Ist ein Arbeitnehmer berechtigt, private E-Mails während der Arbeitszeit zu verschicken bzw. zu empfangen oder kann der Arbeitgeber die private Kommunikation verbieten?
Hier ein E-mail, da ein kurzes Telefonat. Für viele Arbeitnehmer gehört private Erreichbarkeit auch während der Arbeitszeit bereits zur Gewohnheit, WhatsApp läuft ununterbrochen mit, auch auf dem Diensthandy.
Das österreichische Recht gewährt Arbeitnehmern kein ausdrückliches Recht auf eine private Nutzung des vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Internetanschlusses oder auf die Versendung und den Empfang privater E-Mails während der Arbeitszeit. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich dazu berechtigt, über den Umfang der Verwendung seiner, dem Arbeitnehmer zur Verfügung gestellten Betriebsmittel frei zu disponieren. Die Zulässigkeit der privaten Nutzung des Internets als Betriebsmittel des Arbeitgebers hängt somit insbesondere davon ab, ob und welche Regelungen es dazu gibt. Regelungen betreffend die Zulässigkeit der Privatnutzung von betrieblichen Kommunikationsmitteln (Internet, E-Mail-Account, Telefon) können entweder direkt im Dienstvertrag mit jedem Arbeitnehmer einzeln vereinbart werden oder mittels Weisung des Arbeitgebers, z. B. in Form einer Richtlinie erfolgen. In Betrieben, in denen ein Betriebsrat errichtet wurde, kann auch der Betriebsrat den Abschluss einer Betriebsvereinbarung (§ 97 Abs 1 Z 6 ArbVG) verlangen. Einen »Anspruch« auf Privatnutzung wird aber weder der Arbeitnehmer, noch der Betriebsrat durchsetzen können. Die reine Nutzungserlaubnis der technischen Betriebsmittel ist zu trennen von der Frage, ob der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit überhaupt private Erledigungen wie Telefonate usw. machen darf.
Verbot der privaten Nutzung
Wird z. B. die private Nutzung des betrieblichen Internetanschlusses durch den Arbeitgeber verboten, darf dieser ausschließlich für betriebliche Zwecke verwendet werden und somit ist das Versenden und Empfangen von privaten E-Mails vom Firmenaccount untersagt. Hält sich der Arbeitnehmer nicht an ein derartiges Verbot und versendet während der Arbeitszeit private E-Mails, begeht er dadurch einen Verstoß gegen die Verhaltensanordnung des Arbeitgebers und verletzt somit seine Arbeitnehmer-Pflichten.
Damit ist noch nicht beantwortet, ob der Arbeitnehmer seine privaten technischen Geräte während der Arbeitszeit zur privaten Kommunikation nutzen darf.
Grundsätzlich schuldet der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit – nicht in den Pausen – seine volle Arbeitsleistung, was auch volle Aufmerksamkeit impliziert. Private Telefonate, WhatsApp-Unterhaltungen usw. sind daher während der Arbeitszeit grundsätzlich nicht erlaubt. Die Toleranzschwelle des Arbeitgebers wird aber stark variieren je nach Art der geschuldeten Dienstleistungen. So wird der Rezeptionist in der Regel zwischen der Entgegennahme von Anrufen und der Empfangnahme von Gästen im Internet nach neuen Gartenmöbeln suchen oder Bücher bestellen dürfen, wenn ihm nicht sonstige Arbeiten zugewiesen sind. Auch eine Chirurgin wird nach der durchgeführten OP ihre Tochter zurückrufen dürfen, auch wenn sie noch im Dienst ist. Überhaupt wird man in dringenden privaten Fällen (z. B. ein Angehöriger verletzt sich oder wird krank, Behördenanrufe, die nur während der Dienstzeit möglich sind) als Arbeitgeber die notwendige Kommunikation zulassen müssen. Ob darüber hinaus gewisse private »Kurzpausen« toleriert werden, liegt in der Ingerenz des Arbeitgebers. Bei Arbeitnehmern im Einzelhandel und generell mit laufendem Kundenkontakt wird aber u. U. ein völliges Handy-Verbot außerhalb der Pause zulässig sein. Dies steht mit einem Verbot der Privatnutzung der Betriebsmittel des Arbeitgebers in Zeiten von Smartphone und Tablet auch in keinem Widerspruch mehr. Es ist dem Arbeitnehmer heutzutage in aller Regel zumutbar, seine privaten Geräte für private Kommunikation zu nutzen. Es ist ihm auch zu raten; denn die Wahrscheinlichkeit, dass private Daten in die Hände des Arbeitgebers geraten, ist so deutlich geringer.
