Personalentwicklung in der Praxis

Personalentwicklung bei der Erste Bank: Von Coaching bis Virtual Reality

Unter der Leitung von David Gezzele hat die Erste Bank in Österreich ihr Portfolio im Bereich Personalentwicklung stark ausgebaut und modernisiert. Im Interview spricht der Head of Learning & Development über Herausforderungen, Erfolge und Rückschläge.

Mit dem Ausbau von Personalentwicklungsmaßnahmen sind erst einmal hohe Investitionen verbunden. Zahlt sich das langfristig aus?

Ein klares Ja. Natürlich heißt Personalentwicklung erst einmal auch Einsatz von Ressourcen, Zeit und finanziellen Mitteln. Aber letztendlich ist der Kompetenzaufbau unter den Mitarbeitern essenziell für den langfristigen Unternehmenserfolg. Unsere Branche verändert sich massiv. Die digitale Transformation führt dazu, dass auch im Bankensektor das gesamte Geschäftsmodell auf dem Prüfstand steht. Unser Anspruch ist es, Geschäftsmodelle zukunftsfit zu gestalten, bestehende Prozesse immer wieder zu hinterfragen. Dazu braucht es wachsende, wenn nicht gar neue Kompetenzen. Und ganz nebenbei: Der Arbeitsmarkt dankt es Ihnen. Junge Nachwuchskräfte kommen vor allem auch deswegen zu uns, weil sie bei uns großes Weiterentwicklungspotenzial sehen.

Wie sieht Ihr Weiterentwicklungsangebot aus?

Unsere Bandbreite reicht von Webinaren, über Virtual-Reality-Trainings bis hin zum Coaching unserer Führungskräfte. Über verschiedenste Methoden bieten wir unseren Mitarbeitern Lern- und Wissensimpulse zu strategischen Themen an, die den Bankalltag bewegen. Mit Erfolg. Die Nachfrage ist groß. Aber das war nicht von heute auf morgen zu bewerkstelligen. Es war ein Prozess – mit Erfolgserlebnissen, aber auch Rückschlägen.

Haben Sie dafür ein Beispiel?

Vor zwei Jahren war die Geburtsstunde unseres cBooks, einem Online-Format mit vielseitigen Gestaltungs- und Integrationsmöglichkeiten. Mit diesem Tool sollten Learning-Angebote für Führungskräfte gebündelt werden. Wir waren auf einem guten Weg, stießen aber schon bald an Grenzen. Die Komplexität der Usability haben wir schlicht und ergreifend unterschätzt. Über mehrere Monate produzierten wir spannende Episoden mit Wissensimpulsen, um letztlich festzustellen: Die Nutzerzahlen entwickeln sich rückläufig. Aufwand und Zielerreichung standen nicht im Einklang. Inzwischen haben wir dieses Medium weiterentwickelt. Als Impulsgeber begonnen, ist es heute ein fixer Bestandteil im Lernen agiler Methoden bzw. Begleiter für alle Neueintritte.

Also gab es auch anfängliche Probleme?

Durchaus. In Zeiten zunehmender Informationsflut nehmen sich Mitarbeiter immer weniger Zeit für die Weiterbildung. Sie warten nicht unbedingt darauf, dass die Personalentwicklung wieder ein schönes Format anbietet. Das beste Angebot ist nutzlos, wenn die User-Experience nicht passt. Und die ist mittlerweile eine wahre Herausforderung.

Was war Ihre Lösung?

Wir haben Angebote geschaffen, die zeitlich flexibel, »on demand« und einfach zugänglich sind. Ein Erfolgsprodukt sind beispielsweise unsere Webinare mit Impulsvorträgen von externen Speakern. Allesamt inhouse produziert. Mitarbeiter und Führungskräfte schätzen dieses kompakte Lernsetting am Arbeitsplatz und die Flexibilität, dieses auch responsiv unterwegs zu nutzen. Von anfänglich rund 40 Teilnehmern erreichen wir heute an die 200 Mitarbeiter. 200 Menschen, die einen Impuls erhalten und sich mit etwas auseinandersetzen, das vorher gar nicht auf ihrem Radar war.

