Personalplanung als Erfolgsfaktor

Unternehmen sollten beim Faktor Personal eine längerfristige Perspektive verfolgen

Personal ist der Schlüssel zum Unternehmenserfolg, daran besteht kein Zweifel mehr. Doch inwiefern ist diese Erkenntnis in den Planungen angekommen?

Silke Wickel-Kirsch (Hochschule RheinMain) führte 2017 eine Studie zum Thema Personalplanung durch. Im Interview erklärt sie den Status quo der Personalplanung, warum Personalcontrolling insgesamt so wertvoll für die Unternehmenssteuerung ist, welche Potentiale die Digitalisierung gerade im Personalbereich bietet und wie der Faktor Personal stets im Spannungsfeld von Strategie und Kostendruck steht.

TRAiNiNG: Personalplanung zählt zu den Kernaufgaben des Personalcontrollings. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Aspekte, die Unternehmen beachten sollen, wenn sie ihre Personalplanung optimieren wollen?

Wickel-Kirsch: Zunächst ist es wichtig, den Prozess korrekt aufzusetzen. Eine klare Verantwortlichkeit für den Prozess – am besten im Personalcontrolling – muss definiert werden. Im zweiten Schritt ist es wichtig, die Rollen im Prozess zu klären. Hier geht es insbesondere darum, dass die Prozessbeteiligten festgelegt werden sowie deren Zuständigkeiten und Beiträge zur Personalplanung. Eine erfolgreiche Personalplanung ist nur möglich, wenn das Zusammenspiel aus Führungskräften im Fachbereich, Personalreferenten und dem Prozessverantwortlichen funktioniert.

Personalplanung steht im Spannungsfeld von Unternehmensstrategie und Kostendruck. Welche Faktoren sind für dieses Spannungsfeld verantwortlich?

Kostendruck und insbesondere Personalkostendruck ist immer wieder ein Thema, das auch nicht final gelöst werden kann. Es wird immer eine Rolle in der Personalplanung spielen. Im Rahmen der Personalplanung sind zwei Ausprägungen des Kostendrucks relevant. Die erste ist die Frage zu welchen Kosten Arbeitskräfte zu bekommen sind. Hier spielen Verfügbarkeit von Arbeitskräften bzw. Knappheit und Qualifikationsniveaus eine wichtige Rolle. Als Kosteneinflussfaktoren sind aber auch Tarifsteigerungen sowie Kosten der gesetzlichen Sicherungssysteme zu nennen. Diese Kosten zu prognostizieren ist ein wesentlicher Bestandteil einer mit der Unternehmensstrategie abgestimmten Personalplanung. Zusätzlich ist die Frage nach Reduktion von Personalkapazitäten interessant durch Ansätze wie Industrie 4.0, Digitalisierung oder Verlagerung von Tätigkeiten an andere Unternehmen.

Die zweite Frage ist die nach den anzuwendenden Methoden der Personalplanung insbesondere bei Ableitung oder Anpassung an die Unternehmensstrategie, was langfristige Personalplanungsmethoden erfordert. Die langfristigen Personalplanungsmethoden in der Praxis sind insbesondere Szenarioverfahren, die einen finanziellen Aufwand bedeuten und damit einen Kostenfaktor darstellen. Die Kosten entstehen entweder in Form von EDV-Ausgaben oder in Form von Personalkosten zur Szenarioentwicklung. Allerdings schätzen Unternehmen, die diese Methoden im Einsatz haben, das Kosten-Nutzen-Verhältnis positiv ein.

 

Sie haben soeben eine Studie zum Status quo der Personalplanung in Deutschland und Österreich durchgeführt. Was waren aus Ihrer Sicht die interessantesten Ergebnisse?

Nach wie vor wird Personalplanung primär als operative, kurzfristige und quantitative Personalplanung verstanden. Die qualitativen Aspekte und die langfristige Sichtweise, die beide einen Mehrwert der Personalabteilung bzw. der Personalplanungsexperten darstellen können, werden noch zu wenig durchführt.

Immer noch wird die qualitative Personalplanung vernachlässigt. Wie auch die quantitative Personalplanung wird die qualitative Personalplanung bei 69 Prozent der betreffenden Unternehmen typischerweise einmal pro Jahr durchgeführt. In mehr als der Hälfte der Fälle beträgt der Zeithorizont hierbei ein Jahr, was für eine qualitative Personalplanung eindeutig zu kurz ist. Gerade hier müsste eine langfristige Sichtweise verfolgt werden. Bei der Frage nach der Unterstützung der qualitativen Personalplanung antworteten 58 Prozent, dass sie Kompetenz- oder Skillprofile einsetzen. Dies ist eine sehr positive Entwicklung, da der Verbreitungsgrad von Kompetenz- bzw. Skillprofilen seit der letzten Befragung 2009 deutlich angestiegen ist.

