Smart Recruiting mit neuen Apps

Neue Technologien erleichtern es Jobsuchenden, eine passende Stelle zu finden, und das zu jeder Zeit von jedem Ort aus – über das Smartphone. Welche Bedeutung das tatsächlich hat und was die verschiedenen Apps bieten, beschreibt dieser Artikel.

In der Puls-4-Start-up-Show »2 Minuten 2 Millionen« erhielt Mitte März das Start-up-Unternehmen »hokify«, das im Bereich -Mobile Recruiting unterwegs ist, ein Investment in der Höhe von einer Million Euro. Diese Höhe des Investments ist bei dieser Show selten, sonst geht es meist um Summen bis zu maximal 200.000,– €. Es scheint also, dass die Investoren dieser Branche ein enormes Wachstumspotenzial zuschreiben. Tatsächlich mehren sich auch Pressemeldungen von anderen Unternehmen, die auf den Markt kommen und den Recruitern sowie den Jobsuchenden neue Technologien für diesen Bereich anbieten.

Mobile Recruiting bezeichnet im weitesten Sinne die Nutzung eines Smartphones oder Tablets zur Personalgewinnung. Dabei geht es allerdings nicht nur darum, über den Browser am Handy auf die Karriereseite des Unternehmens zu surfen, sondern auch um Lösungen, die speziell für das Smartphone oder ein Tablet programmiert sind: um Apps also. Der Grundgedanke ist einfach: Das Smartphone ist immer dabei, warum denn nicht schnell in der U-Bahn oder in der Supermarktwarteschlange nach einem neuen Job suchen?

Manche Unternehmen scheuen den Einstieg ins Mobile Recruiting vor allem wegen der vermeintlich hohen Kosten und dem entsprechenden Aufwand. Genau deshalb gibt es diese Apps. Die großen Jobportale bieten selbst schon Lösungen via Apps an, so z. B. -karriere. at, -StepStone oder Monster, was natürlich insofern sinnvoll ist, weil die geschalteten Inserate dann auf Wunsch gleich in die App eingebettet werden. Auch neue Anbieter strömen auf den Markt, wie z. B. die bereits beschriebene App »hokify« oder »instapp«. Auch das AMS hat mittlerweile eine eigene Job-App. Bevor es nun aber darum geht, welche Vorteile Job-Apps bieten und wie sie funktionieren, noch kurz einen Auszug einer aktuellen Studie. Dabei geht es generell um mobiloptimierte Karriereseiten.

Mobiloptimierte Karriereseiten

Laut der »Mobile Recruiting Studie 2015« von Wollmilchsau haben bis 2015 nur 44,26 % der untersuchten Unternehmen ihre Karriereseite mobiloptimiert. Und nur 26 % der Unternehmen haben eine mobiloptimierte Jobbörse im Einsatz. 93 % der Unternehmen verfügen über kein mobiloptimiertes Bewerbungsformular. »Im Gegensatz zu den Unternehmen haben sich die Bewerber bereits auf die Entwicklungen des Mobile Recruitings eingestellt. Das vonseiten der Unternehmen verschenkte Potenzial aufgrund von nicht oder nicht konsequent mobiloptimierten Karrierewebseiten, Jobbörsen und Bewerbungsprozessen wird dabei meist unterschätzt, wenn man bedenkt, dass etwa 15 – 20 % der Zugriffe auf Karriereseiten mobil stattfinden«, steht in der Studie.

Über die angebotenen Job-Apps hat TRAiNiNG mit drei Anbietern gesprochen.

»Apps erfreuen sich großer Beliebtheit, weil sie unser Leben im besten Falle einfacher und komfortabler machen«, sagt Rudi Bauer (Geschäftsführer StepStone Österreich GmbH). Und weiter: »Die kleinen Helfer sind via Smartphone ständig verfügbar und insofern auch bestens geeignet für die Jobsuche: Ich kann mich überall und jederzeit über passende Jobangebote auf dem Laufenden halten.«

A hand holds a smartphone with the text "new job search" on the screen. A business couple in blur is on the background.

