Spielerisch lernen

Online-Planspiele funktionieren auch in Corona-Zeiten wunderbar. Christian Kreuzer im Interview über häufige Fehlannahmen betreffend Planspiele.

Was ist die Grundidee von Planspielen?

Sie geben Gelegenheit, Inhalte in eine – zumindest simulierte – Praxis umzusetzen und den Unterschied zwischen Theorie und Anwendung zu erfahren. Sie erlauben einen Überblick und einen Außenblick auf komplexe Systeme, die in der Praxis kaum zu erfahren sind. Sie erlauben eine Simulation von Maßnahmen und ein Ausprobieren von Szenarien, mit der Gelegenheit, wieder zum Ausgangspunkt zurückzukehren.

Für welche Themen eignen sie sich?

Planspiele eignen sich für alle Themen, wenn man den Begriff des »Planspiels« weit genug fasst. Planspiele umfassen Brettspiele, Computer-Simulationen, Hybrid-Varianten, Case-Studies und komplexere Rollenspiele. Im engeren Sinn sind Wirtschaftsplanspiele zumeist eine Simulation eines Unternehmens in unterschiedlichem Detaillierungsgrad.

Was macht die Qualität von Planspielen aus?

Hier gibt es leider bei Kunden und Anbietern viele Fehlannahmen. 25 Jahre Erfahrung mit unterschiedlichen On- und Offline-Planspielen zeigen nämlich:
1. Maßschneiderungen sind für den Lernerfolg weitgehend irrelevant: Viele Unternehmen wünschen sich ein Planspiel, das möglichst genau ihre spezifische Produkt- und Marktsituation abbildet. Davon ist abzuraten. Es wird nicht gelingen, die notwendige Komplexität der Realität in das Planspiel zu integrieren. Je näher sie das Unternehmen abbilden, desto mehr fällt den Teilnehmern jeder noch so kleine Unterschied auf. Besser man stellt klar, dass nicht das eigene Unternehmen, sondern ein idealtypisches Unternehmen abgebildet wird und investiert mehr Zeit in einen sinnvollen und intelligenten Transfer.

2. Transparenz überwiegt Komplexität: Viele Planspiele brüsten sich damit, wie viele Märkte und Produkte und wie komplexe Elastizitäten, Nachfrage- und Angebotskurven hinterlegt sind. Vergessen Sie es. Je undurchsichtiger das Marktmodell ist, desto eher versuchen die Teilnehmer, nicht zu verstehen, sondern zu probieren. Gerade Spiele, die – eigentlich sinnvolle – Learning Loops erlauben, enden dann als sinnlose Trial-and-Error-Spielereien ohne Lerneffekt. Alles, was nicht nachvollziehbar und transparent ist, verhindert das Lernen.

3. Besser richtig als schön: Jedes Planspiel braucht ein fundiertes betriebswirtschaftliches Grundgerüst. Dies muss nicht im Vordergrund stehen, aber einen stabilen und vor allem richtigen Hintergrund bieten. Es gibt eben nur eine Art, wie z. B. eine richtige Bilanz aussieht, selbst wenn sie stark vereinfacht ist. Es ist nichts gegen ein »schönes« Planspiel zu sagen, aber Design darf nicht ein Ersatz für Korrektheit sein.

4. Das Team macht den Erfolg: Planspiele sind Teamspiele. Wie das Team interagiert, ist wesentlich für Entscheidungen und Erfolg. Oft wird die Chance versäumt, diesen Teamaspekt zu beleuchten, vor allem wenn nur das Ergebnis zählt und keine Begleitung stattfindet. Das Team ist ein Mikrokosmos des Unternehmens und zeigt die eigentlichen Engpässe im Management auf. Dies ist aktiv im Planspiel zu adressieren.

5. Die Trainer machen den Unterschied: Ein Planspiel ist eine Plattform für das Lernen. Das Lernen erfolgt auf Basis des Planspiels, nicht durch das Planspiel. Wenn Sie weniger für die Trainer als für das Spiel zahlen, zahlen Sie für das Falsche. Trainer sind ausschlaggebend für den Transfer und für Feedback-Sessions.

6. Trauen Sie nicht den Beurteilungen: Sobald initiale Hemmnisse überwunden sind, gibt es kaum ein Planspiel, das Teilnehmern nicht gefällt. Der Wettbewerbsgedanke tut sein übriges. Trauen Sie daher den Bewertungen nicht, sondern investieren Sie in Transfer und messen Sie konkrete Verhaltensänderungen. Sonst zahlen Sie für Entertainment anstelle von Wirkung.

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Christian Kreuzer
ist Geschäftsführer des Österreichischen Controller-Instituts.
www.controller-institut.at

Dieser Text nutzt für die sprachliche Gleichbehandlung aller Menschen geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen auf Basis des generischen Neutrums (siehe www.generisches-neutrum.com).