Schwangerschaft und Mutterschutz

Neue Urteile und Regelungen im Mutterschutzgesetz und Väterkarenzgesetz: Was Arbeitgeber wissen müssen.

Die Kombination von Familie und Beruf und die dazu insbesondere im Mutterschutzgesetz (MSchG) und im Väterkarenzgesetz (VKG) geregelten Schutzbestimmungen für die Zeit der Schwangerschaft, die Schutzfrist nach der Geburt sowie Möglichkeiten der Auszeit (Karenz) bzw. (Eltern-)Teilzeit in den bis zu acht Jahren nach der Geburt eines Kindes bringen in der Unternehmenspraxis immer wieder Herausforderungen und werfen neue Fragen auf. Einige davon haben die österreichischen Gerichte in jüngerer Zeit zu beantworten versucht, andere warten noch auf Lösungen.

Beschäftigungsverbot

Werdende Mütter dürfen in den letzten acht Wochen vor der voraussichtlichen Entbindung nicht beschäftigt werden. Das gilt sowohl für echte als auch für freie Dienstnehmer (iSd § 4 Abs 4 ASVG). Die Achtwochenfrist ist auf Grund eines ärztlichen Zeugnisses zu berechnen und verkürzt bzw. verlängert sich bei entsprechend geändertem Geburtstermin. Abhängig vom Gesundheitszustand der Mutter kann darüber hinaus ein individuelles, fachärztlich bestimmtes Beschäftigungsverbot (sog. frühzeitiger Mutterschutz) bestehen. Werdende Mütter haben ihre Schwangerschaft und den voraussichtlichen Geburtstermin dem Dienstgeber mitzuteilen und auf Verlangen des Dienstgebers eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen. Tun sie das nicht bzw. nicht unmittelbar nach Kenntnis, bleibt dies im wesentlichen sanktionslos, hindert den Dienstgeber jedoch, soweit er nicht anders Kenntnis davon erlangt, an der Wahrnehmung seiner besonderen Fürsorgepflichten (wie insbesondere das Verbot schwerer körperlicher Arbeiten, von Nachtarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit, Überstundenleistung bzw. die besonderen Ruhemöglichkeiten). Von einem vorzeitigen Ende der Schwangerschaft ist der Dienstgeber ebenfalls zu verständigen. Sobald der Dienstgeber Kenntnis von der Schwangerschaft bzw. eine ärztliche Bescheinigung erhalten hat, hat er unverzüglich dem zuständigen Arbeitsinspektorat schriftlich Mitteilung zu machen. Nach österr. Recht wird betreffend den Mutterschutz und dessen Schranken zwischen einer Fehlgeburt und einer Totgeburt unterschieden. Während es bei einer Fehlgeburt kein Beschäftigungsverbot gibt, und auch keinen Anspruch auf Wochengeld, sondern die Mutter bei entsprechender ärztlicher Bestätigung allenfalls Krankenstand in Anspruch nehmen kann, darf die Mutter bei einer Totgeburt bzw. wenn das Kind unmittelbar nach der Geburt gestorben ist, für mindestens acht Wochen nach der Entbindung nicht beschäftigt werden. Der Dienstgeber ist insofern also auf konkrete Informationen der Dienstnehmerin  angewiesen, um die rechtlichen Vorgaben einzuhalten und muss bei Kenntnis der Schwangerschaft sohin ganz konkret nachfragen, bevor die Entscheidung über eine weitere Tätigkeit getroffen wird.

