Top Executive Coaching

Welche vier Herausforderungen im Coaching von Spitzenführungskräften bedeutend sind, beschreibt Gastautor Johannes Narbeshuber.

Top Executive Coaches sind in einigen Aspekten besonders gefordert. In unseren Supervisionen und Seminaren für diese Kollegen zeigen sich häufig die folgenden vier Themen:

Macht und Konfrontation
Machtvollen Menschen mit ihrem entsprechenden Habitus auf Augenhöhe begegnen zu können, ist eine Grundvoraussetzung im Top Executive Coaching. Auch erfahrene Executive Coaches berichten in der Supervision immer wieder von der Herausforderung, ihre eigenen Triggerpunkte gut im Blick zu behalten: Wie gehe ich um mit meinen eigenen inneren Tendenzen, die das Verhalten meines Coachee als Machtgehabe abwerten und feindselig darauf reagieren? Wie mit den Tendenzen, die mich in Richtung Mitspielen, Anpassung, Unterordnung ziehen? Viele Top-Manager leiden unter dem Defizit an wertschätzender und zugleich klarer Konfrontation von ihrem Umfeld. Wer als Coach wie die Axt im Walde kommuniziert, wird schnell wieder weg sein. Dienstbeflissene Coaches ohne Biss und Konfrontationsbereitschaft können sich dagegen manchmal halten,  lassen aber den zentralen Mehrwert ungenutzt, den ihnen ihre Rolle ermöglichen würde. Konstruktive Konfrontation ist der Schlüssel – und eine Kunst, die Übung und Selbstkenntnis braucht.

Emotionale Kontrolle und
angemessener Tiefgang
Die »dünne Luft« an der Unternehmensspitze ist sprichwörtlich. Dazu kommen die häufig sehr konsequent auf Effizienz und Funktionalität ausgerichteten Arbeits-, Freizeit- und Beziehungsmuster von Executives und ein illusionärer Anspruch, jederzeit rational zu entscheiden und zu argumentieren. Top-Manager müssen sich »im Griff haben«. All das erlaubt in der Regel wenig Austausch und Reflexionsraum, in dem Emotionen zur Sprache kommen und integriert werden könnten. Genau das ist aber unabdingbar für nahezu jede substanzielle Weiterentwicklung im Coaching. Die Scheu vor dieser Ebene ist bei Spitzenführungskräften oft groß, ebenso das Bedürfnis danach. Dafür braucht es einen tragfähigen und angemessenen Rahmen in der Zusammenarbeit.

Überzeugungskraft und
Perspektivenwechsel
Spitzenführungskräfte sind nicht selten auch wegen ihrer Überzeugungskraft dort, wo sie sind. Umso wacher und bewusster müssen Top Executive Coaches sein, die Weltsicht ihrer Kunden nicht zu übernehmen, sondern Distanz und Multiperspektivität zu kultivieren. In der Rolle als Mediator oder Organisationsentwickler ist das ungleich leichter, da man immer mehrere Blickwinkel aus erster Hand kennenlernt. Im Coaching hört man nur eine Perspektive. Und die ist notgedrungen immer unvollständig, auch wenn sie möglicherweise mit dem Charisma und der weit überdurchschnittlichen Eloquenz und Eindringlichkeit eines starken Kommunikators vertreten wird. Das mag selbstverständlich klingen und ist in der Praxis doch immer wieder fordernd.

Gestaltungsspielraum und enge Verbindung mit der Entwicklung der Organisation
Die Arbeit von C-Level-Coaches betrifft durch die Position ihrer Coachees oft auch strategische und organisationsentwicklerische Themen. Trotz der vordergründigen Machtfülle erleben sich auch Unternehmensführer häufig genug gebremst und in ihrer Gestaltungsfreiheit behindert. Wenn Spitzenführungskräfte ein Bewusstsein dafür entwickeln, wie sehr sie mit ihren persönlichen Überzeugungen und Verhaltensweisen die Unternehmenskultur prägen, die sie im Coaching beklagen, können entscheidende Durchbrüche möglich werden. Tief greifende persönliche Weiterentwicklung und Transformation der Unternehmenskultur gehen dann Hand in Hand. Aus dieser Perspektive sind Grundkompetenzen und Landkarten in Sachen Organisationsentwicklung für Top Executive Coaches ebenso unabdingbar wie fundierte psychologische Kenntnisse und Erfahrungen.

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Narbeshuber_neu

Gastautor
Johannes Narbeshuber
ist Gesellschafter
der Trigon Entwicklungsberatung sowie Wirtschaftspsychologe, Unternehmensberater und Executive Coach.
Er ist Präsidiumsmitglied des Austrian Coaching Council ACC, Lehr- und Senior Coach des DBVC und leitet den Trigon Zertifikatslehrgang Coaching in Köln und Wien.
www.trigon.at
www.coaching.at