Nicht alles, was Trainer erleben, macht Freude. TRAiNiNG hat einige Trainer und Speaker nach skurrilen und auch unangenehmen Situationen ihres Alltags befragt.
Was war die skurrilste Situation in Ihrer Trainerkarriere im Zusammenhang mit Teilnehmern?
Sabine Prohaska: Es war ein Seminar zum Thema Gesprächsführung und wir hatten eine Praxissequenz mit Videoaufnahme. Da wir eine flexible Kamera brauchten, bat ich einen männlichen Teilnehmer, die Kamera zu bedienen. Eine weibliche Teilnehmerin wollte sich in der Gesprächsführung üben und sollte deshalb bei diesem Rollenspiel gefilmt werden. Sie war eine sehr attraktive Frau, die ihre Figur mit einem tief ausgeschnittenen T-Shirt betonte. Die Übung lief gut, bis wir zur Videoanalyse kamen. Es erwartete uns nämlich eine große Überraschung – das Interview war klar und deutlich zu hören, aber mit dem Bild hatten wir nicht gerechnet. Denn auf dem Video war nichts als ein einladendes Dekolleté zu sehen, es lachten uns sozusagen zwei Brüste entgegen. Unser »Kameramann« lief rot wie eine Tomate an und der Rest der Gruppe schmiss sich weg vor Lachen. Zugegebenermaßen fiel es auch mir sehr schwer, sofort darauf zu reagieren, da die Situation einfach zu komisch war. Die Betroffene nahm die Situation jedenfalls mit Humor.
Was war die skurrilste Situation in Ihrer Trainerkarriere im Zusammenhang mit einem Auftraggeber?
Sabine Prohaska: Ich wurde für die Moderation einer Gruppe von Führungskräften engagiert, mit dem Ziel, Inhalte für einen Managementlehrgang zu definieren. Ich dachte mir, ›coole Sache‹ und ging davon aus, dass alle total motiviert sein würden. Sie bekamen ja ein Budget für die eigene Weiterbildung und durften die Themen auch gemeinsam festlegen. Dieser Tag mit mir als Trainerin sollte der Kick-off der Managementausbildung sein, deshalb war auch jemand aus der Geschäftsführung und Personalentwicklung vor Ort, um die einführenden Worte zu gestalten. So weit so gut und auch nicht auffällig. Als ich dann vor Ort war, war die Stimmung jedoch sehr eigenartig. Das einzige was hier »cool« war, war die Atmosphäre, richtig eisig sogar. Und dann ging alles sehr schnell. Die Vertreter der Organisation redeten vielleicht 3 Minuten. Meinten dann »und nun übergeben wir sie der Psychologin Frau Prohaska«, sprangen auf und verschwanden eilig. Ich stand unerwartet bald alleine in der Gruppe und dachte beim Blick in die Gesichter (das erste und einzige Mal in 20 Jahren Training): Jetzt lynchen sie mich gleich. Soviel Feindseligkeit noch bevor ich einen Satz sagen konnte, hatte ich noch nie erlebt. Bevor ich mich noch erfangen hatte, sprang schon ein Teilnehmer auf und meinte: »Von euch hier kann ich sowieso nichts lernen, ich gehe!« – und verschwand. Und in diesem Ton ging es weiter bis zur nächsten Pause. Als ich in der Pause mein Handy aktivierte, hatte ich schon einen Anruf der Personalentwicklerin, die mich fragte, wie es mir denn so ginge und ob noch alle Teilnehmer anwesend seien. Und da wusste ich, dass ich als Prellbock herhalten sollte. Dieser Tag war Trainings-Schwerarbeit, aber er hatte dann doch (mit den noch verbliebenen Teilnehmern) einen guten und produktiven Ausgang.
