Warum Unternehmen auf Potenzialanalysen setzen sollten, um zukünftige Schlüsselpositionen effektiv zu besetzen? Durch frühzeitige Identifikation und Förderung von High Potentials sichern sie den Erfolg Ihres Unternehmens.
In unserer heutigen Arbeitswelt sind Unternehmen mehr denn je auf die Leistungsfähigkeit und das Engagement ihrer Mitarbeiter angewiesen. Doch wie können Unternehmen sicherstellen, dass sie über die richtigen Talente verfügen, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein? Wie lassen sich (verborgene) Potenziale erkennen, Kompetenzen zielgerichtet ausbauen und Mitarbeiter langfristig an das Unternehmen binden? Eine mögliche Antwort auf diese Fragen liegt in dem strategischen Einsatz von Potenzialanalysen. Als wirksames Instrument der modernen Personalentwicklung ermöglichen sie es Unternehmen, ihre Belegschaft fit für die Herausforderungen von morgen zu machen. Doch was genau verbirgt sich hinter dem Begriff Potenzialanalyse und welchen Mehrwert bieten diese Tools für Unternehmen und Mitarbeiter?
Potenzialanalysen – ein Überblick
Potenzialanalysen sind diagnostische Verfahren, die darauf abzielen, das Leistungs- und Entwicklungspotenzial von Mitarbeitern zu erfassen und zu bewerten. Sie basieren auf einem multimethodalen Ansatz, der verschiedene wissenschaftlich fundierte Instrumente kombiniert. Dazu zählen in der Regel Persönlichkeitstests, kognitive Fähigkeitstests, Simulationen, Fallstudien und strukturierte Interviews. Durch diese ganzheitliche Betrachtung der Fähigkeiten, Motivation und Persönlichkeit eines Mitarbeiters lassen sich differenzierte Aussagen über dessen Stärken, Entwicklungsfelder und Potenziale treffen. Die gewonnenen Erkenntnisse dienen als Grundlage für eine zielgerichtete Personalentwicklung, die sowohl die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter als auch die strategischen Ziele des Unternehmens berücksichtigt. So bilden Potenzialanalysen die Basis für passgenaue Entwicklungspläne, die Mitarbeiter befähigen, ihr volles Potenzial zu entfalten und zum Unternehmenserfolg beizutragen.
Gerald Passath (Managing Partner, Coach und Berater bei KICK OFF) ist mit dem Begriff etwas vorsichtig: »Bei ›Potenzial‹ haben viele im Unternehmens- und HR-Kontext die Erfahrung gemacht, dass auf Defizite und Schwächen fokussiert wird. Zudem: Wer möchte sich schon von seinem Arbeitgeber ›analysieren‹ lassen?«
Die verschiedenen Generationen haben unterschiedliche Erwartungen an diese Tools, wie Gerald Passath weiter ausführt: »Insgesamt sind die verschiedenen Generationen offen für Potenzialanalysen, aber ihre Prioritäten und Erwartungen können variieren. Während die Gen Z den Fokus auf beruflichen Erfolg und finanzielle Sicherheit legt, suchen viele Millennials nach einem ausgewogenen Leben und sinnvoller Arbeit. Es ist wichtig, diese Unterschiede zu berücksichtigen, um effektive Potenzialanalysen in der heutigen Arbeitswelt durchzuführen.«
Nutzen und Anwendungsfälle für Unternehmen
Der Einsatz von Potenzialanalysen bietet Unternehmen einige Vorteile. An erster Stelle steht die frühzeitige Identifikation von High Potentials – jenen Mitarbeitern, die über das Potenzial verfügen, in Zukunft Schlüsselpositionen im Unternehmen zu übernehmen. Darüber hinaus ermöglichen Potenzialanalysen eine optimale Besetzung von Positionen. Indem Unternehmen ihre Mitarbeiter entsprechend ihrer individuellen Stärken und Potenziale einsetzen, steigern sie die Leistungsfähigkeit und Motivation ihrer Belegschaft. Nicht zuletzt tragen Potenzialanalysen zu einer positiven Unternehmenskultur bei. Sie signalisieren den Mitarbeitern, dass ihre Fähigkeiten geschätzt werden und das Unternehmen bereit ist, in ihre Entwicklung zu investieren.
