historie?« und »Wie kommen die Daten ggf. zu einem Nachfolge-Unternehmen«?
Die Pflege des jeweiligen Abrechnungssystems (SAP, DPW etc.) ist zu definieren. Viele Anbieter garantieren eine korrekte Abrechnung nur in Kombination mit der dazugehörigen Pflege. In solchen Fällen sollte man vorab eine Kostenaufstellung von immer wieder auftretenden Anpassungen machen. Was kostet eine neue Lohnart, eine gesetzlich notwendige Anpassung, Kollektivvertragserhöhungen programmieren etc.?

Ein Konzern, mit mehreren Niederlassungen in einem Land, steht sicherlich schneller vor der Entscheidung, die Lohnverrechnung von einer zentralen Stelle aus für alle anderen zu regeln. Hier sind viele der oben erwähnten Erkenntnisse und Eckpunkte automatisch zum Vorteil des Unternehmens geklärt. Auch die Zugehörigkeit als Mitarbeiter macht hier einen zusätzlichen positiven Beitrag. Aber die Erfahrung zeigt, dass ein Bündeln des Fachwissens und klare einheitliche Vorgehensweisen hier definitiv einen Vorteil bieten.

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Schlosser

Gastautorin
Barbara Schlosser
ist Personaldirektorin bei der Opel Wien GmbH sowie Vize-­Präsidentin des Forums Personal des ÖPWZ.
www.opel.com
www.opwz.com/forum-personal