Jürgen Melmuka (Geschäftsführer Appvelox GmbH und Entwickler von »instapp«) weiß über den Markt Bescheid: »Seit Jänner 2016 surft die Mehrheit der User mobil im Netz, damit ist das Smartphone schon heute das wichtigste Endgerät. Dies gilt besonders für Recruiter, die oftmals die junge Generation erreichen wollen. Da sich die User nicht zahllose Apps installieren wollen, wird sich eine Investition in eine eigene App nur für wenige Unternehmen auszahlen. Es ist aber generell wichtig, seine Internetangebote auch auf Mobiltelefone zu optimieren und schnellstmöglich auf das Thema ›Mobile Recruiting‹ zu setzen. Der Trend zum Smartphone ist unumkehrbar.«

Auch Jürgen Smid (Geschäftsführer karriere. at) setzt voll auf das Thema: »Bedenkt man, dass nahezu jeder zweite karriere.at-User über mobile Endgeräte auf unser Angebot zugreift, kommt man um das Thema Mobile Recruiting nicht herum. Apps sind eine nicht mehr wegzudenkende Ergänzung zu den Desktop-Versionen von Jobbörsen. Seitdem nahezu alle Websites responsive, also für jedes Endgerät optimiert angeboten werden, geht der Trend bei Apps klar in Richtung Schlankheit. Die Vollversion im Mobilformat hat ausgedient – viel mehr sollen Apps einzelne, besonders praktische USPs oder Funktionalitäten abdecken, die der User häufig aufruft und bei denen Usability eine Hauptrolle spielt.«

Zielgruppe

Doch wenn man glaubt, dass nur junge Menschen auf ihren Smartphones nach freien Stellen suchen, dann täuscht man sich. Wenngleich diese Gruppe natürlich stark unter den Usern vertreten ist.

Jürgen Smid: »Aus unserer aktuellsten repräsentativen Studie zum Thema Mobile Recruiting aus dem Herbst 2015 wissen wir, dass rund jeder dritte österreichische Arbeitnehmer bereits einmal das Smartphone zur Jobsuche verwendet hat. Über dem Durchschnitt liegen naturgemäß die Jungen: Die 18- bis 29-Jährigen haben zu 45 % bereits mobil nach Stellen gesucht, rund jeder Vierte zwischen 30 und 39 Jahren. Arbeitnehmer in ihren Vierzigern liegen immerhin bei 20 %. Es wäre also falsch, zu sagen, dass mobile Jobsuche ein Thema ist, das ausschließlich junge Menschen anspricht.«

Auch Jürgen Melmuka kennt die User genau: »Laut unseren Daten verwenden mittlerweile alle Zielgruppen bevorzugt mobile Devices, die Jungen das Smartphone, weil sie viel unterwegs sind und die Älteren das Tablet, weil es bequem ist und einfacher zu bedienen als ein PC.«

Die Vorteile für beide Seiten liegen auf der Hand: Der Bewerber kann auch die Zeit im Kaffeehaus oder die Wartezeit am Flughafen nutzen, um interessante Stellen zu finden.

Auch für Unternehmen und Recruiter hat die neue Technologie Vorteile. Rudi Bauer: »Job Apps sind darauf ausgelegt, Inserate einfach und jederzeit für Kandidaten zugänglich zu machen und optimieren so die Reichweite für die Stellenausschreibungen. Recruiter profitieren durch das Resultat: größere Reichweite, mehr qualifizierte Bewerbungen.«

Jürgen Smid: »Apps erweitern die Zielgruppe um Menschen, die ortsunabhängig und je nach Freizeit nach Jobs suchen wollen. In Zeiten knapper Fachkräfte und steigender Anforderungen von Unternehmen, was die Spezialisierung der Wunschkandidaten betrifft, sollte jeder potenzielle Sichtkontakt eines Stelleninserats bzw. des Arbeitgeberprofils willkommen sein. Die Apps großer Jobportale bieten diese Möglichkeiten auf breiter Basis. Daneben gibt es zahlreiche Apps, die dies in Nischen sehr gut abdecken.«

Aufbereitung der Inhalte

Auf einem Smartphone oder Tablet ist alles viel kleiner als auf einem Laptop oder Stand-PC. Demnach müssen die Inhalte grafisch ansprechend aufbereitet werden. Hier gilt als Faustregel immer: Video vor Bild, Bild vor Text, kurzer Text vor langem Text. Man kann hier einfach von seinem eigenen Userverhalten Rückschlüsse ziehen. Wenn Sie »Bleiwüsten« vorfinden mit langen Texten, dann werden Sie den Artikel nicht lesen. Wenn hingegen Bilder und kurze (!!!) Videos eingebettet sind, und der Text grafisch ansprechend ist, steigt die Chance stark, dass der Artikel gelesen wird.