Schutzfrist und Sanktionen

So wie vor der Geburt besteht auch nach der Geburt ein allgemeines absolutes Beschäftigungsverbot für grundsätzlich acht Wochen. Bei Frühgeburten, Mehrlingsgeburten oder Kaiserschnittentbindungen erhöht sich dieser Zeitraum auf mindestens zwölf Wochen, sodass der Dienstgeber auch insofern auf Informationen des Dienstnehmers angewiesen ist. Wurde die Achtwochenfrist vor der Geburt verkürzt, verlängert sich die Schutzfrist nach der Geburt im Ausmaß der Verkürzung vor der Geburt auf maximal 16 Wochen. Werden weibliche Dienstnehmer aufgrund von Fehl- oder nicht vollständigen Informationen dennoch während des Beschäftigungsverbotes beschäftigt, bedeutet dies einen Verstoß gegen § 37 Abs 1 MSchG und im Falle einer Verurteilung Verwaltungsstrafen bis 1.820,– € (bzw. bei Wiederholung bis 3.630,– €). Bei versehentlichen Verstößen ist zur Vermeidung von Strafen einerseits die Tätigkeit umgehend einzustellen und zudem eine Selbstanzeige an die Behörde zu überlegen, die in der Praxis die Chancen des Anzeigers (gemeinsam mit Maßnahmen, um künftige Verstöße zu vermeiden) deutlich verbessert, ein Absehen von einer Verurteilung bzw. eine bloße Ermahnung zu erreichen. Der Umstand, dass eine Beschäftigung wegen unvollständiger Informationen über Zeitpunkt und Form der Geburt oder nur über Drängen der geschützten Person erfolgte (z. B. wegen der damit verbundenen zusätzlichen Verdienstmöglichkeiten), schließt laut der Judikatur eine Strafe aufgrund des Schutzzwecks der Vermeidung einer Gesundheitsgefährdung durch die verbotene Beschäftigung ungeachtet der psychischen und physischen Sondersituation der Mutter nicht aus.

Besonderer Kündigungsschutz

Dienstnehmer genießen während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung besonderen Kündigungs- und Entlassungsschutz und können daher grundsätzlich nur nach vorheriger Zustimmung des Gerichts, die nur aus den im MSchG angeführten Gründen erfolgen darf, gekündigt bzw. entlassen werden. Bei Fehlgeburten ist die Kündigung bis zum Ablauf von vier Wochen danach rechtsunwirksam. Die nicht erfolgte Mitteilung über die Schwangerschaft schadet den Dienstnehmern insofern nicht. Der Kündigungsschutz gilt nämlich auch ohne bzw. vor Kenntnis des Dienstgebers von der Schwangerschaft, wenn die Schwangerschaft bzw. Entbindung binnen fünf Arbeitstagen nach dem Ausspruch (bzw. der Zustellung) der Kündigung bekannt gegeben und eine ärztliche Bestätigung über die Schwangerschaft vorgelegt wurde. Gelingt dies den Dienstnehmern aus nicht von ihnen zu vertretenden Gründen nicht innerhalb dieser Frist, haben sie dies unmittelbar nach Wegfall des Hindernisses nachzuholen.

