So verhindern Sie den Seminarerfolg

Die 10 besten Tipps, mit denen Führungskräfte den Transfererfolg von Seminaren und anderen Maßnahmen garantiert verhindern können.

»Die Weiterbildung meiner Mitarbeiter nervt mich!« Es wird nicht offen ausgesprochen und doch denken genau das viele Führungskräfte. Und zurecht. Denn Führungskräfte erleben nicht selten: Nach dem Seminar ist meist auch nichts anders als zuvor – außer, dass der Mitarbeiter wertvolle Zeit im Seminarhotel verplempert, während das Tagesgeschäft brodelt. Im Schnitt werden nur 10 bis 20 % des in einem Seminar Gelernten tatsächlich angewandt. Doch Grund für diese magere Ausbeute ist häufig nicht nur der Trainer oder der Teilnehmer. Die Transferforschung zeigt, dass die Führungskräfte der Trainingsteilnehmer entscheidenden Einfluss darauf haben, ob ihre Mitarbeiter das im Training gelernte auch umsetzen. Doch wie können Personalisten den Führungskräften deren entscheidende Rolle klar machen? Manchmal mit ein bisschen paradoxem Humor und den folgenden 10 Tipps, mit denen Führungskräfte den Transfererfolg garantiert noch erfolgreicher verhindern können.

VOR dem Training

1. Halten Sie sich fern von Informationen über das Training!
Egal über welchen Weg Ihr Mitarbeiter ins Training findet – ob selbst gewählt oder von der Personalabteilung nominiert – halten Sie sich als Vorgesetzter von sämtlichen Informationen über das Training fern. Fragen Sie nicht nach den Inhalten, den Zielen oder der Teilnahmemotivation, lesen Sie keine Trainingsbeschreibungen und fragen Sie keinesfalls nach, warum genau dieses Training für Ihren Mitarbeiter wichtig, nützlich oder sinnvoll ist. Zeigen Sie Ihrem Mitarbeiter auch offen, dass Sie null Interesse am Training haben. Falls Sie selbst den Mitarbeiter ins Training schicken, geben Sie keinesfalls eine Begründung dazu ab sondern sagen Sie möglichst knapp: »Du gehst ins Training, weil ich es sage!«

2. Blockieren Sie die Vorbereitung!
Sorgen Sie dafür, dass Ihr Mitarbeiter sich vor dem Training keinesfalls vorbereiten kann. Am besten decken Sie ihn in der Zeit vor dem Training mit zusätzlichen Arbeiten und Projekten ein. Möglichst solchen, die rein gar nichts mit dem Training zu tun haben. Sagen Sie dazu, dass diese Arbeiten und Projekte oberste Priorität haben und die Deadline für die Abgabe genau in die Zeit des Präsenztrainings fällt. Wenn Ihr Mitarbeiter Vorbereitungsaufgaben für das Training bekommen hat – womöglich auch noch solche, die Sie mit einbinden, wie etwa ein Entsendungsgespräch mit Ihnen führen – dann blocken Sie das mit der Begründung: »Das Tagesgeschäft hat Vorrang – für solche sinnlosen Trainingsbelange habe ich wirklich keine Zeit.«

3. Schüren Sie negative Erwartungen!
Sprechen Sie wann immer möglich negativ über das bevorstehende Training und Trainings im Allgemeinen. Versichern Sie dem Mitarbeiter, der ein Training besuchen wird, dass Sie davon überzeugt sind, dass er dort nichts Gewinnbringendes lernen wird oder das Training für ihn viel zu leicht oder schwer sein wird. Plaudern Sie aus dem Nähkästchen Ihrer persönlichen Erfahrungen darüber, wie sinnlos Trainings sind, wie ahnungslos die Trainer in Ihrer Organisation sind und wie nutzlos die Personalabteilung ist, die immer nur wertvolle Zeitressourcen in Anspruch nimmt. Und versichern Sie all Ihren Mitarbeitern, dass das einzig Positive/Unterhaltsame an Trainings die Umtrunke am Abend sind.

WÄHREND des Trainings

4. Ablenken, ablenken, ablenken!
Bereiten Sie sich auf die Zeit vor, in der Ihr Mitarbeiter im Seminarraum sitzt. Machen Sie sich bewusst, dass er dort nichts Wichtiges zu tun hat. Bombardieren Sie ihn mit Anrufen, SMS und E-Mails. Rufen Sie so lange an, bis Ihr Mitarbeiter sich nicht mehr traut, Ihren Anruf zu ignorieren. SMS und E-Mails mit Inhalten, die die Worte DRINGEND, NOTFALL, DEADLINE etc. enthalten, eignen sich besonders gut. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Mitarbeiter den Seminarraum so oft wie möglich verlässt und den Kopf bei anderen Dingen hat.