Gleiches gilt für Stelleninserate. Wenn hier kurze Videoclips einen Überblick über das Unternehmen oder über die Position geben, ist das durchaus von Vorteil. Auch die Navigation auf der Seite muss optimiert und einfach sein.

Mischformen

Ob der gesamte Bewerbungsprozess über das Smartphone abläuft, ist natürlich fraglich, denn Lebenslauf und Anschreiben zu erstellen, ist auf einem Smartphone mühsam. Und die Wörter »mühsam« und »Mobile Recruiting« vertragen sich ganz und gar nicht. Daher gibt es schon einige Mischformen, die üblich sind.

Jürgen Melmuka: »Unsere Web-App ›instapp‹ funktioniert auf jedem Gerät, unabhängig von der Größe des Bildschirms. Im Sinne des responsive Designs passt sich die App an das Gerät an. Dies erlaubt auch das jederzeitige Wechseln der Endgeräte, z. B. das Sammeln von Jobangeboten untertags am Handy und das Absenden von Bewerbungen am PC daheim.«

Jürgen Smid sagt über den Bewerbungsprozess: »Der Trend geht stark in Richtung ›daumentauglicher‹ Bewerbung. Heute werden Jobs häufig am Smartphone gesucht, auch Arbeitgeberinformationen werden immer stärker über mobile Devices recherchiert. Die Bewerbung an sich – also das Aktualisieren des Lebenslaufes bzw. das Verfassen des Anschreibens – findet dann tendenziell eher noch am Laptop oder Standgerät statt. Auf karriere.at machen wir die Erfahrung, dass die Möglichkeit, den Online-Lebenslauf als PDF zu exportieren bzw. sich mit diesem gleich direkt beim Unternehmen zu bewerben, sehr gut ankommt und immer stärker genutzt wird. Darin liegt sicher die Zukunft: Alle relevanten Unterlagen liegen in der Cloud bereit und werden mit einem Klick gesendet.«

Jürgen Melmuka über Mischformen: »Dies ist ganz sicher das typische Anwendungsszenario der Zukunft. Dabei ist es aber wichtig, nicht in der App ›gefangen‹ zu sein, da diese ja außerhalb des Handys nicht funktioniert. ›instapp‹ setzt deshalb auf eine Web-App, die auf jedem Endgerät funktioniert und auch mit anderen Job-Services zusammenarbeiten kann, da alles ohne Installation im Browser abläuft. Und diesen gibt es ja auf jedem Gerät, egal ob iPhone, Android Handy oder Windows-PC. instapp lässt sich direkt in das Recruiting-System einbinden, und erspart damit die mühsame Dateneingabe von PDF-Lebensläufen oder das Ausfüllen der immer gleichen Formulare. Das reduziert Bewerbungshürden und erhöht dadurch die Wirkung des Inserats. Im Endeffekt will der Recruiter sicherstellen, dass sich die besten Kandidaten bei ihm melden.«

Rudi Bauer: »Jobsuche in der U-Bahn oder im Park – das ist bereits gang und gäbe. Mit einer Job-App kann man sich auf dem Arbeitsweg oder im Schwimmbad einen Überblick verschaffen, welche Angebote interessant sind. Die Funktion des ›Job Merkens‹ ist hier sehr praktisch: Jobs werden mobil gefunden und dann für eine genauere Betrachtung gemerkt. Die Merkliste kann von einem beliebigen Gerät aufgerufen und dann weiter bearbeitet werden. So kann man zu Hause am PC auf die eigene Vorselektion zurückgreifen und sich in Ruhe bewerben.«

Wie funktionieren Job-Apps?

Kennen Sie die App »Tinder«? Wenn nicht, ist das überhaupt keine Schande, es spricht sogar für Sie. Bei Tinder handelt es sich um eine Partnerbörse via Smartphone. Dabei wird ganz im Sinne der modernen Zeit stark vereinfacht und auf das Wesentliche reduziert. Die Benutzer melden sich einmal an – bequem via Facebook-Account – und schon geht’s los. Sie bekommen Partnervorschläge und sehen nur ein Foto und das Alter sowie mögliche Verbindungen von und zu »Freunden« auf Facebook. Wischt man das Foto nach links weg, entspricht der Partnervorschlag nicht dem Geschmack, wird nach rechts gewischt, wird er vorgemerkt. Falls der mögliche Partner den User ebenfalls »relevant« findet, bekommen beide eine Nachricht – und schon kann das Kennenlernen losgehen. Ob das ethisch vertretbar ist, soll hier und jetzt nicht diskutiert werden. Tatsache ist, dass zahlreiche Menschen weltweit so ihre (Sexual-)Partner finden.