Probezeit und Schwangerschaft

In der Praxis werden Probezeiten für die gesetzlich zulässige Maximaldauer von einem Monat und darüber hinaus auch kürzere Befristungen zu Beginn des Dienstverhältnisses zu einer längeren Erprobung regelmäßig in Dienstverträge aufgenommen. Die Judikatur wird hier jedoch zunehmend strenger, um mögliche Umgehungen der oben erwähnten Schutzbestimmungen gegenüber schwangeren Dienstnehmern (insbesondere Eingriffe in den umfassenden Kündigungs- und Entlassungsschutz) zu verhindern. Befristungen bzw. Nichtverlängerungen von befristeten Dienstverhältnissen sollen gegenüber schwangeren Dienstnehmern daher nur eingeschränkt wirksam sein. In einer aktuellen Entscheidung des OGH (8 ObA 18/24s) wurde eine Befristung ausdrücklich zur längeren Erprobung der betroffenen Person über die einmonatige gesetzliche Frist hinaus vereinbart, weil für ihre Tätigkeit eine Grund- und eine Spezialausbildung notwendig war. Vor Ablauf der Befristung teilte sie dem Arbeitgeber mit, dass sie die notwendige Ausbildung aufgrund ihrer Schwangerschaft nicht zeitgerecht werde antreten können. Das befristete Dienstverhältnis lief in der Folge wie geplant aus, wogegen sie sich mit Feststellungsklage wehrte und das Vorliegen eines unbefristeten Dienstverhältnisses nach dem Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) geltend machte, weil die Umwandlung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bloß wegen der Schwangerschaft (und sohin wegen des Geschlechts iSd GlBG) nicht erfolgt wäre. Da laut OGH Befristungen zur Erprobung regelmäßig auf die Umwandlung in ein unbefristetes Dienstverhältnis angelegt seien, wenn sich die Dienstnehmer in der Probephase bewähren, bedürfe es sachlicher Gründe zur Entkräftung dieser Annahme. Den Umstand, dass der Dienstgeber auf ihre Mitteilung, die Ausbildung wahrscheinlich nicht »termingerecht« wahrnehmen zu können, mit einem Auslaufen der Befristung (und keiner Umwandlung in ein unbefristetes Dienstverhältnis) reagiert habe, qualifizierte der OGH als (unmittelbare) Diskriminierung wegen der Schwangerschaft. Der Dienstgeber muss das Dienstverhältnis sohin als unbefristetes Dienstverhältnis fortsetzen, was mit ganz erheblichen Konsequenzen aufgrund der Möglichkeiten in puncto Karenz und der Anrechnung der Karenzzeit (von max. zwei Jahren ab der Geburt) auf die notwendige Zeit für den Anspruch auf Elternteilzeit (nach insgesamt drei Jahren Dienstzeit) verbunden ist.

Befristungen und Schwangerschaft

Laut dem MSchG wird der Ablauf des befristet abgeschlossenen Dienstverhältnisses von der Meldung der Schwangerschaft bis zum Beginn des Beschäftigungsverbotes gehemmt und läuft sohin erst mit Beginn der Schutzfrist aus. Ausnahmen bestehen nur dort, wo die Befristung aus sachlich gerechtfertigten Gründen erfolgte, weil (wie oben ausgeführt) eine Erprobung z. B. aufgrund der erforderlichen Qualifikation nötig ist, oder die Befristung wegen einer konkreten Karenzvertretung erfolgt. Laut einer weiteren aktuellen Entscheidung des OGH (8 ObA 85/23t) muss nach den insofern verschärften Vorgaben zwischen den Vertragsparteien vereinbart (und nicht nur argumentierbar bzw. notwendig) sein, dass die konkrete Befristung der Erprobung der Dienstnehmer dient. Ist dies nicht der Fall, ist das Auslaufen der Befristung bis zum Beginn des Beschäftigungsverbotes gehemmt.

Kündigungsschutz iZm Papamonat

Im Rahmen des 2019 eingeführten »Papamonats« im VKG, laut dem Väter Anspruch auf (einmonatige) unbezahlte Freistellung aus Anlass der Geburt ihres Kindes haben, die ab dem auf die Geburt des Kindes folgenden Tag bis zum Ende des Beschäftigungsverbotes der Mutter in Anspruch genommen werden kann, haben auch Väter besonderen Kündigungs- und Entlassungsschutz. Dieser endet vier Wochen nach dem Papamonat, sodass abhängig von einer folgenden Karenz bzw. einem allfälligen Antrag auf Elternteilzeit (und dem Start des besonderen Schutzes frühestens drei Monate vor deren Beginn) eine Schutzlücke besteht. Der Kündigungsschutz beginnt mit der Mitteilung der Inanspruchnahme des Papamonats, aber frühestens vier Monate vor dem errechneten Geburtstermin. Für die Zeit der Freistellung gebührt Vätern bei Erfüllung der Voraussetzungen der sogenannte »Familienzeitbonus.«

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Vogt-Majarek

Gastautor
Birgit Vogt-Majarek
ist Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Arbeits- und Gesellschaftsrecht und Partner der Schima Mayer Starlinger Rechtsanwälte GmbH.
birgit.vogt@sms.law
www.sms.law