NACH dem Training

5. Vorbei ist vorbei!
Wenn Ihr Mitarbeiter aus dem Training zurückkommt, dann sprechen Sie auch nicht mehr über das Training. Signalisieren Sie ihm: Das Training ist vorbei! Du hattest deine (Frei-)Zeit, du hast dein Zertifikat – jetzt wird wieder gearbeitet! Wenn Ihr Mitarbeiter mit Ihnen über das Training sprechen möchte, zeigen Sie Desinteresse und seien Sie ständig beschäftigt. Am besten decken Sie Ihren Mitarbeiter sofort mit Projekten ein, die rein gar nichts mit dem Training zu tun haben und dabei möglichst dringend sind.

6. Anwendung blockieren & hinauszögern!
Wann immer Ihr Mitarbeiter Ideen einbringt und etwas aus dem Training umsetzen möchte, blockieren Sie es. Halten Sie die Begründungen dabei so kurz wie möglich (z. B. »Das funktioniert bei uns nicht!« oder »Wir haben es schon immer so gemacht, warum sollten wir das ändern?«). Wenn Ihr Mitarbeiter dennoch hartnäckig bleibt und das Gelernte weiterhin umsetzen möchte, sorgen Sie dafür, dass die Anwendung des Gelernten immer weiter in die Zukunft rutscht bzw. Umsetzungsprojekte besonders lange dauern. Die Zeit ist auf Ihrer Seite – je mehr Zeit vergeht, desto unwahrscheinlicher wird der Transfererfolg.

7. Entmutigen, demotivieren und negative Erwartungen schüren!
Wenn Ihr Mitarbeiter das Gelernte auf eigene Faust umsetzt und Sie es bemerken, sollten Sie schnell und bestimmt handeln. Weisen Sie immer wieder darauf hin, wie sinnlos das ist, was er da macht und welche Probleme und Schwierigkeiten dadurch entstehen (werden). Versichern Sie ihm, dass es nicht funktionieren wird und der Trainer ja keine Ahnung von Ihrem Tagesgeschäft, Ihrer Branche, Ihren Produkten etc. hat. Sobald Ihr Mitarbeiter einmal strauchelt – und das wird er garantiert – verstärken Sie das negative Gefühl und bestärken ihn, es doch einfach sein zu lassen (»Es liegt ja nicht an dir!«).

8. Machen Sie es anders!
Als Vorgesetzter sind Sie ein Vorbild für Ihren Mitarbeiter. Finden Sie jetzt möglichst inkognito heraus, was Ihr Mitarbeiter im Training gelernt hat und machen Sie es demonstrativ anders. Kommentieren Sie dabei, dass Ihr Weg der einzige ist, der zum Erfolg führt.

9. Unterbinden Sie Unterstützung von außen!

Sorgen Sie dafür, dass Ihr Mitarbeiter keine Unterstützung beim Lernen und Anwenden erhält. Unterbinden Sie Ideenaustausch mit Kollegen (Achtung Kaffeeautomat!). Verhindern Sie, dass der Trainer bzw. die Personalabteilung noch einmal Kontakt mit Ihrem Mitarbeiter aufnimmt und stellen Sie sicher, dass Ihr Mitarbeiter keinesfalls an Follow-ups, Transfercoachings, Peer-Group-Treffen, Transferevaluierungen etc. teilnimmt.

10. Verstärken Sie die negative Erfahrung!
Wenn Sie die Punkte 1 bis 9 beachtet haben, haben Sie es garantiert geschafft, den Transfer­erfolg Ihres Mitarbeiters zu verhindern. Ihr Mitarbeiter hat die Erfahrung gemacht: Das Training war sinn- und wirkungslos. Sprechen Sie nun ausführlich mit ihm darüber und suchen Sie gemeinsam die externen (!) Gründe, warum er diese Erfahrung gemacht hat. Wichtig dabei: Verallgemeinerungen! (Zum Beispiel: »Trainer wissen ja nie, wie das bei uns geht«, »die Personalabteilung stiehlt uns unsere Zeit, nur um ihre Seminare voll zu bekommen«, »Trainings bei uns sind einfach immer völlig sinnlos.«) Machen Sie sich diesen Mitarbeiter zum Botschafter für andere Mitarbeiter, die ein Training besuchen werden und wiederholen Sie dann die Schritte 1 bis 10.

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Gastautorin
Ina Weinbauer-Heidel
ist mit Leidenschaft an der Schnittstelle ­zwischen Transfer­forschung und -praxis tätig. Als Wissenschafterin, Autorin, Beraterin und Speaker macht sie mit ihrem Institut für Transferwirksamkeit wissenschaftliche Erkenntnisse der Transferforschung für die Praxis nutzbar.
www.transferwirksamkeit.com