Trainingsanbieter als Business Partner

Für Trainer und Personalentwickler kann das New World Modell nach Kirkpatrick sowohl die Wirksamkeit von Trainings erhöhen, als auch die eigene Rolle auf ein neues Level heben. 

Personalentwicklung wird in heutigen Unternehmen vielfach noch als interne Dienstleistung verstanden, die nach Bedarf Schulungsmaßnahmen liefert. Das Problem dabei: Wird nach Maßnahmen gefragt, sind Gestaltung und Entwicklung geeigneter Programme meistens schon der nächste Schritt. Manchmal wird vorab noch eine Trainingsbedarfsanalyse durchgeführt. Diese geht aber selten über das reine Training hinaus und fragt in der Regel nicht nach erfolgskritischen Verhaltensweisen oder Business-Zielen. Dabei ist genau das entscheidend für den Erfolg und unverzichtbare Voraussetzung für sinnvolle Evaluierung von Entwicklungsmaßnahmen, wie Donald L. Kirkpatrick schon vor über 50 Jahren festgestellt hat.

Kirkpatrick Approach

Donald L. Kirkpatrick – Begründer des Ansatzes in den 1960er-Jahren – hat folgende 4 Level für effektives Design und Evaluierung von Trainingsmaßnahmen aufgestellt:

Level 1 (Reaction): Wie müssen wir die Lernumgebung gestalten, damit Teilnehmer optimal lernen können?

Level 2 (Learning): Was müssen Teilnehmer lernen, damit sie nach dem Training erwünschtes Verhalten zeigen können?

Level 3 (Behavior): Wie müssen sich Mitarbeiter nach dem Training verhalten, damit Unternehmensziele erreicht werden können?

Level 4 (Result): Welche konkreten Unternehmensziele sollen mit dem Training erreicht und wie können sie gemessen werden?

New World Model 

Was viele nicht wissen, ist, dass Jim Kirkpatrick den Ansatz seines Vaters zum New World Modell weiterentwickelt hat und damit das Ursprungskonzept konkretisiert und ausgebaut hat:

1. Start with the end in mind: Die zentrale Frage lautet: Welches Unternehmensziel wollen wir erreichen? Das New World Modell startet dazu mit Level 4 statt Level 1. Und das Unternehmensziel ist nicht etwa »Abteilung X erzielt 20 % mehr DB« oder »Die Kundenzufriedenheit steigt«. Im Fokus steht das Kernziel eines Unternehmens, sein inhaltlicher und wirtschaftlicher Zweck.

2. Kennzahl ROE: Das New World Modell führt die Kennzahl des ROE (Return on Expectations) ein. Als absolute Schlüsselgröße lenkt es nicht nur das Trainingsdesign in sinnvolle Bahnen, sondern bringt am Ende auch sichtbare und messbare Ergebnisse der Trainings.

3. Leitindikatoren: Das Konzept der Leitindikatoren als »Markierungspunkte« auf dem Weg zum Ziel erweitert Level 4 und hilft, mit allen Maßnahmen »on track« zu bleiben.

4. Performance Drivers: Als besonders wirksam zeigt sich das Tool der »Performance Driver«. Das sind konkrete Maßnahmen, die auf Level 3 von allen Beteiligten gesetzt werden, um erwünschtes Verhalten zu fördern.

5. Zuversicht & Commitment: Level 2 wurde zu den bekannten drei Dimensionen (Wissen, Können und Haltung) um zwei höchst relevante erweitert: Zuversicht und Commitment der Teilnehmer bezüglich der Umsetzung des Erlernten.

6. Hybrid Evaluation Tool: Eine starke Hebelwirkung von Trainings erzielt das New World Modell durch das Hybrid Evaluation Tool. Das ist ein lernerzentrierter Ansatz, um nach dem Training Teilnehmerfeedback auf allen 4 Levels einzuholen.

