Welche Rechte und Pflichten Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Home-Office haben, beschreibt Rechtsanwältin Birgit Vogt-Majarek.
Aufgrund der Corona-Pandemie und den damit einhergehenden Einschränkungen bei der Nutzung von (vor allem Großraum-)Büros sind viele Arbeitgeber dazu übergegangen, mit ihren Arbeitnehmern verstärkt die teilweise oder gänzliche Tätigkeit aus dem »Home-Office« zu vereinbaren oder sich auf eine entsprechende Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag zu berufen. Die Bundesregierung hat aufgrund einiger bislang unzureichend geregelter bzw. wenig praktikabler Bestimmungen i. Z. m. Home-Office eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die sich vor allem mit den Themen Arbeitnehmerschutz, Arbeitszeit sowie Aufwandsersatz beschäftigen wird, mit deren Ergebnissen jedoch erst 2021 gerechnet wird. Welche Vorgaben, und welche Arbeitgeber- sowie Arbeitnehmerpflichten derzeit im Home-Office bestehen, fasst der folgende Artikel zusammen:
Rechtsanspruch i.S. Home-Office?
Grundsätzlich hat weder der Arbeitgeber noch der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf eine Tätigkeit im Home-Office, sondern bedarf es dazu an sich einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Anderes gilt dann, wenn eine Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag enthalten ist, die den Arbeitgeber dazu ermächtigt, den Arbeitnehmer an einen anderen als den ursprünglichen Arbeitsort zu versetzen, wenn und soweit diese einseitige Änderung dem Arbeitnehmer zumutbar ist. Sofern ein Corona-Verdachtsfall im Unternehmen besteht, kann auch außerhalb der gesetzlichen Sonderbestimmungen (insbesondere für Risikopatienten) u. E. vertreten werden, dass der Arbeitgeber – schon im Hinblick auf seine Fürsorgepflichten und die den Arbeitnehmer treffende Treuepflicht – anordnen kann, dass Arbeitnehmer ihre Tätigkeit soweit möglich vorübergehend von zu Hause verrichten.
Arbeitszeitaufzeichnungen
Trotz der (vorübergehenden oder dauerhaften) Verlagerung des Arbeitsplatzes in die eigene Wohnung sind das Arbeitszeitgesetz (»AZG«) sowie das Arbeitsruhegesetz (»ARG«) weiterhin anwendbar, so dass insbesondere die Regelungen über die Höchstarbeitszeit sowie die Pausen- und Ruhezeiten auch im Home-Office zu beachten sind. Der Arbeitgeber sollte die Arbeitnehmer daher nachweislich über die Pflicht zur Einhaltung dieser Vorgaben instruieren. Die Pflicht zur Aufzeichnung der Arbeitszeiten kann zwar auf die Arbeitnehmer übertragen werden; der Arbeitgeber muss sich die Aufzeichnungen aber regelmäßig aushändigen lassen und sie kontrollieren. Für Arbeitnehmer, die ihre Tätigkeit überwiegend in ihrer Wohnung ausüben (oder die die Lage ihrer Arbeitszeit und ihren Arbeitsort weitgehend selbst bestimmen können), sind ausschließlich Aufzeichnungen über die Dauer der Tagesarbeitszeit (ohne Angabe über Beginn und Ende der Arbeitszeit) zu führen. Die Einhaltung der (weitgehend starren) Ruhezeiten zeigt sich angesichts größerer Freiheiten der Arbeitnehmer bei der Bestimmung der Lage der konkreten Arbeitszeiten im Home-Office aber weiterhin als Praxisproblem.