Gerald Passath erzählt aus seiner Praxis: »Bei unseren Kundenanfragen stehen praktisch immer Weiterentwicklungsthemen im Fokus – z. B. im Rahmen von Unternehmens-, Kultur-, Team- und Leadership Development und als Eckpfeiler im Rahmen von Leadership- und Coaching-Programmen. Auch schwierige Situationen und Krisen – z.B. Fusionen oder Demergers oder in Familienbetrieben bei Übergabe an die nächste Generation können Auslöser für die Beauftragung sein, bei der wir uns dann in enger Abstimmung mit dem Kunden und intensiver Beratung für den Kunden – bei Bedarf und Sinnhaftigkeit – ein Tool zur Weiterentwicklung einsetzen. Aber – abgesehen von unseren speziellen Aufträgen – werden Potenzialanalysen auch für Personalauswahl und -entwicklung, sowie für strategische Unternehmensplanung eingesetzt.«
Laura Brunbauer (Business Partner bei LHH/OTM Karriereberatung) über die häufigsten Anwendungsfälle aus Ihrer Sicht: »Nachdem wir Menschen, Teams und Unternehmen dabei unterstützen, sich auf die Arbeitswelt von morgen vorzubereiten, handelt es sich meist um Veränderungsprozesse. Unsere Kunden kommen häufig mit dem Anliegen zu uns, ihre Organisationen durch Transformationen zu navigieren, sei es durch digitale Umstellungen, kulturelle Veränderungen oder Umstrukturierungen. Ein zentrales Werkzeug in diesem Prozess sind Potenzialanalysen. Diese Analysen ermöglichen es, die aktuellen Fähigkeiten und Entwicklungsbedarfe der Mitarbeiter zu identifizieren. Sie bieten einen klaren Ausgangspunkt und ermöglichen es, den Fortschritt über die Zeit durch regelmäßige Entwicklungs-Checkpoints zu überwachen und zu messen.«
Mehrwert für Mitarbeiter
Durch die differenzierte Auseinandersetzung mit den eigenen Stärken, Entwicklungsfeldern und Potenzialen gewinnen Mitarbeiter Erkenntnisse über sich selbst. Sie erhalten ein klareres Bild davon, wo ihre Talente liegen, in welchen Bereichen sie sich noch weiterentwickeln können und welche beruflichen Perspektiven sich daraus ergeben. Dieses Wissen stärkt das Selbstvertrauen, die Eigenverantwortung und die Motivation, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln. Gleichzeitig erleben Mitarbeiter durch Potenzialanalysen eine gezielte Förderung ihrer individuellen Fähigkeiten. Maßgeschneiderte Entwicklungspläne, die auf den Ergebnissen der Analyse basieren, eröffnen ihnen Möglichkeiten zur fachlichen und persönlichen Weiterentwicklung – sei es durch Trainings, Coaching, Projektarbeit oder neue Aufgabengebiete. Dadurch können Mitarbeiter ihre Kompetenzen ausbauen, ihre Employability erhöhen und ihre Karrierechancen innerhalb und außerhalb des Unternehmens verbessern.
Herausforderungen und Erfolgsfaktoren
So vielfältig die Vorteile von Potenzialanalysen sind, so gibt es doch auch Herausforderungen bei ihrer Implementierung und Umsetzung. Eine der größten liegt in der Schaffung von Akzeptanz und Vertrauen bei Führungskräften und Mitarbeitern. Nicht selten sind Vorbehalte gegenüber diagnostischen Verfahren vorhanden, sei es aus Angst vor Bewertung, Unsicherheit über die Verwendung der Ergebnisse oder Zweifel am Nutzen. Hier gilt es, durch transparente Kommunikation, Einbindung aller Beteiligten und Aufklärung über Ziele und Prozesse Ängste abzubauen und eine positive Einstellung zu fördern. Eine weitere Herausforderung besteht in der Integration der Potenzialanalysen in die gesamte Personalstrategie. Die gewonnenen Erkenntnisse müssen in konkrete Personalentwicklungsmaßnahmen übersetzt und mit anderen HR-Prozessen wie Nachfolgeplanung, Weiterbildung oder Performance Management verzahnt werden.
Die Rolle der Anbieter
Als Experten auf diesem Gebiet unterstützen verschiedene Anbieter Unternehmen bei der Auswahl, Implementierung und Anwendung passgenauer Instrumente. Dabei beschränkt sich ihre Rolle keineswegs auf die Bereitstellung der Tools – vielmehr agieren sie als strategische Partner, die ihre Kunden in allen Phasen des Prozesses begleiten. Durch regelmäßige Updates der Tools, kontinuierliche Evaluationen und Optimierungen stellen die Anbieter sicher, dass die Potenzialanalysen stets aktuellen wissenschaftlichen Standards entsprechen und mit den sich verändernden Anforderungen des Unternehmens Schritt halten.
Laura Brunbauer: »Wir setzen die Potenzialanalyse-Tools im Rahmen unserer Projekte oder Beratungen ein und unterstützen Unternehmen dabei, das passende Tool auszuwählen und den dazugehörigen Prozess zu gestalten. Der Implementierungsprozess beginnt mit einer Bedarfsanalyse, bei der wir die spezifischen Anforderungen und Ziele des Unternehmens ermitteln. Basierend auf diesen Erkenntnissen empfehlen wir das geeignete Tool und erstellen einen Plan für dessen Einsatz. Ein zentraler Grundsatz unserer Arbeit ist, dass Potenzialanalysen ausschließlich in Kombination mit einem Feedbackgespräch eingesetzt werden.«
Gerald Passath: »Wir setzen die Tools maßgeschneidert ein. In enger Abstimmung mit dem und intensiver Beratung für den Kunden. HR spielt in diesem Prozess eine wesentliche Rolle als Ansprechpartner, Experte und Prozessbegleiter. Mindestens so wichtig ist, dass vom Anfang an das Line Management als Verantwortungsträger und Entscheider seine Rolle aktiv einnimmt.«
Best Practice und Fallbeispiele
Wie vielfältig und erfolgreich Potenzialanalysen in der Praxis eingesetzt werden können, zeigen zahlreiche Best Practices und Fallbeispiele aus verschiedenen Branchen und Unternehmensgrößen.