7. Strategischer Business Partner: Insgesamt ermöglicht es das New World Model mit all diesen Punkten, die Rolle und Funktion von Trainern und Personalentwicklern auszubauen – vom bloßen Dienstleister zum strategischen Business Partner im Unternehmen.

8. Tatsächlichen Trainingsneed erkennen: Als strategischer Business Partner kann das Ergebnis der Business Need Analyse nach Kirkpatrick auch sein, dass es gar nicht (das angeforderte) Training ist, das man braucht, um bestimmte Ziele zu erreichen.

Es kann sein, dass es gar kein Training braucht? Als Trainingsdienstleister lässt uns das erst einmal schlucken und auch auf Personalentwicklungsseite mag das Verblüffung auslösen. Begegnen kann man alledem mit der Metapher einer Bergexpedition.

Stellen Sie sich vor, Sie wollen eine Expedition zu einem herausfordernden Berg durchführen. Wenn Sie eines Tages evaluieren wollen, ob Sie erfolgreich den richtigen Berggipfel erreicht haben, wird es wichtig sein, dass Sie das Projekt zunächst gründlich planen und erst dann umsetzen. Nur sehr unerfahrene und häufig auch erfolglose Bergsteiger wählen einen Berggipfel und rennen ohne Routenplanung los. Sie wählen also den Berggipfel, den Sie erklimmen wollen und definieren, wann Sie dort sein wollen. Dann überlegen Sie, welche Route Sie wählen und wie Sie erkennen können, dass Sie auf dem richtigen Weg nach oben sind und bleiben. Weiters entscheiden Sie, wer Teil der Wandergruppe ist, die das Ziel erreichen soll. Sie klären dann, in welcher Art und Weise die Wandergruppe  den Berg erklimmen soll. Außerdem entscheiden Sie, welche Maßnahmen das erwartete Verhalten der Bergsteiger sicherstellen und unterstützen werden. Nämlich einerseits durch die Bergsteiger selbst, aber auch durch die Bergführer und andere Beteiligte. Wenn das alles geklärt ist, legen Sie fest, was die Mitglieder der Berggruppe noch brauchen – an Wissen, Können und Haltungen. Und wenn dann tatsächlich ein Training nötig sein sollte, um die Gruppe optimal vorzubereiten, dann erst werden Sie überlegen, wie ein Trainingslager am Fuß des Berges optimal gestaltet wird, so dass die Bergsteiger am Ende bestmöglich auf den Aufstieg vorbereitet sind.

Businesspartner

Sowohl Prozess und Tools des New World Models als auch die Bergmetapher machen klar, dass es sich hier für viele in der Branche um einen Paradigmenwechsel in Bezug auf Design und Einsatz von Trainings handelt. Um in diesem Kontext wirklich an Businesszielen zu arbeiten und den ROE sinnvoll als Kennzahl einsetzen zu können, braucht es Personalentwickler und Trainer, die eine gezielte Partnerschaft mit dem Business eingehen. Beide müssen die Business-Seite verstehen, hinterfragen und auf Basis der erhaltenen Informationen ein Package an Maßnahmen zusammenstellen. Die resultierenden Maßnahmen können weit über reines Training hinausgehen oder – mitunter – sogar gar kein Training enthalten.

Fazit 

Wenn der neue Kirkpatrick Ansatz wirklich umgesetzt wird, wird Training in Zukunft anders wahrgenommen werden: Trainings sind dann nicht mehr die AUFGABE, die erfüllt werden soll, sondern werden BESTANDTEIL effektiver Personalentwicklung. Dafür muss sich letztlich aber auch das Selbstverständnis von HR und Trainerwelt ändern.

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ibeschitz

Gastautorin

Masha Ibeschitz 

ist seit mehr als 20 -Jahren weltweit als -Trainerin tätig und Spezialistin im -Bereich -Lerneffektivität, -Führung und -Coaching. Seit Herbst 2015 ist sie außerdem die erste und einzige -Trainerin weltweit, die die Kirkpatrick Bronze Zertifizierung auch auf Deutsch anbietet.

www.lerntransfer.net 

www.mdi-training.at