Einsatz von Arbeitsmitteln und Kostenersatz
Die zum Teil recht strikten Vorgaben für die Zurverfügungstellung der Arbeitsmittel nach dem Arbeitnehmerschutzgesetz (»ASchG«) sowie der Bildschirmarbeitsverordnung betreffend die ergonomische Gestaltung und Erfüllung der aktuellen technischen Standards sind laut § 67 Abs 6 und § 68 Abs 7 ASchG im Home-Office nur eingeschränkt aufrecht. In Bezug auf die vom Arbeitnehmer im Home-Office selbst beigestellte Ausstattung treffen den Arbeitgeber keine Verpflichtungen laut den erwähnten Bestimmungen. Für Arbeitgeber besteht auch keine gesetzliche Verpflichtung, im Rahmen des Home-Office geeignete, ergonomisch gestaltete Arbeitstische, Arbeitsflächen und Sitzgelegenheiten zur Verfügung zu stellen. Werden die Arbeitsmittel, wie insbesondere Laptops etc, dagegen vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt, müssen sie den erforderlichen ergonomischen Anforderungen entsprechen.
Bei Zurverfügungstellung von Arbeitsmitteln durch den Arbeitgeber ist dieser grundsätzlich auch zu deren Wartung verpflichtet. Daher sollte möglichst vereinbart werden, dass den für die Wartung zuständigen Arbeitnehmern des Arbeitgebers (oder vom Arbeitgeber beauftragten Dritten) nach entsprechender Vorankündigung Zutritt zum privaten Telearbeitsplatz zur Prüfung von Ergonomie und Stand der Technik zu gewähren ist. Eine allfällige Kontrolle des Arbeitsinspektorats betreffend die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften im Home-Office ist ebenfalls von der Zustimmung der Arbeitnehmer zum Zutritt abhängig.
Im Hinblick auf den Kostenersatz i. S. d. § 1014 ABGB sollte bei Home-Office-Tätigkeit zudem geregelt werden, wie bzw. unter welchen Voraussetzungen dem Arbeitnehmer die sonstigen Aufwendungen (i. d. R. Kosten für Telefonie, Internet oder Strom) erstattet werden, und ob die Erstattung der Kosten durch die Vorlage entsprechender Belege ausreicht oder ob die Aufwendungen durch den Arbeitgeber im Rahmen einer Pauschale abgegolten werden. Dies sollte aufgrund der Auswirkungen bei der Lohnverrechnung nach Möglichkeit im Vorhinein festgelegt werden.
Fahrtkostenvergütung
Fahrten zwischen Wohn- und Dienstort sind grundsätzlich keine Dienstreisen (im arbeits- oder steuerrechtlichen Sinn), sondern Privatfahrten. Dienstort ist an sich jener Ort, an dem der Arbeitnehmer für den Arbeitgeber regelmäßig bzw. jedenfalls überwiegend tätig wird. Für Arbeitnehmer, die ihre Arbeit ausschließlich zu Hause verrichten und die beim Arbeitgeber über keinen eigenen Arbeitsplatz verfügen, ist ihr Telearbeitsplatz ihr Arbeitsplatz. Diesfalls ist ein für die Fahrten zwischen Telearbeitsplatz und Betrieb vom Arbeitgeber geleisteter Kostenersatz grundsätzlich lohnsteuerfrei; das gilt an sich auch bei Antritt einer Dienstreise vom Telearbeitsplatz. Bei alternierender Telearbeit (d. h. abwechselnde Tätigkeit in der Betriebsstätte und im Home-Office) ist ein gewährter Fahrtkostenersatz mangels Dienstreise nicht steuerfrei. Änderungen des Telearbeitsplatzes und vorübergehende Versetzungen sowie deren mögliche steuerliche oder sonstige Auswirkungen sollten daher entsprechend abgeklärt und nach Möglichkeit in der Home-Office-Vereinbarung festgehalten werden.