Viele Apps zur Jobsuche funktionieren nach dem gleichen Prinzip: App downloaden, via Facebook-Account registrieren, gewünschte Branche und Position einstellen und schon kommen die Stellenanzeigen. Wisch nach links, die Position ist nicht relevant, wisch nach rechts bedeutet entweder »für später merken« oder »gleich bewerben«. Gleich bewerben ist ziemlich simpel, nur von App zu App etwas unterschiedlich. Entweder kann man der App sagen, es soll auf die Daten des Facebook-Accounts zugreifen und die dortigen ehemaligen Arbeitgeber »verwenden« oder man kann auch manuell einen Lebenslauf versenden. Manchmal bekommt der Bewerbende noch einige Fragen gestellt, die vom mitarbeitersuchenden Unternehmen vorab definiert wurden. Fragen sind z. B. »Sprechen Sie fließend Englisch?« oder »Haben Sie ein Auto?« oder auch »Wären Sie bereit, für einen Job für einige Monate ins Ausland zu gehen?« Die Fragen sind schnell mit ja oder nein beantwortet und werden dann auf Wunsch gemeinsam mit den Facebook-Daten gesendet.

Wenn das Unternehmen Interesse bekundet, geht alles den gleichen Weg wie bisher und man verabredet sich zu einem Bewerbungsgespräch.

Sensible Daten

Bei allen Vorteilen, die neue Technologien mit sich bringen, so bleibt wie immer bei diesem Thema die Frage nach der Datensicherheit. Denn, wenn hier im Artikel steht, »mal eben mit Facebook registriert«, dann wirft das tatsächlich sehr viele Fragen auf. Welche Daten bekommt die App von Facebook? Das ist ziemlich intransparent und nicht ganz eindeutig beschrieben. Wer weiß aller, wo ich mich beworben habe? Wer hat Zugriff auf mein Profil, wer im Unternehmen bekommt meine Daten?

Rudi Bauer zu dem Thema Datenschutz: »Unternehmen, die mit Personendaten zu tun haben, sind zu höchster Sorgfalt verpflichtet. Daten sind der Kern des Geschäftes, da gilt es, bezüglich Datenschutz am letzten Stand zu bleiben.«

Jürgen Melmuka plädiert für verschlüsselte Daten: »Sensible Bewerberdaten dürfen nur in verschlüsselter Form übertragen werden, wie es für Zahlungsdaten und ähnliche Anwendungen mittlerweile Standard ist. Mit jedem Datenskandal werden die Bewerber genauer aufpassen, wo sie ihre Daten hinterlassen.«

Jürgen Smid: »Jedes Unternehmen, das mit Userdaten operiert, muss sicherstellen, dass punkto Datensicherheit höchstmögliche Standards angestrebt werden. Das beginnt bei passwortgeschützten Accounts, die der User selbst verwaltet, und schließt beispielsweise auch die Verwendung von https://-Domains ein.«

Ausblick

Wohin geht die Reise? Werden in Zukunft die Mehrheit aller Jobs über Smartphones gefunden?

Jürgen Melmuka: »Mit dem Wechsel der Bewerber auf das Smartphone wird sich ›Mobile First‹ weiter durchsetzen, also die konsequente Ausrichtung der Internetaktivitäten auf mobile Geräte. Dadurch ergeben sich aber Einschränkungen – man kann nicht mehr erwarten, dass Bewerber seitenlange Formulare ausfüllen. Derartige Karriereseiten kämpfen schon heute mit sinkenden Bewerberzahlen.«

Rudi Bauer: »Wir sehen heute schon, dass die Abgrenzung zwischen ›mobil‹ und ›Desktop‹ mehr und mehr verschwimmt. Der entscheidende Punkt bleibt die optimale Nutzbarkeit des Angebots, egal, über welches Gerät gesurft wird.«

Mobile Recruiting ist keine Idee der Zukunft mehr, es ist bereits Standard, zumindest für die Jobsuchenden.

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