Vorteile für Trainer und Institute

Zertifizierungen von Trainern und Trainingsinstituten liegen im Trend.
Wie dieser Artikel zeigt, bringen sie dann etwas, wenn nicht nur die externen, sondern vor allem auch die internen Vorteile die wenigen Nachteile überwiegen.

Als externe Vorteile bezeichnen wir jene Vorteile, die ein Zertifikat in der Außenwirkung bringen kann, z. B. für die Vermarktung oder bei der Akquise. Interne Vorteile sind jene, die ein Trainer persönlich bzw. ein Institut für sich aus dem Zertifizierungsprozess gewinnen kann.

Auch wenn viele, vor allem etablierte Trainer die Notwendigkeit von Zertifikaten nicht sehen oder Zertifikate sogar strikt ablehnen, entwickelt sich unsere Gesellschaft anscheinend in diese Richtung. Ob das eine gute Entwicklung ist, ist eine andere Frage. Wer Kindergarten-pädagoge oder Lehrer an einer Schule sein möchte, braucht ein Zertifikat. Um eine Fußballmannschaft zu trainieren, braucht man ein Zertifikat – auch wenn es nur die Kindermannschaft eines kleinen Vereins ist. Da erscheint es doch nur logisch, dass man auch für das Abhalten von Trainings erwachsener Personen ebenfalls ein Zertifikat vorweisen können sollte.

Die andere Sichtweise ist, dass ein Zertifikat als solches noch keine Qualitätsverbesserung mit sich bringt. Wo liegen dann also die Vorteile – außer für die Zertifizierer? Es gibt Spitalsärzte, die an den Zertifizierungsvorgaben und -wünschen ihrer Abteilungschefs oder Krankenhauserhalter regelrecht verzweifeln. Sie sind überzeugt davon, dass die Betreuungsqualität durch die Zertifizierung abnimmt. Denn die Zeit, die der Zertifizierungsprozess in Anspruch nimmt, wird beim Patienten eingespart. Jede Zertifizierung und Rezertifizierung bedeutet ihren Aussagen nach mehr Bürokratie und weniger Zeit für die Patienten und somit einen Qualitätsverlust.

Wenn man diese Betrachtungsweisen einander gegenüberstellt und die Argumente abwägt, erkennt man: Eine Zertifizierung ist dann sinnvoll und erstrebenswert, wenn es nicht nur externe, sondern auch interne Vorteile gibt und wenn sich die Nachteile in engen Grenzen halten. Wir haben also österreichische Expertinnen und Experten nach den Vor- und Nachteilen gefragt.

Externe Vorteile

Lukas Bergmann, Leiter der WIFI-Zertifizierungsstelle, nennt zusätzlich zum möglichen Marketing- und Akquise-Bonus einen weiteren externen Vorteil von Zertifizierungen: »Neben den individuellen externen Vorteilen führen Zertifizierungen Standards für die Branche ein und geben Orientierung für die Öffentlichkeit und potenzielle Kunden. Sie geben Sicherheit in der Auftragsvergabe, wirken vertrauensbildend und bringen Transparenz in die Branche.« Zertifizierungen haben demnach auch einen positiven Einfluss auf die gesamte Trainingsbranche.

Auch Alfred Harl, Obmann des WKÖ-Fachverbandes Unternehmensberatung, Buchhaltung und IT (UBIT), führt die Transparenz als Vorteil an. Er sagt über das Angebot des UBIT-eigenen Weiterbildungs- und Zertifizierungsinstituts incite: »Unsere Zertifizierung gibt potenziellen Auftraggebern ein klares Bild über vorhandene Trainerkompetenzen und stellt als freiwillige Höherqualifizierung ein sichtbares Differenzierungsmerkmal dar. Außerdem bürgt die Zertifizierungsstelle für Image und Akzeptanz. Ein Trainer hat mit dem Zertifikat ein starkes Posi-tionierungs-Tool, um Qualität und Kompetenz öffentlich und extern überprüft darzustellen.« incite vergibt ausschließlich Personenzertifizierungen nach ISO 17024.

Karin Reisinger, Leiterin der wba – einer Zertifizierungs- und Anerkennungsstelle für Erwachsenenbildner, sagt über die externen Vorteile der eigenen Zertifikate: »Ein Bildungsinstitut kann davon ausgehen, dass wba-zertifizierte Trainer bestimmte Grundvoraussetzungen erfüllen, die durch das wba-Curriculum festgelegt sind. Das wba-Zertifikat bestätigt somit eine Grundqualifikation, die über didaktisch-methodische Kompetenzen hinausgeht: pädagogisches Grundwissen, Soft Skills wie kommunikative Kompetenz oder Konfliktmanagement, die Reflexion der eigenen (beruflichen) Rolle sowie Einblicke in weitere Tätigkeitsfelder der Erwachsenenbildung wie Beratung oder Bildungsmanagement.« Da geht es also auch um die externe Bestätigung für interne Vorteile – und schließlich ist das ja das »natürliche« Wesen eines Zertifikats.