Haftung für Schäden am Eigentum des Arbeitgebers
Für Schäden, die der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber im Home-Office bei der Erbringung der Dienstleistung zufügt, insbesondere für Schäden an Arbeitsmitteln und/oder Installationen, die auch weiterhin im Eigentum des Arbeitgebers stehen, haftet der Arbeitnehmer nach den Bestimmungen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes (»DHG«). Für Schäden, die durch außerdienstliches Verhalten der Arbeitnehmer oder durch im gemeinsamen Haushalt lebende dritte Personen verursacht werden, gelten die Haftungsgrundsätze des ABGB. Der Arbeitgeber sollte den Arbeitnehmer darauf hinweisen, dass bei Verlust, Beschädigung oder sonstiger Funktionsbeeinträchtigung der Arbeitsmittel der Arbeitgeber unverzüglich informiert und das weitere Vorgehen mit diesem abgestimmt werden sollte.
Versicherungsschutz für Unfälle im Home-Office?
Aufgrund der Einführung der Abs 1a und 1b in § 175 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (»ASVG«) wurde für die Beschäftigung im Home-Office während der Corona-Pandemie sichergestellt, dass auch Unfälle, die sich im zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung am Aufenthaltsort der versicherten Person (Home-Office) und damit etwa bei der Verrichtung lebensnotwendiger Bedürfnisse am Aufenthaltsort (oder in dessen Nähe und auf bestimmten Wegen) ereignen, als »Arbeitsunfälle« gelten. Der Aufenthaltsort des Arbeitnehmers gilt hierbei als Arbeitsstätte. Diese Sonderbestimmung gilt derzeit bis 31. Dezember 2020. Danach würden mangels abweichender Regelung wieder die strengeren Vorgaben für Arbeitsunfälle gelten, wonach diese nur dann anerkannt werden, wenn es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Unfall und beruflicher Tätigkeit gibt.
Sicherheitsmaßnahmen und Datenschutz
Den Arbeitnehmern sollte bei Tätigkeit im Home-Office nahegelegt werden, aus Sicherheitsgründen möglichst einen Raum als Home-Office-Arbeitsplatz zu nutzen, der abschließbar ist. Die von Arbeitnehmern im Zuge ihrer dienstlichen Tätigkeit im Home-Office benutzten Geräte bzw. Arbeitsmittel sollten beim Verlassen des Arbeitsplatzes sowie in Pausen bzw. während privat bedingter Unterbrechungen sicher verwahrt werden bzw. so zugesperrt sein, dass jeder Zugang zu betriebsinternen, vertraulichen Informationen durch unbefugte Dritte (einschließlich der Angehörigen der Arbeitnehmer) ausgeschlossen ist; das gilt auch für physische Unterlagen. Arbeitnehmer sind zur Einhaltung der generellen und betrieblichen Datenschutzstandards sowie der Geheimhaltungsverpflichtungen wie während der Tätigkeit im Betrieb auch im Home-Office verpflichtet und sollten darauf vom Arbeitgeber tunlichst nochmals hingewiesen werden. Daten sind daher so zu schützen, dass Dritte keine Einsicht in diese und keinen Zugriff darauf nehmen können. Die Weitergabe betrieblicher Daten, Informationen oder Unterlagen – insbesondere personenbezogener (i. S. d. DSG bzw. der DSGVO) und sonstiger vertraulicher Daten – an Dritte oder die Ermöglichung der Kenntniserlangung ist daher wie bei der Tätigkeit im Betrieb selbst untersagt. Der Arbeitgeber ist jederzeit berechtigt, von den Arbeitnehmern auch bei Home-Office-Tätigkeit die Herausgabe sämtlicher betrieblicher Daten, Unterlagen und Akten einschließlich sämtlicher Kopien sowie die maßgeblichen Passwörter und Schlüssel zu verlangen.
Fazit
Die oben angeführten Punkte sollten insbesondere bei längeren Home-Office-Tätigkeiten auch schriftlich in einer Policy bzw. einer Vereinbarung festgehalten werden, um Klarheit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer hinsichtlich der Rechte und Pflichten zu schaffen, auch wenn die erwähnten Regelungen und Anordnungsmöglichkeiten sich bereits aus dem Gesetz bzw. dem Dienstvertrag ableiten lassen.