Webinare geben ein Thema vor. Heutzutage sind die Herausforderungen für Führungskräfte aber meist vielschichtig. Wie gehen Sie damit um?

Tatsächlich sind Führungskräfte heutzutage mit vielen neuen Herausforderungen konfrontiert. Mitarbeiter begegnen ihnen mit einem neuen Selbstverständnis. Transformationsprozesse müssen gemanagt werden. Kurzum: Führungskräfte müssen neue Kompetenzen mitbringen. Wir unterstützen sie dabei. Bereits seit mehreren Jahren setzen wir auf gezieltes Coaching. Die Bedürfnisse dabei sind höchst unterschiedlich. Einige unserer Manager möchten eine berufliche Krise meistern, andere möchten sich für einen Rollenwechsel fit machen und wieder andere arbeiten an ihrer Teamführungskompetenz. Die Nachfrage ist stark gewachsen.

Wie gelingt Ihnen die Auswahl guter Coaches?

Auch das war für uns ein Learning. Ein gut funktionierender Coaching-Prozess verlangt nach vielen Ressourcen und enormem Zeitaufwand. Eine Flut an Excel-Listen, Rechnungen, denen man nachläuft und Unklarheit, wer wann sein Coaching begonnen oder abgeschlossen hat. Auch die Recherche nach einem Coach, der zur jeweiligen Führungskraft passt, gestaltete sich schwierig und oft intransparent. Aufgrund der manuellen und nicht standardisierten Prozesse waren unsere Learning & Development-Experten stark eingebunden. Für uns war klar: Der bestehende Prozess war aufwändig, umständlich und nicht endend. Wir brauchten eine neue Lösung. Also haben wir den Coaching-Prozess ausgelagert und in externe Hände gelegt.

Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?

Unsere Erfahrungen waren durchwegs positiv – dank der Professionalität unseres Partners Haufe Advisory (vormals KLAITON Advisory). Während wir früher keine übergreifenden Standards für unsere verschiedenen Häuser hatten, können wir heute Bewertungen, Honorare oder den Prozessstatus transparent nachvollziehen. Alle Informationen sind in einem Dashboard ersichtlich. Auch die Auswahl des Coaches gestaltet sich wesentlich einfacher. Ich starte meine Anfrage und bekomme in ein paar Klicks die passenden Vorschläge. Und zwar für einen Coach, der nicht nur fachlich zu meinem Bedürfnis passt, sondern von seiner Herangehensweise auch zu meiner Persönlichkeit. Das alles auf einem hohen Qualitätsniveau.

Welche Vorteile sehen Sie in der Digitalisierung des Coaching-Prozesses?

Coaching ist eine wirkungsvolle Methode. Bei einem hohen Volumen braucht es jedoch einen stringenten Prozess und einfache Funktionalität. Von den Coach-Profilen bis hin zur Abrechnung – alle Informationen sind in einem System gebündelt. So hat man jederzeit Einblick und kann daraus Rückschlüsse generieren. Beispielsweise lässt sich erkennen, was die häufigsten Anlässe für ein Coaching sind. Allen voran unsere HR-Businesspartner waren begeistert, da es nie einfacher war, ihren Führungskräften ein Coaching zu empfehlen. Und unsere Führungskräfte ihrerseits lieben den einfachen, online-gestützten Auswahlprozess.

Was sind Ihre jüngsten Projekte?

Unser jüngstes Baby ist Virtual Reality. Mit diesem Testballon wollten wir immersives Lernen fördern. Gerade im Sicherheitsbereich gibt es hierzu eine Vielzahl möglicher Szenarien. Dieses neue Erlebnisformat reizt natürlich viele Mitarbeiter, mal reinzuschauen und erhöht mit dem Spaßfaktor auch gleichzeitig den Lernerfolg. Aber natürlich gilt auch hier: Format folgt Inhalt. Nur weil VR gerade einen Hype erfährt, eignet es sich nicht für alle Themen.

Vielen Dank für das Gespräch!

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GEZZELE

David Gezzele
leitet seit 2016 die Personalentwicklung der Erste Bank Österreich sowie Erste Group Bank und ist mit seinem Team für mehr als 6 000 interne Kunden und deren Development verantwortlich.
www.erstebank.at