Brigitte Schaden, Vorstandsvorsitzende von pma, sieht die Vergleichbarkeit als weiteren externen Vorteil: »Eine neutrale, unabhängige Stelle evaluiert die Kompetenzen, im Idealfall basierend auf international anerkannten Standards, die somit eine Vergleichbarkeit ermöglichen.« Ja, internationale Standards wären fein. Denn Transparenz und Vergleichbarkeit bieten einen umso höheren Nutzen, je größer die Anzahl der Anbieter ist, die ich vergleichen kann. Und das Trainingsgeschäft wird ja auch immer internationaler, viele Institute – auch österreichische wie z. B. das WIFI International oder das MDI – bieten ihren Kunden an, in mehreren Ländern von jeweils lokalen Trainern geschult zu werden.

Wie groß die externen Vorteile bezüglich Marketing und Akquise sind, hängt natürlich vom Trainer bzw. dem Institut selbst und seiner Marktpräsenz ab. Für jemanden, der schon lange erfolgreich tätig ist, wird ein Zertifikat keinen besonderen externen Nutzen bringen (sehr wohl aber vielleicht einen internen). Für Neueinsteiger hingegen kann ein Zertifikat einen beträchtlichen Mehrwert bringen und es leichter machen, zu ersten Aufträgen zu kommen.

Michael Traindt, Senior-Partner bei der ic2 concepts and trainings GmbH, unterscheidet bei der externen Bedeutung eines Zertifikats für die Akquise auch in Neukunden und bestehende Kunden: »Der Vorteil besteht meist vor allem bei Neukunden. Bestehende Kunden blicken ausschließlich auf das Ergebnis bzw. die Zufriedenheit der Teilnehmer. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass Zertifikate bei Neukunden sehr wichtig sind, weil ohne konkrete Erfahrung mit einem Trainer oder Coach kann man letztlich nur auf Zertifikate, Ausbildungen und Referenzen bauen. Das bringt ebenfalls eine bestimmte Qualitätssicherung in den Markt. Diese ist auch wichtig vor allem für die Teilnehmer, damit bestimmte Grundstandards eingehalten werden und nicht falsche Glaubenssätze trainiert werden.«

Interne Vorteile

Brigitte Schaden beschreibt die internen Vorteile, die ein Zertifizierungsprozess einem Trainer bringen kann: »Er setzt sich mehr als üblich mit seinen eigenen Kompetenzen auseinander. Dabei findet er eventuell ›blinde Flecken‹, die er bearbeiten kann – wodurch er sich weiterentwickelt und (sich seiner) selbstbewusster wird. Und mindestens ebenso wichtig: Häufig werden auch zusätzliche Stärken entdeckt, die er dann bewusst als Trainer einsetzen kann – die ihm möglicherweise zu seinem ›USP‹ verhelfen.« Stärken und Schwächen entdecken – wenn das eine Zertifizierung leisten kann, dann ist schon viel erreicht.

Alfred Harl rückt die Kompetenzen in den Vordergrund: »Die geforderten Kompetenzen des Trainers sind im Zertifizierungsprozess klar definiert und werden durch einen professionellen Überwachungsprozess verifiziert. Das gibt dem Trainer auch persönliches Feedback in Bezug auf Kundenreferenzen, Prozessabläufe, methodisches Know-how und Schwerpunktfelder.«

Karin Reisinger: »Durch die Auseinandersetzung mit der beruflichen Rolle im Rahmen eines verpflichtenden Assessments, der sogenannten Zertifizierungswerkstatt, stärkt die wba-Zertifizierung das Selbstbewusstsein und das berufliche Selbstverständnis ihrer Absolventen. Die Zertifizierungswerkstatt führt zur Erweiterung der eigenen Perspektiven und Kompetenzen. wba-Kandidaten reflektieren zunächst den eigenen Bildungsweg und aktivieren dabei länger zurück liegende Bildungs- und Berufserfahrungen. Der Besuch der Zertifizierungswerkstatt wird als bereichernd erlebt. Auch bereits langjährig tätige Trainer erhalten in Reaktion auf die Vorführung einer authentischen Praxissequenz und anderer praxisnaher Rollenspiele hilfreiches Feedback und werden in ihrem Tun gestärkt.«

Lukas Bergmann sieht je nach Entwicklungs- und Erfahrungsstand des Trainers unterschiedliche Vorteile: »Erfahrene Trainer sehen einen Zertifizierungsprozess vielfach als Reflexion und Aufrollung ihrer Trainingserfahrungen. Darüber hinaus können sie dadurch durchaus auch neue Einsichten gewinnen und ihr professionelles Tun ganz gezielt weiterentwickeln.   Trainer, die eher am Beginn ihrer Karriere stehen, können die Impulse der WIFI-Philosophie des lebendigen und nachhaltigen Lernens (LENA), das als Grundlage des Zertifizierungsprogramms herangezogen wird, gleich von Anfang an für ihre weitere Trainingspraxis  nutzen.«

