Studium? Seminare? Weiterbildung?

Auf die Frage, was man an Ausbildung braucht, um im Personalwesen tätig zu sein, gibt es viele mögliche Antworten.

Akademische HR-Ausbildungen als eigene Studien sind in Österreich relativ neu. Die Möglichkeit einer Spezialisierung im Rahmen eines BWL-Studiums an ordentlichen Universitäten gibt es zwar schon sehr lange, eigene HR-Studienrichtungen sind aber erst mit der Einrichtung von Fachhochschulen und Privatunis entstanden. Das mag daran liegen, dass man früher Positionen in Personalabteilungen gerne, je nach Job-Description, mit Psychologen oder Juristen – oder überhaupt mit »Quereinsteigern« – besetzte, die im Laufe ihrer mehrjährigen Tätigkeiten das jeweils nötige Zusatz-Know-how firmenintern vermittelt bekamen. Und daher kein Bedarf an eigenen Studienrichtungen bestand. Das mag aber auch daran liegen, dass die Anforderungen an die verschiedenen Berufsfelder innerhalb der Personalabteilungen so unterschiedlich sind. Beispielsweise sind für Personalentwickler und Personalverrechner völlig unterschiedliche Skill-Sets, Ausbildungen und wohl auch Persönlichkeiten gefragt. Und daher ist es schwierig, Studiumscurricula zu erstellen, in denen einerseits die so verschiedenen fachlichen Inhalte jeweils auf einem praxistauglichen Niveau erlernt werden und sich andererseits die verschiedenen Persönlichkeiten auch wohl fühlen. Oder anders ausgedrückt: Warum sollte sich jemand, der in die Personalentwicklung gehen will, intensiv mit den Details der Lohnverrechnung auseinandersetzen müssen? Über mehrere Semester hinweg? Ein HR-Studium wird an seine Absolventen also kaum den Anspruch stellen können, dass sie ohne weitere Zusatzausbildung  in so unterschiedlichen Berufsfeldern wie  Lohnverrechnung, Personalentwicklung und Arbeitsrecht tätig werden können. Ein Blick auf die im Kasten angeführten Fachgebiete und Funktionsbereiche zeigt, dass es für eine einzelne Person wohl nicht möglich ist, alles abzudecken.
Unter den Personalvorständen bzw. Personalchefs der nach Mitarbeiterzahlen 10 größten Unternehmen Österreichs befinden sich Absolventen folgender Studienrichtungen: Betriebswirtschaftslehre (3), Rechtswissenschaften (2), Psychologie, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, Personalwirtschaft, Chemie und Versicherungsmathematik. Zwei davon haben übrigens zusätzlich einen Executive MBA der WU Wien abgeschlossen. Das zeigt, dass auch der Weg ganz nach oben im HR-Bereich auf verschiedenste Art und Weise gegangen werden kann.

Wofür dann überhaupt ein HR-Studium?
1) Es gibt sehr wohl Funktionen, in denen spezifisches Wissen in all diesen Bereichen wichtig ist. Ein Personalmanager z. B. wird Reisekosten nicht so gut abrechnen können wie ein Lohnverrechner, aber es ist gut, wenn er genau weiß, worum es dabei geht – und er es auch selbst schon einmal gemacht hat. Er wird die rechtlichen Details nicht im selben Ausmaß beherrschen wie ein Arbeitsrechtler, aber es ist notwendig, dass er zumindest einen guten Überblick hat. Und so weiter. Was man als Personalmanager zusätzlich zu den im Kasten angeführten Inhalten noch braucht, sind Grundlagen der Betriebswirtschaft.
2) Viele der HR-Studien werden berufsbegleitend angeboten. Für Menschen, die bereits im HR tätig sind, ist so ein Studium sehr wertvoll: Zu dem Fachgebiet, in dem sie in der Praxis arbeiten, lernen sie Theoretisches, neu Erlentes können sie im beruflichen Alltag zum Einsatz bringen. Die anderen Fachgebiete lernen sie kennen und verstehen. Das eröffnet ihnen Karrieremöglichkeiten, die ohne das im Studium vermittelte Wissen deutlich weniger wahrscheinlich sind.
3) Auch als Karriere-Einstieg für Berufsanfänger ist ein HR-Studium sinnvoll. Ein Vergleich: Jemand, der gerade ein Human-Medizinstudium abgeschlossen hat, ist dadurch noch nicht qualifiziert, als Arzt in einer eigenen Praxis tätig zu sein, in keinem einzigen Fachgebiet. Dazu bedarf es fachärztlicher Zusatzausbildungen, manche davon dauern so lange wie das Studium selbst. So könnte man auch ein HR-Studium betrachten: Als Basis-Studium, das alle Bereiche abdeckt; für den Einsatz in der Praxis bedarf es aber noch weiterer Lernphasen. Diese werden dank des abgeschlossenen Studiums deutlich kürzer dauern und erfolgreicher sein. Plus: Das Karriereziel verschiebt sich auf lange Sicht nach oben.

Manche HR-Studien decken tatsächlich so gut wie alle der im Kasten genannten Inhalte ab – selbstverständlich nicht jeweils bis ins kleine Detail, aber zumindest im Überblick.

Abseits ganzer HR-Studien gibt es ein Vielzahl spezifischer Ausbildungen völlig unterschiedlicher Dauer und Intensität. Ein Blick auf die nächste Doppelseite zeigt eine Auswahl sowohl von Studien als auch von kürzeren Ausbildungen. Und dann gibt es natürlich auch Seminare und Trainings mit HR-Themen und -Inhalten (siehe z. B. Seite 56).

Das Angebot ist also sehr groß. Die Schwierigkeit für Interessierte liegt wie so oft nicht darin, Ausbildungen zu finden, sondern vielmehr darin, die richtige Aus- oder Weiterbildung auszuwählen. Faktoren wie Organisationsform, Ausbildungsstätte, Termine und Kosten spielen dabei neben den Inhalten eine wichtige Rolle.

Was aber weder Seminare noch ganze Studien vermitteln können, ist die richtige Einstellung. Man muss Menschen mögen, um im Personalwesen tätig zu sein. Sonst ist man einfach im völlig falschen Beruf. Mit der Ausnahme von Tätigkeiten in Spezialgebieten wie z. B. der Lohnverrechnung sollte man auch kommunikativ sein. Daher ist es für viele Recruiter – gerade wenn es um die Besetzung von Stellen in den Personalabteilungen geht – weniger wichtig, welche Ausbildung man abgeschlossen hat (sehr wohl aber, dass man eine Ausbildung abgeschlossen hat). Wichtiger sind die Persönlichkeit, das Mindset und der »Drive«. Alles andere kann man auch »on the job« bzw. in ganz spezifischen Weiterbildungen lernen.

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