Schiffsreise zur Weiterbildung

Warum wir eine neue Art der Weiterbildung im Unternehmen brauchen, und wie diese aussehen kann, beschreibt Gastautorin Eva-Maria Kraus.

In Anbetracht der Herausforderungen, der Unternehmen schon heute, aber vor allem in Zukunft, gegenüberstehen werden, geht kein Weg an Veränderungen der Unternehmenskultur vorbei. Aber was bedeutet das konkret? Am Ende des Tages verändert sich eine Unternehmenskultur allein im Verhalten der Akteure – und das ist ein langwieriger Prozess. Es braucht nicht nur eine Strategie gepaart mit einer Vision, sondern auch Befähigung von Führungskräften und Mitarbeitenden, neue Rollen, Haltungen und Rahmenbedingungen mit Leben zu füllen. Wer denkt, ein, zwei Weiterbildungen reichen dafür, ist auf dem Holzweg.
Die Akteure im Unternehmen sind also signifikant an der Veränderung einer Unternehmenskultur beteiligt. Wichtig ist deshalb der Umkehrschluss: Alle Mitarbeitenden können von sich aus mit dem Wandel beginnen und ihn vorantreiben. Wer schon einmal Change-Prozesse begleitet hat, in denen die Mitarbeitenden nicht von dem Vorgehen überzeugt waren, weiß, wie schwer sich ein Wandel auf so einem wackeligen Fundament entfaltet.

Weiterbildung neu

Wichtig ist auch, dass Weiterbildung nicht vor der Führungsetage Halt machen darf, was heute mehrfach passiert. Als ob die Schwelle zur Führungsetage einen unfehlbar oder ausgelernt werden lassen würde – was nicht der Fall ist. Zudem ist es signifikant wichtig, dass eine Vorbildrolle die Veränderung »lebt«. Stattdessen wird immer wieder betont, wie wichtig Skill X oder Fähigkeit Y für die Mitarbeitenden ist. Aber auch Führungskräfte müssen Veränderungen erlernen, um sie anwenden zu können. Daran orientieren sich die Mitarbeitenden dann gern und es entsteht Disruption in der kompletten Weiterbildung.
Führungskräfte allein mit Führungskräften weiterzubilden, steht ebenfalls in der Kritik. Viele Führungskräfte sind noch der Meinung, sie dürften sich keine Schwäche vor ihren Mitarbeitenden leisten – doch wer das denkt, hat noch nicht die Vorteile erkannt, die Menschlich-Sein im Miteinander von Führungskräften und Mitarbeitenden hervorbringt. Außerdem bietet gemeinsame Weiterbildung eine Plattform für Vernetzung untereinander über Hierarchieebenen hinweg. In der Fachsprache nennt sich das »Silos aufbrechen«. Gemischte, diverse Teams bringen nachweislich wahre Innovationen hervor – statt ständig im selben Saft zu schwimmen. Unterschiedliche Perspektiven gegeneinander abzuwägen und sich auszutauschen ist für alle Seiten hilfreich. Die Führungsetage kann durchaus etwas von ihren jungen Talenten oder Experten lernen. Nicht nur Wissensaustausch, sondern auch Ideen-, Erfahrungs- und Meinungsaustausch kann in der gemeinsamen Weiterbildung gefördert werden. Der Benefit daraus: Netzwerke, die auch im Unternehmensalltag tragfähig sind.

Das muss ermöglicht werden – dafür braucht es ein Umdenken in der Konzeption von Entwicklungs- und Weiterbildungsprogrammen. Bisher wird folgendermaßen vorgegangen: Ein Problem wird erkannt und mit einem spezifischen Training »behandelt«, beispielsweise »Selbstbewusstsein in Präsentationen«. Nur: wie kann gemessen werden, ob die Maßnahme erfolgreich war, wer misst das und wie wird sichergestellt, dass theoretisches Wissen tatsächlich in die Anwendung kommt? Die Transferforschung geht davon aus, dass nur 10-30 % des vermittelten Inhalts es tatsächlich in die Umsetzung schafft. Wenn man die Zuständigkeit hinterfragt, wird die Verantwortung fröhlich von einem zum anderen geschoben: Mal die Trainerteams, mal die Teilnehmenden selbst, mal die Führungskräfte, mal die Personalentwicklung. Die Wahrheit ist: Alle zusammen sind gleichzeitig für den Trainingserfolg zuständig.
Um neue Formate mit besserer Transferwirksamkeit zu entwickeln, gilt es drei Aspekte zu berücksichtigen:

