Social Media im Verkauf

Kaum ein Unternehmen kommt darum herum, Soziale Medien einzusetzen. Wann und wie diese auch im Verkauf Sinn ergeben, erfuhr TRAiNiNG von einem Vollprofi.

Wie haben Soziale Medien den B2C-Verkauf in den letzten Jahren verändert?

Im B2C-Business gibt es ganz erhebliche Änderungen. Blogger und YouTuber schaffen Trends und Begehrlichkeiten und lösen damit Kauffreude aus, die es in dieser Form früher nicht gab. Gute Social-Media-Kampagnen schaffen Traffic für Online-Shops und pushen den ­E-Commerce.

Welche Besonderheiten gibt es im B2B-Verkauf mit Sozialen Medien?

Im B2B-Bereich verhält es sich ganz anders. Dort kann man vor allem vieles falsch machen. Dauerhafte Präsenz mit zweifelhaft spannendem Content, Katzenfotos und abfotografierte Teller des Abendessens berühren potenzielle Kunden eher unangenehm peinlich, als dass sie Verkaufsprozesse stimulieren. Kauflust direkt über Präsenz in Sozialen Medien auszulösen, gelingt hier kaum.

Was sind die häufigsten Fehler, die Verkäufer und Unternehmen im Umgang mit Sozialen Medien machen?

Da gibt es einiges, Sie müssen nur einmal kritisch beobachten, was manche Unternehmen posten, und was das bei Ihnen auslöst. Ein paar Beispiele sind:

  • Fade, langatmige Texte – vielleicht sogar ohne Bilder – und mäßig spannender Content.
  • Die Beweihräucherung der eigenen Person als Inhalt darzustellen.
  • Aggressive Kaufangebote mit zeitlich oder mengenmäßig limitierten Kaufchancen zu posten. Ganz viele professionelle Kunden schreckt das – zu Recht – nachhaltig ab.
  • Und natürlich das Verwenden unprofessioneller Fotos, verwackelt oder schlecht belichtet.

Welche Social-Media-Plattformen eignen sich heutzutage für den Verkauf?

Das hängt ganz stark von der jeweiligen Zielgruppe ab, die man über die Plattform erreichen möchte. Ich gebe Ihnen hier gerne einen kurzen Überblick über die derzeit relevantesten Plattformen:

Facebook: für alle Lebensbereiche – also beruflich und privat – vor allem  für Menschen über 50. Facebook ist immer noch mit Abstand die größte Social-Media-Plattform der Welt.

LinkedIn: Wird vor allem im Businessbereich – und dort vor allem im Sektor B2B – genutzt. LinkedIn gewinnt zu Recht immer mehr an Bedeutung.

Xing: Kann man sich meiner Meinung nach mittlerweile auch im DACH-Raum völlig sparen. Es gibt dort kaum namhafte User mehr, die Sie nicht auch auf LinkedIn erreichen.

Instagram: Spannend für B2C, aber auch relevant für B2B, wenn Produkt oder Dienstleistung jüngeres Publikum ansprechen soll. Im Bereich Lifestyle die uneingeschränkte Nr. 1.

YouTube: Wird immer mehr zur Suchmaschine mit Bewegtbildantworten für Alt und Jung. Die Relevanz ist weiterhin stark steigend. Unternehmen sollten diese Plattform nicht aus den Augen verlieren.

Twitter: Elon Musk arbeitet intensiv daran, Twitter in die Bedeutungslosigkeit zu schicken. Schade, es war die Plattform für  spannenden Content, vor allem aus den Themenbereichen Politik und Wirtschaft.

TikTok: Für junges Publikum und vor allem für Produkte für Endkonsumenten, also B2C durchaus als relevant anzusehen.

Generell müssen diejenigen aufpassen, die meinen, überall präsent sein zu müssen. Wählen Sie ein, zwei Plattformen für Ihr Kundenpublikum und seien Sie dort professionell regelmäßig präsent. Das wird deutlich erfolgreicher sein, als überall ein bisschen zu »markieren«.

Welche Rolle haben (menschliche) Verkäufer heutzutage noch?

