Vertrauen als Grundlage

Wie in Projekten eine positive Fehlerkultur geschaffen werden kann und warum das Thema so wichtig ist, erzählt Brigitte Schaden im Interview.

Wie sieht in Projekten eine positive Fehlerkultur aus?

Sie zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass Fehler nicht unter den Teppich gekehrt werden, sondern aktiv und möglichst in einem frühen Stadium des Projekts adressiert werden. Je früher das passiert, desto billiger und einfacher ist die Korrektur.
Im Projektkontext ist aus diesem Grund das Projektcontrolling etabliert, um darauf zu achten, dass Qualität und Funktionalität, Kosten und Zeit im Blickfeld sind. Es ist nicht nur ein Kontrollinstrument, sondern ein Steuerungsinstrument, das eine Kurskorrektur ermöglicht – wenn notwendig auch hinsichtlich der sozialen Komponente innerhalb eines Projektteams.
Um eine Abweichung zu adressieren, muss man sie zuerst einmal bemerken. Im nächsten Schritt sucht man dann gemeinsam mit dem Team Lösungsmöglichkeiten. Wichtiger als die Frage zu stellen, »wer« einen Fehler gemacht hat, ist es, auf systematische Weise eine Wiederholung zu verhindern. Davon profitiert langfristig das ganze Projekt.

Gerade in Projekten, wo unter starkem Druck und finanzieller Beschränkung gearbeitet wird, passieren immer wieder größere und kleinere Fehler. Was kann das Unternehmen tun, damit diese nicht unter den Teppich gekehrt, bzw. beschönigt werden, sondern dass zu einer offenen Fehlerkultur beigetragen wird?

In einem Klima der Wertschätzung steigt die Wahrscheinlichkeit, dass mit Fehlern offen umgegangen wird und damit frühzeitig gegengesteuert werden kann. Denn nicht allein die Komplexität von Projekten ist für Fehler verantwortlich, sondern auch Faktoren wie mangelhafte Kommunikation, fehlende Zielvorgaben, ungeklärte Verantwortungen und schlechte Planung, ineffizientes Projektcontrolling oder nicht vorhandenes Vertrauen im Team.
Vertrauen zwischen Team und Führungskräften ist auch die Grundlage für eine positive Fehlerkultur, die möglich wird, wenn das Team sieht, dass die Überbringer schlechter Nachrichten nicht bestraft werden, sondern möglicherweise sogar gelobt werden. Wie erwähnt, gibt es in Projekten viele mögliche Fehlerquellen – und für alle diese Fehlerquellen gibt es Maßnahmen und Werkzeuge, um die Fehlerwahrscheinlichkeit zu verringern.

Kennen Sie dazu ein paar konkrete Beispiele aus Unternehmen?

Erfolgreiche Beispiele für positiven Umgang mit Fehlern zeichnen sich dadurch aus, dass sie von den Führungskräften getragen und vorgelebt werden. Wenn z. B. anonyme Beschwerden ernst genommen werden und in tatsächlichen Verbesserungen münden, steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass Missstände offen angesprochen und damit bearbeitet werden können.

Kann man es mit diesem Thema auch übertreiben? Fast bekommt man schon das Gefühl, man müsse Fehler machen, damit Innovation passieren kann.

Eine wie eingangs beschriebene positive Fehlerkultur ist Zeichen von professionellem Projektmanagement. Fehler sind kein Ziel, aber sie passieren – selbst bei exzellentem Projektmanagement.

Gerade durch das Nicht-Hinschauen erhöht sich jedoch das Risiko, dass – im »worst case« – irreversibler Schaden entsteht und Projekte scheitern. Daher ist es wichtig, ein Werteverständnis zu etablieren, in dem Fehler nicht als Niederlage gesehen werden. Fehler in Kommunikation und Umsetzung können durch gutes Projektmanagement minimiert werden. Fehlerhafte Annahmen hingegen sind Teil des Lernprozesses – und in Projekten, die nun einmal immer mit Unsicherheit zu tun haben, gibt es immer etwas zu lernen.

Danke für das Gespräch.

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schaden0716

Brigitte Schaden
ist die Präsidentin von Projekt Management Austria (pma).
www.pma.at