Viele Trainer und Vortragende verfügen über ansehnliches Spezialwissen. Wertvoll wird es jedoch erst dann, wenn es auch in den Köpfen der Teilnehmer ankommt.
Um Seminare erfolgreich zu machen, bereiten Experten ihr Wissen methodisch/didaktisch auf und »präsentieren« es den Teilnehmern. Doch genau da passieren selbst erfahrenen Trainern, Vortragenden und Beratern immer wieder Fehler, die im letzten Moment all die professionelle Vorarbeit zunichtemachen. In dieser Artikel-Serie gebe ich wichtige Impulse zu Ihrer Präsentation und verrate mehrere Trainergeheimnisse, mit denen Sie garantiert »Ihre PS auf die Straße bringen«.
Ein Bild sagt mehr als 1 000 Worte
Im Jahr 1997 fuhr ich zu einem Vortrag über »Zukunfts-Trends« nach St. Pölten. Der Vortragssaal sah vielversprechend aus. 20 Reihen mit je 40 Stühlen boten jede Menge Platz. 8 Vorträge zu je einer Stunde erwarteten mich. Dann ging es auch schon los. Im Saal wurde es still. Der erste Vortragende betrat die Bühne, schaltete den Beamer ein und legte in seiner Stunde sage und schreibe 87 (!) Folien auf. Viele davon waren so klein beschrieben, dass sie kaum jemand lesen konnte. Bei einigen Folien klickte er gleich weiter und meinte: »Die brauchen wir heute nicht.« Als er fertig war, schwirrte mir der Kopf. So viele Eindrücke. Und alles, woran ich mich aus seinem Vortrag noch erinnern konnte, war genau eine Folie. Nämlich die, auf der stand: »Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.« Alle anderen Folien waren bereits am Ende des Vortrages wieder aus meinem Gedächtnis gelöscht. Ich war ein Opfer des »betreuten Lesens« geworden.
Folien sind KEINE Stichwortzettel für Trainer
Immer wieder missbrauchen Trainer, Vortragende und Berater ihre Folien als Stichwortzettel und im schlimmsten Fall sogar gleich auch noch als Teilnehmer-Skript. Warum machen sie das? Um das zu verstehen, müssen wir einen kurzen Ausflug in die historische Entwicklung der Visualisierung machen:
- Die Kunst des Visualisierens begann ca. 15 000 Jahre v. Chr., als Menschen erstmals Bilder an die Wände ihrer Höhlen malten, um damit ihre Erzählungen, Geschichten und Erfahrungen zu untermalen.
- Ca. 3 000 v. Chr. entwickelten die Ägypter daraus eine erste Bilder-Schrift; die Hieroglyphen.
- 950 n. Chr. wurden erstmals die Fenster von Kirchen bemalt. Man stellte Figuren und Szenen aus der Bibel dar. Diese sollten die Predigt unterstützen und den Gläubigen (die ja meist nicht lesen konnten) beim Einfühlen in die Geschichten helfen.
- 1945 setzte die Polizei erstmals Overhead-Projektoren ein, um aus einzelnen Folien mit Gesichtsteilen ein Phantombild eines Täters zusammenzubauen.
- 1950 wurde der 35mm-Dia-Projektor erfunden. Erstmals konnten damit professionelle Redner ihre Ideen grafisch aufbereiten und Punkt für Punkt vermitteln. Die Folien wurden von ausgebildeten Werbe- und Marketing-Experten erstellt. Sie haben professionell ausgesehen – waren aber natürlich zeitaufwändig und daher leider auch mit entsprechenden Kosten verbunden. Pro Folie musste man – je nach Aufwand – mit Kosten zwischen 250,– € und 1.300,– € rechnen.