Das kommt sehr stark auf die Verkäuferrolle an:
Im Einzelhandel stehen Verkäufer im argen Wettbewerb mit E-Commerce. Oft sind sie mittlerweile zu »Nachschlichtern« und/oder »Wegräumern« degradiert und haben meist überhaupt keine Ausbildung im Verkauf und manchmal nicht einmal Fachwissen. Das ist schade, denn Einzelhandelsstrukturen könnten sich gerade in einer immer digitaler werdenden Welt stark davon abheben. Mit menschlicher Beziehungsfähigkeit, Charme, Emotion und natürlich mit Fach- und Verkaufs-Know-how. Das würde viele Menschen anziehen.

Wenn es um Outbound und B2B geht, werden Menschen vor allem in der Neukundenakquise auch in den nächsten Jahren das Maß aller Dinge sein. Kein digitales Instrument schafft qualitätsvolle Ersttermine in annähernd der Menge und Qualität wie gute Telefonverkäufer. Wie sich das in ferner Zukunft entwickeln wird, bleibt spannend.

Wenn es um Inbound geht, werden Bots schon recht bald Verkaufsinnendienst-Mitarbeiter ablösen. Die aktuell gehypte Plattform ChatGPT ist dafür ein gutes Beispiel. Wer sich damit etwas beschäftigt, wird erkennen, dass vor allem größere Unternehmen für Inbound-Anfragen zukünftig Künstliche Intelligenz (KI) statt Menschen einsetzen werden.

Seitdem ich im professionellen Verkaufstrainingsgeschäft bin, und das ist immerhin schon 26 Jahre lang der Fall, wird dem Verkäufer-Beruf die Zukunftsfähigkeit abgesprochen. Schon bei der Etablierung des Internets im Business  hörte man diese Lieder singen.

Nun, bis heute ist das dem Internet nicht gelungen, wiewohl im B2C-Bereich E-Commerce mittlerweile einen erheblichen Umsatzanteil ausmacht. Jedoch 75 % der weltweiten Umsätze in B2C laufen immer noch im Einzelhandel. Ich glaube, dass kaum jemand von uns zum Beispiel auf den Stadtbummel mit kombiniertem Einkaufserlebnis im In-und Ausland verzichten will. Im Inbound-Inside-Sales wird es den Verkaufsinnendienst bald tatsächlich nicht mehr brauchen.

Im Verkaufsaußendienst ist der Bedarf an fähigen Verkäufern in all den Jahren gestiegen, und er wird es nach meinem Dafürhalten auch in Zukunft. Bei komplexen Dienstleistungen oder Produkten entscheiden heute Buying Center über Kauf oder Nicht-Kauf.
Ich kann mir keine Technologie vorstellen, die Menschen im Buying Center mit unterschiedlichen Rollen, Aufgaben und Nutzenerwartung in der Qualität ansprechen kann, wie das Topverkäufer können. Das ist wohl der Grund, wieso in nahezu allen Branchen händeringend nach Topverkäufern gesucht wird. Auch die verkäuferische Ausbildung dieser Kollegen boomt wie nie zuvor.

Wie können Unternehmen erfolgreich Soziale Medien für den Verkauf nutzen, wenn bisher noch nichts in diese Richtung unternommen wurde?

Je nach Unternehmensgröße im Selbstversuch Trial and Error oder mit professioneller Agentur. Dieser Markt ist leider sehr unübersichtlich und es tummeln sich Schaumschläger in einer Sonderzahl. Evaluieren Sie daher Ihre Social-Media-Berater genau. Schauen Sie sich die Social-Media-Präsenz Ihrer Partner genau an. Ist das professionell? Werden Ihre Berater in Google nach Eingabe gewisser Keywords organisch gefunden oder nicht? Lassen Sie sich durch Ausreden wie »Auf unseren Social-Media- bzw. digitalen Auftritt legen wir keinen Wert, wir kommen einfach nicht dazu« nicht beeindrucken, sondern fragen Sie nach Referenzkunden und sprechen Sie mit diesen!

Danke für das Gespräch.

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tripolt

Niklas Tripolt
ist geschäftsführender Gesellschafter von VBC und seit 1979 im Verkauf und Management tätig.
www.vbc.biz