Private Nutzung
Im Fall der Genehmigung der privaten Nutzung der betrieblichen Kommunikationsmittel durch den Arbeitnehmer sollte der Arbeitgeber den erlaubten Umfang der Nutzung möglichst genau festlegen, um Missverständnisse zu vermeiden und Streitigkeiten zu verhindern. Besteht hingegen keine Regelung hinsichtlich der Privatnutzung der betrieblichen Kommunikationsmittel, ist unter Berücksichtigung der Ortsüblichkeit und Angemessenheit davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer zur maßvollen privaten Nutzung unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit berechtigt ist. Klar ist, dass die Privatnutzung nicht zu einer Vernachlässigung der Dienstpflichten des Arbeitnehmers führen darf, was wiederum nach der Art der Dienstleistung unterschiedlich zu beurteilen ist.
Jedenfalls verboten ist das Herunterladen und Speichern von Dateien wie z. B. eines Spiels oder Videos auf dem Rechner des Arbeitgebers. Neben der Modifikation des vom Arbeitgeber bereitgestellten Betriebsmittel durch das Speichern der Datei am Rechner des Arbeitgebers und der damit zusammenhängenden Gefahr von Viren, ist in diesem Fall davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer beabsichtigt, in Zukunft seine Arbeitskraft in erheblichem Ausmaß dem Spielen und somit einem privaten Zweck zu widmen. Die Rechtsprechung ist sehr streng: Eine Entlassung ist nach dem OGH bereits bei bloßer Installation der Datei auf dem Rechner des Arbeitgebers gegeben. Jedenfalls unzulässig ist das Aufrufen (für den Arbeitgeber) kostenpflichtiger Internetseiten oder Seiten mit z. B. pornografischem, politisch radikalem oder gewaltverherrlichendem Inhalt ohne ausdrückliche Genehmigung des Arbeitgebers.
Überwachung
Ein Recht des Arbeitgebers auf Kontrolle der Einhaltung der arbeitsrechtlichen Pflichten des Arbeitnehmers ergibt sich grundsätzlich bereits aus dem Arbeitsvertrag. Dieses Recht besteht jedoch nicht uneingeschränkt. Gemäß § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG bedürfen Kontrollmaßnahmen und technische Systeme zur Kontrolle von Arbeitnehmern, sofern sie die Menschenwürde berühren, für ihre Rechtswirksamkeit der Zustimmung des Betriebsrates. Existiert im Betrieb kein Betriebsrat, ist in diesem Fall die Zustimmung jedes einzelnen Arbeitnehmers erforderlich (§ 10 AVRAG).
Die Menschenwürde wird laut Rechtsprechung durch Kontrollmaßnahmen dann berührt, wenn die Kontrolle z. B. das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art 8 EMRK), das Fernmeldegeheimnis (Art 10a StGG) oder aber auch das Grundrecht auf Datenschutz (§ 1 DSG 2000) betrifft. Die Einführung eines elektronischen Telefonkontrollsystems, das die Nummern der angerufenen Teilnehmer systematisch und vollständig den jeweiligen Nebenstellen zugeordnet erfasst, berührt daher laut OGH selbst dann die Menschenwürde, wenn durch Betätigen einer Taste am Telefonapparat hinsichtlich der dann besonders gekennzeichneten (Privat-)Gespräche die Endziffer der Rufnummer im System unterdrückt wird. Kontrollmaßnahmen, welche die Menschenwürde verletzen, sind überhaupt unzulässig. Darunter fällt – mit Ausnahme von Hochsicherheitsbereichen – z. B. ständige Videoüberwachung am Arbeitsplatz oder Überwachung in den Sanitäranlagen.
Der Kontrolle des Arbeitgebers entzogen ist der Inhalt von privaten E-Mails von Arbeitnehmern, sobald der private Charakter einer E-Mail erkennbar ist. Dies gilt selbst dann, wenn die private Nutzung des Internets und somit das Versenden und Empfangen von privaten E-Mails verboten ist. Allerdings ist ein »Drüberstolpern« des Arbeitgebers nicht auszuschließen bzw. zu verhindern, sodass es für beide Seiten letztlich besser ist, wenn private Kommunikation über eine private E-Mail-Adresse bzw. Telefonnummer läuft.