Personalcontrolling: Noch viel Potenzial

Über den Status quo des Personalcontrollings sowie über die Möglichkeiten der -praktischen Umsetzung in Unternehmen referierten Experten am HR-Controlling-Circle. 

Mitte Juni folgten rund 70 Teilnehmer der Einladung des Controller Instituts in das Parkhotel Schönbrunn zum HR-Controlling-Circle. Das Institut bietet mit dieser Veranstaltungsreihe Personalern, Controllern und anderen interessierten Personen die Möglichkeit der Inspiration und des Meinungsaustauschs. Stets wird ein umfangreiches Programm geboten, um die Zuhörer einerseits mit wissenschaftlich fundierten Hintergrundinformationen zu versorgen und andererseits um Beispiele der Umsetzung in großen Unternehmen darzustellen.

Nach einleitenden Worten des Moderators Clemens Nachbauer (Senior Programm-Manager Controller Institut) hält Silke Wickel-Kirsch (Professorin für Personalwirtschaft & Organisation an der Hochschule RheinMain Wiesbaden) die Eröffnungskeynote: Sie präsentiert eine Studie, deren Ergebnisse für die Teilnehmer überraschend sind. Denn die anwesenden Personen sind dem Thema zugewandt und haben den Mehrwert erkannt, den ein professionelles Personalcontrolling leis-tet. Dieses Potenzial wird aber laut Studie von vielen Unternehmen noch nicht erkannt.

In der Studie wurden Unternehmen unterschiedlicher Branche in der DACH-Region befragt. Zu Beginn wurde eruiert, ob die Unternehmen eine eigene Organisationseinheit für Personalcontrolling haben. Das konnten allerdings nur 23,3 % bejahen. Überraschend ist die Entwicklung der letzten Jahre: So ist interessanter Weise ein rückläufiger Trend erkennbar. 2012 waren es noch 31 % und 2006 sogar 45 % mit einer eigenen Personalcontrolling-Einheit. Bei den 23,3 % der Unternehmen, die Platz für Personalcontrolling haben, ist es organisatorisch meistens im HR oder im Controlling angesiedelt. Dennoch ist es auch dort für HR eine Randdisziplin. Nur rund 3 % der HR-Kapazitäten werden für das Personalcontrolling eingesetzt.

Bei der Frage, ob die Unternehmen in Zukunft mehr in diesem Bereich investieren wollen, sind die Antworten optimistisch. 60 % der befragten Unternehmen wollen mehr Auswertungen und Kennzahlen erstellen und so ein professionelleres Personalcontrolling aufbauen.

Wickel-Kirsch: »Ein Punkt kam in der Studie ganz klar heraus: In den Unternehmen wird HR-Controlling oft als Zusatzaufwand gesehen, und noch nicht als Chance, einen Wertbeitrag für das Unternehmen zu leisten.«

Die häufigsten Kennzahlen, die von Unternehmen erfasst werden: Anzahl Mitarbeiter als FTE (Vollzeitäquivalent), Krankenquote, Durchschnittsalter, Fluktuationsquote, durchschnittliche Betriebszugehörigkeit, Quote an Frauen und an weiblichen Führungskräften.

Ein prozessorientiertes Personalcontrolling (also ein Controlling der HR-Abteilung im weitesten Sinne) ist noch seltener. Nur 17,6 % der Unternehmen überprüfen die Effizienz der eigenen Personalabteilung. Die wichtigsten Kennzahlen hier sind: Dauer einer Stellenbesetzung, Einstellungsquote und Probezeitkündigungsquote.

Als Fazit fasst Wickel-Kirsch zusammen: »HR-Controlling ist derzeit noch ein Reportingtool zum Erfassen des Ist-Zustandes. Als Quelle für strategische Entscheidungen steckt es noch in den Kinderschuhen.«

Im nächsten Vortrag gibt Nicole Seidl (Leiterin HR-Controlling der Bay-Wa AG) Einblicke in das HR-Dashboard und wie damit erfolgreiche Personalsteuerung gelingt. Die BayWa AG ist im Bereich Handel und Dienstleistung in den Bereichen Agrar, Energie und Bau tätig, hat 17 000 Mitarbeiter in 3 000 Standorten, verteilt auf 30 Länder.

Nach kurzer Unternehmensvorstellung zeigt Nicole Seidl ganz konkret, wie das HR-Dashboard als Instrument zur kennzahlenbasierten Mitarbeiterführung eingesetzt wird und wer auf welche Auswertungen Zugriff hat. Viele der Teilnehmer – das stellt sich in späteren Gesprächen heraus – wünschen sich so ein Tool in ihrem Unternehmen. Die Personalverantwortlichen könnten damit Entscheidungen effizienter und somit einfacher treffen und auch dem Vorstand besser erklären.

Nach einer kurzen Netzwerkpause folgt der nächste Praxisvortrag von Carsten Bertling (Corporate Director HR Processes & Systems, Analytics & Organizational Management, Henkel AG). Henkel hat weltweit rund 50 000 Mitarbeiter. Im Vortrag spricht Bertling vor allem über die Herausforderung für das HR-Management bei dem internationalen Konzern und über ein Projekt mit dem Ziel, verlässliche Personaldaten zu erstellen und die Transparenz sicherzustellen. Besonders viel Wert wurde auf das Thema Datensicherheit gelegt. Dazu bringt er ein schönes Beispiel. Bertling: »Früher war bei uns Datensicherheit bildlich gesprochen ein Türsteher in einem Club, der gesagt hat: ›Hier kommst du nicht rein.‹ Jetzt ist es eher ein Türsteher der sagt: ›Komm doch bitte rein, folgende Räume sind für dich heute geöffnet.‹ So wird gefördert, dass die einzelnen Abteilungen sich auch die Informationen holen, die sie brauchen, aber nicht jeder hat auf alles Zugriff.«

Im nächsten Praxisbeispiel referieren Stefan Holly (selbstständiger Berater, vormals Leiter Controlling Merkur Warenhandels AG) und Johannes Gärtner (Geschäftsführer der XIMES GmbH) über ein Fallbeispiel, das Arbeitszeit- und Personalbedarfscontrolling am Beispiel der Merkur Warenhandels AG beschreibt.

Eine der Haupterkenntnisse während des Projekts war die Tatsache, dass Menschen aus der Geschichte lernen und nicht aus der Statistik. Die Ergebnisse und Auswertungen müssen daher einfach interpretierbar und 100 % nachvollziehbar sein. Ein sehr interessanter Vortrag, der klar aufzeigt, was durch professionelles HR-Controlling möglich ist.

Den letzten Vortrag des Tages halten Imke Libuda (Teamleiterin Personalbetreuung bei hanseWasser Bremen GmbH) und Christian Vetter (Managing Director, HRForecast). Die Problemstellung bei hanseWasser ist eine Überalterung der Mitarbeiter: 55 % sind über 50 Jahre alt. Gleichzeitig hat sich der Arbeitsmarkt gewandelt, was dazu führt, dass Fach- und Schlüsselkräfte am Markt schwer zu finden sind. Im Zuge eines Projekts zum strategischen Personalcontrolling wurden eine umfangreiche Analyse der Unternehmenssituation durchgeführt und eine weitreichende Personalstrategie erarbeitet. Das Unternehmen hat nun ein Instrumentarium der Personalsteuerung, um auch für mittel- und langfristige Entwicklungen vorbereitet zu sein.

Zum Abschluss lädt Clemens Nachbauer nochmals alle Referenten des Tages aufs Podium, um dem Publikum die Möglichkeiten zur Fragestellung zu geben.

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