- Die eigentliche »Misere« begann aber im Jahre 1987, als die Firma Forethought, Inc. ihre Software PowerPoint veröffentlichte. Denn plötzlich konnte jeder seine Folien selbst erstellen – auch ohne jede grafische Ausbildung. Die Entwickler versprachen jedem, dass er mit PowerPoint sofort zum professionellen Foliendesigner werden würde. Wer braucht da schon das Know-how ausgebildeter Werbe- und Marketing-Experten? Schließlich waren wir ja alle in der Schule und kennen daher Visualisierungen zur Genüge von den Tafelbildern unserer Lehrer. Und so begannen Heerscharen von Rednern, Vortragenden und Trainern damit, Folien wie die Tafelbilder in der Schule zu gestalten: Text, Text, Text.
Fluch oder Segen?
Mittlerweile haben Folien vielerorts einen so schlechten Ruf, dass sich bereits Gegenbewegungen formieren. Einige Trainer verweigern die Verwendung von Folien sogar komplett. Was aber schade ist, denn Folien haben durchaus auch ihre Vorteile. Aus der historischen Entwicklung lernen wir, dass Visualisierungen einst erfunden wurden, um das Erzählte plastischer zu vermitteln. Sie sollen die Fantasie des Zuhörers wecken und ihm ein Bild in sein Gedächtnis zaubern, an das er sich noch lange erinnert. Beginnen Sie damit, visuell zu denken und verwenden Sie Folien, um besonders merk-würdige Botschaften besser im Gedächtnis Ihrer Teilnehmer zu verankern. Oder benutzen Sie sie als Kulisse für Ihre Erzählungen.
Multi-Channel-Learning
Professionelle Trainer vermitteln ihre Kernbotschaften, Modelle und zentralen Gedanken über mehrere Kanäle. Natürlich lernen Ihre Teilnehmer dabei hauptsächlich von Ihnen. Aber nicht nur. Im Seminar lernen sie:
- von Ihnen als Trainer,
- aus eigenen Erfahrungen,
- von anderen Teilnehmern,
- von Ihren Visualisierungen,
- von den ausgeteilten Hand-outs und den Seminarunterlagen.
Die Gestaltung professioneller Visualisierungen trägt daher maßgeblich zum Gesamterfolg Ihres Seminars bei.
Jedes Medium hat seine Vor- und Nachteile. Und jedes hat seine speziellen Eigenheiten. Hier ein paar Tipps, die Sie unbedingt beachten sollten, wenn Sie das jeweilige Medium benutzen möchten.
Für alle Visualisierungen
- Beherrschen Sie im Seminar die verwendeten Medien nicht, so verschenken Sie damit einen unschätzbaren Vorteil. Kaum etwas ist peinlicher, als wenn im Seminar nicht einmal die Medien das tun, was Sie wollen. Testen Sie daher immer rechtzeitig alles, was Sie später für Ihre Präsentation verwenden möchten.
- Gehen Sie sehr sparsam mit Text auf Ihrer Visualisierung um. Der Inhalt jeder Visualisierung muss für Ihre Teilnehmer in maximal 3 Sekunden vollständig erfassbar sein. Wollen Sie mehr Informationen vermitteln, so teilen sie diese besser auf mehrere Visualisierungen auf.
Tipps zum Umgang mit Folien
- Position: Achten Sie beim Zeigen einer Folie auf Ihre eigene Position im Raum. Dass Sie nicht direkt im Beamerstrahl stehen sollten, versteht sich von selbst. Suchen Sie für Ihre Ausführungen einen Platz im Raum, an dem Sie keinem Teilnehmer die Sicht verstellen.
- Einheitliches Layout: Jeder Vortragende hat seinen eignen Stil. Es irritiert Ihre Teilnehmer aber, wenn auch jede Folie wieder anders aussieht. Das kostet unnötig Aufmerksamkeit, weil Ihre Teilnehmer dann bei jeder Folie wieder aufs Neue herausfinden müssen, wo denn nun die wichtige Information zu finden ist. Machen Sie es ihnen leicht und verwenden Sie einen einheitlichen Hintergrund, einheitliche Kopf- und Fußzeilen, einheitliche Schrift, Farben und Aufzählungszeichen.