Anke van Beekhuis: Ein Kunde wollte meine Expertise im Bereich Gender-Balance kombiniert mit OE-Beratung haben. Der Kunde – ein Großkonzern mit 90 % Männeranteil in Führungspositionen – hatte noch keine Maßnahmen im Gender-Balance-Bereich umgesetzt. Der Vorstand wollte deshalb mehr Frauen in Führungspositionen bringen. Das Erstgespräch verlief ungefähr so:
HR-Manager des Kunden – 55 Jahre, Trachtenanzug, Kärntner, verheiratet und Kinder – provokativ: »Wie ist Ihr Lebenslauf?« Ich erzähle meinen beruflichen Werdegang, den er auch vorab schon bekommen hatte. Er: »Karrieregeil sind sie schon. Oder?« Ich: »Wenn sie das so sehen wollen. Ich wollte immer meine Ziele erreichen und ja, Karriere ist mir wichtig. Wäre auch komisch, wenn ich Frauen in Führungspositionen unterstütze, ich selbst es aber nicht so wichtig nehme.« Er: »Und die Familie bleibt da auf der Strecke. Verheiratet?« Ich: »Nein. Ja, falls die Frage auch noch kommt – ich habe eine Tochter.« Er: »Wie alt?« Ich: »5 Monate.« Er: »Und wo ist sie jetzt?« Ich: »Sie sitzt unten im Auto. Wissen Sie, sie beschäftigt sich schon ganz gut alleine und die Tiefgarage ist auch angenehm kühl trotz der Hitze.« Er grinst und wird dann wieder ernst: »Und was sagt da Ihr Mann dazu?« Ich: »Na irgendwie dürfte er meiner Vorgehensweise im Job zustimmen, sonst wäre er nicht mein Mann. Die Frage ist doch eher, was würden Sie sagen, wenn Ihre Frau auf meine Art Karriere gemacht hätte?« Er: »Okay.« Ich: »Wenn Sie in oberster Führungsebene schon so denken, dann frag’ ich mich, wie erst der Rest in Ihrem Unternehmen über Frauen in Führungspositionen denkt? Karrieregeile Emanzen mit weichen Männern zuhause und zurückgelassenen Kindern oder noch besser gar keine Kinder?« Ich bekam den Auftrag, und wir analysierten die Unternehmenskultur zum Thema Gender-Balance. Diese Analyse wurde zur Grundlage einiger Maßnahmen im Unternehmen.
Was war die komischste Situation in Ihrer Trainerkarriere im Zusammenhang mit einem Seminarhotel?
Anke van Beekhuis: Da habe ich mehrere Geschichten zu erzählen:
Wir kommen in der Seminarmittagspause zum Essen in einem sehr bekannten und teuren Seminarhotel. Die Servicekraft zeigt uns unseren Platz. Es ist Sommer und er pfercht uns in das letzte Eck eines nicht sehr schönen Raumes. Ich frage höflich, ob es möglich wäre, dass wir im Freien sitzen. Das Wetter ist nämlich schön und sonnig. Er: »Das ist nur für Kunden gedacht, die hier nur mittagessen.« Ich darauf, leicht verwundert: »Okay, wir essen nur zu Mittag.« Kellner: »Seminargruppen sitzen in diesem Raum, weil es einfacher für uns im Handling ist.« Mit dieser Aussage werde ich leicht ärgerlich und will das gerne mit seinem Vorgesetzten besprechen. Er: »Ist nicht da.« Ich: »Gut, wer ist zuständig?« Er: »Heute niemand.« Wir setzen uns also auf die zugewiesenen Plätze und bestellen Getränke.
Nach dem Essen bestellen einige Teilnehmer noch einen Kaffee. Ein paar von uns verpassen die Bestellung, weil der Herr stets nur sehr kurz bei uns ist. Darauf hin kommt es wiederum zu einer seltsamen Situation:
Ich: »Es würden gerne noch ein paar Gäste bestellen.« Man sieht ihm richtig an, dass er die weiteren Bestellungen nur widerwillig annimmt. Endgültig sicher waren wir uns, als er dann ganz nebenbei zu rund 20 Teilnehmern sagte: »WAR’S DAS JETZT ENDLICH?«
Und noch eine zweite Situation finde ich im Nachhinein sehr amüsant. Es geht wiederum um ein wirklich teures Hotel. Mein Kunde bestellt für mich eine Suite, die er sonst auch für ausländische Gäste bestellt. Zwei Räume in rosa bzw. hellblauem Plüsch. Jedes Geschoß einschließlich dem Eingangsbereich ist »plüschig und riecht nach Potpourri«. Ich betrete den Raum, darin ein Fernseher, den meine Großmutter noch hatte und ein Radio in der Wand. Dazu das Bad, ein Traum in Gold und Rosa. Als ich um 22.00 Uhr in die Dusche steige, kommt aus dem Duschkopf lediglich tröpfchenweise Wasser. Ich rufe an der Rezeption an und erzähle mein Problem. Nach anfänglicher Skepsis meint die Chefin, dass sie jemanden raufschicke. Nach 30 Minuten und dreimal Urgieren kommt ein – trotz winterlicher Temperaturen – sehr verschwitzter Herr mit ausgeprägter Alkoholfahne. Er, augenzwinkernd: »Sie brauchen Hilfe beim Duschen?« Ich, im Bademantel: »NEIN, nicht beim Duschen, sondern mit dem Duschkopf. Er: »Verstehe ich gar nicht.« Probiert und meint: »Funktioniert eh. Oder?« Ich: »Das ist aber nicht Ihr Ernst?« Er: »Schon. Wo soll ich um diese Uhrzeit einen Duschkopf herkriegen?« Ich: »Kleiner Tipp – aus einem leer stehenden Zimmer.« Er: »Sie sind aber eine Schlaue«. Ich: »Wenn Sie das meinen.« Um Mitternacht hatte ich einen gebrauchten aber funktionstüchtigen Duschkopf und, hätte ich gewollt, dann wohl auch noch mehr.