Immer noch führen nur 35 Prozent der Unternehmen auch eine strategische Personalplanung über die nächsten fünf Jahre hinaus durch. Großer Nachholbedarf wird insbesondere im Rahmen der strategischen Personalplanung beim Trendthema HR-Analytics und Business Intelligence für HR gesehen.

Ein Ergebnis zeigt, dass Unternehmen zum Großteil die Personalbedarfsplanung nur einmal jährlich durchführt. Warum ist dieses Ergebnis kritisch? Was würden Sie stattdessen empfehlen?

Das Ergebnis ist insofern kritisch zu sehen, als nicht die Häufigkeit „einmal pro Jahr“ hier auf dem Prüfstand steht, sondern das Fehlen der Planung „über ein Jahr hinaus“. Hier sollten die Unternehmen eine zusätzliche längerfristige Perspektive einnehmen und über das nächste Jahr hinaus schauen, weil viele personalwirtschaftliche Fragen nicht binnen Jahresfrist zu lösen sind. Bestenfalls kann in einem Jahr Stückwerk betrieben werden.

Allerdings soll positiv erwähnt werden, dass der Verbreitungsgrad der operativen Personalplanung, die einmal pro Jahr durchgeführt wird, mit 78 Prozent bei den Unternehmen sehr hoch ist. Allerdings wird bei 91 Prozent dieser Unternehmen nach wie vor hauptsächlich die Mitarbeiteranzahl geplant. Mit 86 Prozent stehen die Personalkosten auf Platz zwei. Die Qualifikationsplanung dagegen schafft es nur auf Platz vier hinter die Personalmaßnahmenplanungen. Offenbar besteht in der Praxis immer noch eine Fokussierung auf quantitative Themen.

 

Stichwort Digitalisierung: Gerade im Bereich HR wird verstärkt auf moderne Systeme gesetzt. Beispielsweise IBM Watson setzt stark auf den HR-Bereich. Sind diese Tendenzen in der Praxis bereits angekommen?

Wie oben bereits erwähnt, besteht großer Nachholbedarf beim Trendthema HR-Analytics und Business Intelligence für HR gesehen. Hier hat lediglich ein Unternehmen angegeben, entsprechende Verfahren anzuwenden und diese auch konkret benannt.

Generell ist es so, dass bei EDV Nachholbedarf besteht. Mehr als die Hälfte, nämlich 51 Prozent der Unternehmen, die grundsätzlich angegeben haben, Personalplanung zu betreiben, setzen gar keine Software zur Unterstützung der Personalplanung ein. Die häufigste Software ist nach wie vor Excel mit 55 Prozent der Nennungen bei denjenigen Unternehmen. 41 Prozent der Unternehmen setzen SAP in der operativen Personalplanung ein. In der strategischen Personalplanung wird Softwareunterstützung bei 57 Prozent der Unternehmen genutzt. Systeme wie IBM Waston wurden nicht genannt bzw. finden derzeit in der Praxis offenbar noch keine Anwendung.

Haben Sie ein paar Tipps für Unternehmen, die insgesamt ihr Personalcontrolling professionalisieren möchten?

Modernes Personalcontrolling hat in erster Linie eine Steuerungsfunktion und erst in zweiter Linie eine Überwachungs- bzw. Kontrollfunktion. Es darf keine Reduktion auf bloßes Reporting erfolgen bzw. das Personalcontrolling muss seine Steuerungsrolle auch einfordern. Hierzu gehört auch, dass Personalcontrolling Strukturen und Prozesse der Personalorganisation und personalwirtschaftliche Themen auf ihre Effizienz und Effektivität hin untersuchen.

Die Personalabteilung ist typischerweise ein „Cost Center“, das seinen „Wertschöpfungsbeitrag zum Gesamterfolgt des Unternehmens“ immer wieder nachweisen bzw. begründen muss. Hierbei kann Personalcontrolling einen wertvollen Beitrag leisten, um die Wertschöpfung durch Personal nachzuweisen. Wenn der Nachweis erbracht werden kann, dass die Leistungen der Mitarbeiter eines Unternehmens durch effiziente und erfolgreiche Instrumente und Programme der Personalorganisation zum Beispiel über dem Branchenschnitt liegen, dann können auch Wertbeiträge nachgewiesen werden. Personalcontrolling sollte sich an HR Analytics (Big Data) heranwagen. Wer, wenn nicht die Personalcontroller können mit Zahlen umgehen. Daten sind in diesem Jahrtausend das neue große Thema – auch für das Personalcontrolling. Hier sollte das Personalcontrolling rechtzeitig das Thema besetzen.

Danke für das Interview.

Die Studie Personalplanung 2017 erschien im August 2017 im Haufe Verlag.

 

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wickel-kirsch

Silke Wickel-Kirsch

(Hochschule RheinMain)

 

Sie interessieren sich für eine fundierte Ausbildung zum Personalcontroller? Am Controller Institut startet im September 2017 wieder der  Lehrgang Personalcontrolling mit Lehrgangsleiterin Silke Wickel-Kirsch.

Informationen und Termine zum Lehrgang finden Sie hier!