Was tun, wenn das Bauchgefühl versagt?

Viele Rekruter verlassen sich in Bewerbungsprozessen auf ihr Bauchgefühl. Das ist allerdings nicht immer verlässlich und kann Unternehmen mitunter viel Geld kosten.

Falsche Jobbesetzungen können einem Unternehmen je nach Hierarchie der Position bis zu 12 Monatsgehälter kosten. Dennoch verlassen sich viele Rekruter auf ihr Bauchgefühl und reden sich auf ihre jahrelange Erfahrung aus. Doch hier passieren viele Fehler. Denn bei sympathischen Bewerbern, die mit dem Rekruter auf einer Wellenlänge sind, hat er eben ein gutes Bauchgefühl. Das muss aber noch lange nicht heißen, dass der Kandidat auch gut ins Team passt. Um auch objektive Maßstäbe im Recruiting anzuwenden, bietet kaiblinger+partner ein Tool neu in Österreich an. TRAiNiNG hat darüber mit dem Geschäftsführer Karl Kaiblinger gesprochen.

Warum ist das Thema Recruiting derzeit so wichtig wie noch nie?

Nun, die demografischen Voraussetzungen haben sich geändert, und damit der Arbeitsmarkt. Fachkräftemangel, Pensionierungswellen und die Einstellung der neuen Generation führen in Zukunft dazu, dass Unternehmen nicht genügend Bewerbungen erhalten werden. Daher muss sich die Einstellung von Unternehmen zu diesem Thema ändern. Denn nur wer die richtigen Mitarbeiter findet und auch hält, wird sich am Markt weiterhin durchsetzen können. Die großen, namhaften Unternehmen werden diese Probleme nicht so schnell zu spüren bekommen, wie Kleinunternehmen und der Mittelstand. Und diese Schicht stellt in Österreich nun mal die absolute Mehrheit der Unternehmen dar.

Was ist bei Stellenausschreibungen zu beachten?

Unternehmen müssen den Recruitingprozess mehr wie den Vertrieb sehen, nicht wie den Einkauf. Sie müssen sich selbst an potenzielle Arbeitskräfte verkaufen. Und das erfordert einen Umdenkprozess. Bewerber erwarten gegenseitige Wertschätzung und eine Kommunikation auf Augenhöhe. Da gilt es die besten Kandidaten zu umwerben oder man verliert sie an den Wettbewerb. Bevor Unternehmen eine Stellenanzeige schalten, ist es sinnvoll, sich über die genaue Zielgruppe den Kopf zu zerbrechen. Kandidaten der Generation Y sollten anders angesprochen werden, als Kandidaten mit mehreren Jahren Berufserfahrung und damit einhergehender Expertise. Und ebenfalls wichtig ist es, ernsthaft darüber nachzudenken, welche Qualitäten und Kompetenzen der Bewerber haben sollte. Denn in jeder zweiten Anzeige stehen Schlagworte wie »teamfähig« »sozial Kompetenz« oder »konfliktfähig«. Wenn Unternehmen das konkretisieren und auf den Punkt bringen, ist schon viel gewonnen.
Und natürlich ist es wichtig, alle bekannten Kanäle wie Social-Media, Karriereseiten, Karriereportale etc. zu bedienen. Auch Mitarbeiter-Empfehlungs-Programme werden in Österreich noch viel zu wenig genutzt, obwohl hier ein riesen Potenzial verloren geht.

Sie bieten ein neues Tool an, um Kandidaten objektiver einschätzen zu können. Worum handelt es sich dabei genau?

Wir arbeiten seit einiger Zeit mit dem Tool ­ProfileXT®. Das ist ein mehrdimensionales Profiling-Instrument, das sowohl Rekrutern als auch Führungskräften alle notwendigen Informationen liefert, um die Besten zu finden. Denn Bauchgefühl alleine ist zu wenig. Ich rate allerdings jedem Rekruter, auf ein negatives Bauchgefühl zu hören, das stimmt meistens. Doch bei einem guten Bauchgefühl zahlt es sich aus, noch weitere Tools in Anspruch zu nehmen, um sicher zu gehen.

Wie funktioniert das Testing?

ProfileXT® ist ein Online Assessment und hat damit den großen Vorteil der Flexibilität: Jeder Teilnehmer kann sich die Zeit dafür frei einteilen und es in einer entspannten Umgebung durchführen. Ob Sonntagabend im Pyjama zu Hause oder Mittwochmorgen vor dem ersten Meeting im Ausland, ganz egal wo und wann, alles was man braucht ist einen PC oder Laptop mit Internetverbindung, Stift und Zettel sowie ca. 90 Minuten Zeit, in denen man möglichst nicht unterbrochen wird und sich gut auf das Assessment konzentrieren kann. Die Durchführung des Assessments im Unternehmen vor Ort ist natürlich auch möglich. Die Daten in Form von 13 unterschiedlichen Berichten sind in nur wenigen Minuten nach Fertigstellung des Assessments auf Knopfdruck verfügbar.

Welche Berichte stellt das System zur Verfügung?

Pro Assessment können insgesamt 13 unterschiedliche Berichte generiert werden, je nach dem, was benötigt wird. Neben dem persönlichen Bericht für den Bewerber gibt es natürlich den Management Bericht, der Rekrutern detaillierte Informationen liefert. Besonders hilfreich ist der Interview-Leitfaden. Er zeigt nicht nur, wo es bei Kandidat und Jobanforderung zu Abweichungen kommt, sondern hilft auch, diese Abweichungen in einem persönlichen Gespräch näher zu erörtern.

Für welche Positionen eignet es sich?

Im Grunde lässt sich das Assessment für jede Position in jeder Branche oder Unternehmensgröße anwenden. Sinnvoll ist es natürlich besonders bei kritischen Positionen, wo es um viel Verantwortung geht und eine Vakanz oder Fehlbesetzung Gewinneinbußen oder andere schwerwiegende monetäre Auswirkungen bedeutet. Klassisch sind hier Positionen im Vertrieb, Führungskräfte oder Management-Positionen.

Welche Faktoren werden abgefragt?

Viele Assessments liefern reine Verhaltensprofile. Bei ProfileXT® ist das anders, denn es werden mit den insgesamt 314 Fragen mehrere Dimensionen erhoben:
Denkmuster: beschreibt die mentalen Fähigkeiten. (Kann die Person die Arbeit leisten?)
Verhaltensmerkmale: Wie wird die Person die Arbeit machen?
Berufsinteressen: Hier geht es um die Motivation. Will die Person die Arbeit machen?

Werden die Profile mit einem zuvor erstellten Anforderungsprofil für die Stelle abgeglichen, erkennt man auf einen Blick, welche Person die beste Übereinstimmung hat und damit am besten auf die Stelle passt. Wichtig ist mir dabei zu erwähnen, dass die Ergebnisse des Tools kein »gut« oder »schlecht« bedeuten. Es geht nur um ein »passt« oder »passt nicht«. Jeder Teilnehmer kann so auch wertvolles Feedback für sich selbst mitnehmen.
Danke für das Gespräch.

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kaiblinger

Karl Kaiblinger
ist Inhaber von
kaiblinger + partner und Experte, wenn es um Tools der Personalentwicklung geht.
www.talent-profiles.eu
www.kaiblinger-partner.com