Und er zeigt auch gleich die Unterschiede zu den Vorteilen einer Institutszertifizierung auf: »Im Gegensatz zur Trainerzertifizierung, wo ja persönliche Kompetenzen zertifiziert werden, bedeutet die Zertifizierung eines Trainingsinstituts, dass die Fähigkeit, Trainings nach definierten Standards in gleichbleibender Qualität zu planen und durchzuführen, im Fokus der Evaluierung steht. Daher geht es darum, Prozesse und Abläufe in der Konzeption und Umsetzung von Trainingsleistungen zu optimieren, sowie nachvollziehbare, standardisierte und dokumentierte Abläufe und Strukturen einzuführen und so eine gleichbleibend hohe Qualität der Dienstleistung zu sichern. Im Ergebnis wirken Zertifizierungen kostenreduzierend, qualitäts- und effizienzsteigernd.«

Karin Reisinger zählt einige weitere interne Vorteile für Institute auf: »Generell gesagt verändern Qualitätsmanagementsysteme intern Prozesse und die Herangehensweise an diese. Das eigene Tun wird stärker reflektiert, Abläufe ständig optimiert. Gerade bei einer Erstzertifizierung wird das Gespür für die eigenen Abläufe geschärft. Institutionelle Zertifizierungen zwingen zum Festlegen von Zuständigkeiten, zum Artikulieren messbarer, zeitlich festgesetzter Ziele und zielen auf eine Erhöhung der Transparenz. Die Dokumentation, die gerade im Anfangsstadium eines Qualitätsmanagementsystems oft als mühsam erlebt wird, erweist sich spätestens bei der Einschulung eines neuen Mitarbeiters als hilfreich. Ziel- und somit sinnorientiertes Arbeiten fördert die Zufriedenheit mit der eigenen Arbeit.«

Brigitte Schaden hebt u. a. die Bedeutung der Einstellung des Instituts hervor, wenn sie über die internen Vorteile sagt: »Das kommt auf die Zertifizierung an – darauf, was und wie evaluiert wird. Nicht jede Zertifizierung bewirkt wirklich einen Qualitätssprung. Und es kommt natürlich auch darauf an, was sich ein Trainingsinstitut von einer Zertifizierung erwartet: Soll der Prozess nachhaltig etwas verbessern oder nur rasch vorbeigehen und das Zertifizierungssiegel lediglich die Website ›schmücken‹?«

Nach den möglichen Nachteilen einer Zertifizierung befragt, geben die Experten an, dass eine Zertifizierung keine Ausbildung ist und daher auch nicht als solche gesehen werden sollte, und dass sie natürlich Zeit und Geld kostet. Letzteres werde aber durch gesteigerte Effizienz und Qualität mehr als nur wettgemacht, da sind sich alle einig. Das bringt uns zur entscheidenden Frage: Macht ein Zertifikat einen Trainer bzw. ein Institut besser?

Lukas Bergmann: »Ja, weil wir aus unserer Erfahrung wissen, dass sich sowohl Trainer als auch Trainingsinstitute aktiv mit den jeweiligen Anforderungen des Zertifizierungsprogramms auseinandersetzen müssen. Damit einhergehend werden in aller Regel Entwicklungsschritte eingeleitet, um mit ihren Kompetenzen und Leistungspotenzialen ein zertifizierbares Niveau zu erreichen.«

Karin Reisinger: »Die Rückmeldungen unserer Absolventen zeigen, dass das Durchlaufen des wba-Zertifizierungsprozesses ganz klar einen Kompetenzzuwachs bringt. Das ersetzt aber nicht das kontinuierliche Weiterarbeiten an den eigenen Kompetenzen und das ›Dranbleiben‹ an den aktuellen und zukünftigen Entwicklungen im Berufsfeld.«

Alfred Harl: »Es macht den Trainer bedingt besser, indem er im Zertifizierungsprozess beispielsweise seine Arbeitsweise hinterfragt oder Verbesserungspotenziale orten und somit Wissenslücken schließen kann.«

Michael Traindt: »Nur das Sammeln von Zertifikaten macht noch keinen guten Trainer. In unserem Beruf kann eben nicht alles gemessen werden. Ein Zertifikat alleine sagt über einen Trainer oder ein Institut vieles aus, aber noch nicht das Wichtigste: Passt er zum Unternehmen? Ein Zertifikat kann niemals ein persönliches Bedarfsgespräch mit dem Trainer ersetzen.«

Brigitte Schaden: »Hochwertige Zertifizierungen können einem Trainer bzw. einem Institut durchaus helfen, die eigene Qualität zu verbessern. Nicht zulässig ist allerdings der Umkehrschluss, dass ein Trainer bzw. ein Institut ohne Zertifizierung schlecht ist. Es gibt sehr gute Trainer und Institute, die keine Zertifizierung haben.«

Man ist also mit Zertifikat höchstwahrscheinlich besser, als man es ohne wäre. Das sagt aber noch nichts darüber aus, wie gut man im Vergleich zum Mitbewerb ist. Für z. B. Personalentwickler bedeuten Zertifikate also einen Anhaltspunkt, blind verlassen dürfen sie sich darauf nicht. Das hätten sie aber ohnedies nicht getan.

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