  • Neue Formate sollten die Teilnehmenden schnell in Aktion bringen.
  • Die Führungskräfte sollten mittrainiert werden. Dafür braucht es einen Lernraum, in dem die Mitarbeitenden trotz Anwesenheit der Führungskraft, offen sprechen können.
  • Repetitive Lernschleifen, in denen experimentiert und auf neue Wege gestoßen werden darf, wo Fehler passieren, aus denen man lernen kann. Lernen erfolgt nicht mehr linear, sondern in Form von Performance-Loops, in denen immer wieder überprüft wird, ob man noch auf dem richtigen Weg ist.

Der TEAK®-Konfigurator

Um die Konzeption eines solchen Entwick­lungs- und Weiterbildungsprogramms zu vereinfachen, habe ich den TEAK®-Konfigurator entwickelt. Er unterstützt Trainer sowie Personalentwickler dabei, ein Angebot oder Programm zu bestimmen, das Lernbedürfnissen und -wünschen gerecht wird.
Wichtigste Voraussetzungen für die Konzeption eines erfolgreichen Programms sind:

  • Transferwirksamkeit,
  • Erfahrungslernen,
  • Aktionsorientierung,
  • sowie Kompetenzvernetzung.

Aus diesen vier Voraussetzungen setzt sich der TEAK®-Konfigurator zusammen. Um seine Funktion zu verdeutlichen, habe ich den Lernprozess als Schiffsreise definiert. Der TEAK®-Konfigurator sorgt dafür, dass die Reiseroute stets überprüfbar und anpassbar ist. Gleichzeitig ist Teak eines der wertvollsten Hölzer der Welt. Planungen mithilfe des TEAK®-Konfigurators bedenken die Ausgangssituation, das Ziel, welche Routen in Frage kommen, wie lange die Reise dauert, welche Gefahren auf einen warten, welches Schiff sich für diese Fahrt eignet und welche Crew-Mitglieder es braucht. Als Basis dienen die zwölf Stellhebel der Transferwirksamkeit® von Ina Weinbauer-Heidel – diese stellen sicher, dass die Maßnahmen auch wirklich zum Ziel führen und angewendet werden. Im nächsten Schritt ist wichtig zu definieren, welches Theoriewissen und welche praktischen, erfahrungsorientierten Übungen für die Reise benötigt werden sowie welche aktionsorientierte Handlung für die Umsetzung im Alltag sorgt, damit die Mannschaft auch sicher ankommt. Genauso muss eruiert werden, welche Vernetzungsmöglichkeiten angeboten werden, wie dazu angeregt und out of the box gedacht werden kann. Zusammengenommen dienen die Ergebnisse aus diesen Überlegungen dazu, das Manöver zu planen und direkt die Messmethoden mitzudenken, damit darstellbar wird, wie die Reise verläuft und welche Justierungen noch nötig sind, um auf Kurs zu kommen.

Der TEAK®-Konfigurator sollte am besten im Team aus Führungskräften, Personalentwicklern, Repräsentanten der Mitarbeitenden und Trainerteams durchdacht werden, damit von Anfang an gemeinsam in eine Richtung geblickt wird, alle auf Spur sind und jeder seine Meinung äußern konnte.

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Gastautorin
Eva-Maria Kraus
ist Inhaberin von und Trainerin bei NEWVIEW.
www.newview.at

Bildschirmfoto 2020-12-03 um 11.00.17

»Zusammen führen – Wie vernetztes Arbeiten Unternehmen
langfristig zum Erfolg führt«
von Eva-Maria Kraus
ISBN: 978-3527510542
www.zusammenführen.at