Auch Speaker erleben immer wieder die eine oder andere skurrile oder peinliche Situation. Manche Menschen versprechen sich bei einer Rede und ihre Welt bricht zusammen. Andere tappen charmant in ein Fettnäpfchen und Peinlichkeitsprofis stehen sogar mit beiden Füßen stolz in der Fritteuse.
Besonders peinlich ist es natürlich, wenn live auf der Bühne etwas Unerwartetes passiert.
Der Humorexperte Roman Szeliga erzählt eine amüsante Geschichte aus seinem Speaker-Leben: Es gibt diese Tage, wo man von einer großen Panne in die nächste noch größere stolpert. So ist es mir vor ca. 2 Jahren bei einem Vortrag vor der elitären Zielgruppe einer Schweizer Bank in Zürich geschehen. Das Szenario: feudaler Bankettsaal, 250 geladene Gäste an edel geschmückten Tischen, alle festlich gekleidet – ich selbst trug einen neuen, echt cool geschnitten italienischen Anzug in Anthrazit – ich halte die Dinner-Speech. Mein Vortrag beginnt ganz normal, alles läuft wie am Schnürchen. Ja, alles routiniert und professionell bis, ja bis zu jenem Zeitpunkt, wo ich für meine erste Interaktion ins Publikum gehe. Da die Bühne doch etwas höher ist als sonst und die seitliche Treppe durch diverse Blumenarrangements und Skulpturen verstellt ist, beschließe ich, graziös mit einem kleinen Sprung diese Bühne Richtung Publikum zu verlassen. Beim Absprung höre ich bereits dieses unangenehme, laute und gefühlt nie enden wollende »Ratsch«, das mich an das Reißen einer Achillessehne erinnert – und weiß in dem Augenblick, dass dies nichts Gutes zu bedeuten hat. Bei der Landung merke ich auch sofort, was passiert ist: Mein Gürtel war gerissen – mitten durch. Ich kann die 2 Teile in einem schnellen Überprüfungshandgriff am Rücken ertasten.
Da die Hose des Anzug eine kleine Spur im Bund zu weit ist, merke ich auch gleich, dass sie nicht lange in der dafür vorgesehenen Körperposition bleiben und nach unten rutschen wird. Ich erstarre also direkt an der Bühnenkante zur Salzsäure, lehne mich zur Stabilisation an die Bühne und reduziere meine Interaktion auf ein Minimum. Nun muss ich aber wieder auf die Bühne und bewege mich daher einem Krebs gleich, rückwärtsgehend zu meinem Auftrittsort. Ich wähle diesmal den scheinbar sicheren Treppenaufgang. Da ich jedoch mit einem langen Schritt über eine der Blumeninstallationen steigen muss, passiert hier Panne Nr. 2:
Die Hose reißt in der Naht im Schritt komplett vom unteren Ende des vorderen Reißverschlusses bis nach hinten zur Unterkante des Bundes. Ich bin ab diesem Moment nahezu bewegungsunfähig, da ich nicht den Ruf eines Exhibitionisten auf meiner Vita hinzufügen will.
Ich manövriere also meinen Körper trippelnd die wenigen Schritte zu meinem Stehtisch und verharre dort die restlichen 40 Minuten nahezu bewegungslos in dieser Position.
Wer meine Bühnenperformance kennt, weiß, dass ich viel Raum brauche, den ich an diesem Tag ganz freiwillig auf einen Quadratmeter beschränke. Das Positive daran: Niemand hat mein Schicksal bemerkt, der Kunde ist hochzufrieden, weiß aber nicht, warum ich darauf bestehe, das obligatorische Gruppenfoto mit CEO, Vorstand und Co auf der Bühne, genau bei meinem Stehtisch zu machen …
Beim nachfolgenden Dinner – ja, ich habe mich umgezogen – erzähle ich meiner Auftraggeberin, die ich schon lang und gut kenne, was mir da alles passiert ist. Wir haben ’s noch sehr lustig an diesem Abend …
Haben Sie schon lustige, skurrile oder peinliche Erlebnisse als Trainer erlebt, oder von Trainern miterlebt? Schreiben Sie uns an office@magazintraining.com!