Laura Brunbauer: »Besonders im Einsatz bei Outplacementberatungen ist die Reflexion mit der eigenen Persönlichkeit, wie auch des Kommunikationsstils von enormer Bedeutung. Da wir in jeder unserer Beratungen Potenzialanalysen in unterschiedlichen Ausprägungen einsetzen, können wir damit besonders zur besseren Positionierung der Kandidaten beitragen. Ein spezifisches Beispiel ist der Einsatz von Potenzialanalysen in Kombination mit einer Kommunikationsanalyse in einem Produktionsunternehmen. Durch die Implementierung und das Training von mehreren Teams konnte sowohl die Zusammenarbeit der international agierenden Teams als auch die Führungsqualität erheblich verbessert werden. Die gezielte Analyse und das darauf aufbauende Training führten zu einer signifikanten Steigerung der Teamdynamik und Effizienz, was sich positiv auf die gesamte Unternehmenskultur auswirkte.«
Gerald Passath berichtet ebenfalls von einem Anwendungsbeispiel: »In der DACH-Region, aber auch im englischsprachigen Raum, arbeiten wir viel mit dem ›Team Tool Rocket Model©‹ mit 8 zentralen Dimensionen für Teams und Leadership. Auf Basis der Ergebnisse und internationaler Benchmark-Daten werden die Stärken und Schwerpunkte für die Weiterentwicklung in den Teams – gemeinsam mit dem Team und der Führungskraft – festgelegt, umgesetzt und die Veränderungen und der Erfolg im Jahresrhythmus getrackt.«
Erfolg messen
Um die Wirksamkeit und den Nutzen von Potenzialanalysen zu belegen, ist es unerlässlich, den Erfolg dieser Maßnahmen zu messen. Nur so können Unternehmen sicherstellen, dass die eingesetzten Ressourcen zielgerichtet investiert werden und die gewünschten Ergebnisse erzielen. Doch wie lässt sich der Erfolg von Potenzialanalysen konkret messen? Welche Kriterien und Indikatoren geben Aufschluss darüber, ob die Analysen die erwarteten Verbesserungen bewirken? Zu diesem Thema haben unsere Interviewpartner wertvolle Insights aus der Praxis geteilt:
Laura Brunbauer: »Wir messen den Erfolg unserer Potenzialanalysen durch unterschiedlichste Methoden. Allgemein aber durch eine Kombination quantitativer und qualitativer Kriterien. Zu den wichtigsten Indikatoren gehören:
- Mitarbeiterzufriedenheit: Feedback und Umfragen vor und nach der Analyse.
- Entwicklungsfortschritte: Vergleich von Leistungsbewertungen vor und nach den Maßnahmen.
- Karriereentwicklung: Verfolgen von Beförderungen, Rollenwechseln und Karrierefortschritten der Teilnehmer.
- Teamdynamik: Verbesserung der Teamzusammenarbeit und Kommunikation, gemessen durch regelmäßige Teambewertungen und Feedback-Sitzungen.
- Geschäftsergebnisse: Analyse von Unternehmenskennzahlen wie Produktivität, Effizienz und Mitarbeiterbindung vor und nach der Implementierung der Potenzialanalysen.«
Gerald Passath misst wie folgt:
- »Kundenzufriedenheit und Kundenrückmeldung seitens des direkten Auftraggebers im Rahmen von Auftraggeber-Debriefings
- Evaluierungsergebnisse seitens des Kunden selbst (viele unserer Kunden haben eigene Evaluierungstools)
- Im Rahmen der Ergebnis- und Feedback-Gespräche sowie Debriefings mit den beteiligten Personen selbst
- Im Rahmen von Follow-Up-Workshops nach einer vereinbarten Zeit (z.B. ½ Jahr später) und Feedbackgesprächen mit der verantwortlichen Führungskraft (bei Teams)
- Monitoring der Veränderung der Kennzahlen – z.B. den relevanten Teamdimensionen des Rocket Models oder des werteorientierten (Führungs)Verhaltens bei den maßgeschneiderten Wertetools
- Wissenschaftliche Begleitstudien, die die Validität und Wirksamkeit des jeweiligen Tools belegen (z.B. StrengthsFinder, Wingfinder, PCM, Rocket Model)«
Ausblick und Fazit:
Potenzialanalysen sind weit mehr als ein HR-Tool – sie sind ein strategischer Erfolgsfaktor für zukunftsorientierte Unternehmen. Aufgrund des rasanten Wandels der Arbeitswelt ist davon auszugehen, dass die Bedeutung von Potenzialanalysen in den kommenden Jahren weiter zunehmen wird.