Wie die Erste Bank neue Mitarbeiter sucht und welche Maßnahmen sie im Personalmarketing einsetzt, lesen Sie in diesem HR-Interview.
Wie suchen Sie neue Mitarbeiter?
Ich möchte diese Frage in 2 Teilen beantworten, da wir gerade dabei sind, den Recruitingprozess zu verändern. Bisher haben wir über klassische Online-Stellenplattformen wie karriere.at, derstandard.at, careesma.at oder auf Ladiesjobs.at etc. gesucht. In Tageszeitungen inserieren wir Stellenangebote nur recht selten. Gerne sind wir auch auf Karrieremessen vertreten, um dort Personen und Interessenten direkt anzusprechen, wie z. B. vor Kurzem auf einer Lehrlingsmesse oder auch auf der Career Calling. Wir sind auch auf den Unis und FHs vertreten, teilweise auch auf deren Homepages präsent. Recruiting wird sich in Zukunft verändern müssen, um rechtzeitig die richtigen Kandidaten für das eigene Unternehmen zu finden und auch begeistern zu können. Reduktion von Administration, Steigerung der technischen Unterstützung und mehr Zeit für Networking mit Kandidaten – das werden die ersten Schritte in ein aktiveres Recruitingzeitalter sein.
Wir sind gerade mitten im Auswahlprozess für ein neues E-Recruiting-Tool, um uns in Bezug auf technische Unterstützung und auch Reduktion von Administration auf die richtige Spur zu begeben. Aktives »in Kontakt Bleiben« mit Talenten (nach Absage, nach Praktika) wird zukünftig wichtiger denn je. Auch Active Sourcing wird Teil unserer zukünftigen Recruiting-strategie sein. Dazu werden wir Netzwerke wie XING und LinkedIn nutzen und auch persönlich verstärkt Netzwerke aufbauen. Der klassische Suchprozess »Job ausschreiben – warten – auswählen – besetzen« hat zwar noch nicht ganz ausgedient, für Top-Spezialisten werden wir aber teilweise neue Wege beschreiten müssen. So kann sich daraus generell in Zukunft eine neue Form des Recruiting ergeben. Wir suchen also nicht nur punktuell, sondern permanent. Talente sollte man aufnehmen, wenn man sie findet – fast unabhängig davon, ob man gerade Personalbudget frei hat. Das ist derzeit nicht immer einfach – aber so würden sich Unternehmen teilweise unter dem Strich Geld und Zeit für Suchprozesse ersparen. Das gilt vor allem für High Potentials!
Wie viele Bewerbungen und wie viele Aufnahmen haben Sie in etwa derzeit?
Bewerbungen für die Erste Bank im Jahr 2014 bis dato: 6 013;
Aufnahmen für die Erste Bank im Jahr 2014 bis dato: 208
Wie läuft der Recruiting-Prozess weiter ab, nachdem die Bewerbungen eingelangt sind?
Bei uns kommen alle Bewerbungen online und der Kandidat erhält sofort eine automatische Rückmeldung, damit er sich einmal »angekommen« fühlt. Danach erfolgt eine Vorselektion von unserem Recruitingteam. Die von uns ausgewählten Kandidaten kommen dann zur jeweiligen Führungskraft und diese entscheidet dann, wer eingeladen wird.
Wie geht es dann weiter bei den Gesprächen?
Das ist je nach »Zielgruppe« ein anderer Prozess. Bei Lehrlingen gibt es kurze Gespräche und einen kurzen Intelligenztest. Mit den erfolgreichen Kandidaten gibt es dann eine Art Mini-Assessment-Center mit ein paar relevanten Übungen. Alle, die hier gut abgeschnitten haben, gehen dann für einen Tag in eine Filiale, um dort zuzuschauen und um eine Idee zu bekommen, wie der Arbeitsalltag aussehen könnte. Nach diesem Tag gibt es ein Gespräch mit dem Filialleiter. Dort klären wir, wie er den Kandidaten erlebt hat und natürlich sprechen wir auch mit den Eltern des Kandidaten. Auch vom Lehrling holen wir ganz aktiv Feedback ein. Wenn für beide Seiten alles passt, dann gibt es die Zusage.
Bei neuen Filialmitarbeitern läuft es anders ab. Wir laden die Bewerber natürlich auch zu einem Gespräch und einem »Mini-AC« ein. Danach erstellen wir strukturierte Personalprofile mit INSIGHT-Profilen. Danach werden sie, so wie die Lehrlinge, einen Tag lang in einer Filiale zuschauen und dort mit Kollegen vor Ort sprechen. So können sie sich einen Eindruck verschaffen. Danach gibt es ein Gespräch mit einer weiteren Führungskraft, und wenn das passt, gibt es die positive Entscheidung. Das INSIGHT-Profil wird danach vor allem für die Personalentwicklung des Kandidaten eingesetzt.
Bei Spezialisten wie z. B. Fondsmanager oder Risikomanager finden schon die Erstgespräche mit dem Recruiter und der Führungskraft statt. Danach gibt es ein Zweitgespräch in der jeweiligen Abteilung, bei dem auch Kollegen dazugezogen werden, um sich ein Bild zu machen.
Wie gehen Sie mit Bewerben um, denen Sie absagen?
Sie bekommen auf jeden Fall ein Absageschreiben. Wir halten diese dann kaum in Evidenz, denn wenn wir jemanden absagen, hat das meistens einen plausiblen Grund.
Wenn Kandidaten schon bei einem Vorstellungsgespräch waren, erfolgt die Absage telefonisch mit dem Angebot, ein Feedbackgespräch zu bekommen. Rund 70 % nehmen dieses Angebot an und 30 % sind so enttäuscht, dass sie es gar nicht wissen wollen.
Wie stehen Sie zu anonymen Bewerbungen?
Im Sinne von Vielfältigkeit ist es eine gute Sache. Wir haben bei uns eigene Diversity-Beauftragte. Ich glaube aber, dass in unserem Kulturkreis (Österreich) dieses Thema noch schwer umzusetzen ist. Wir haben z. B. bei unseren Bewerbungsformularen kein Foto-Pflichtfeld, aber es gibt natürlich die Möglichkeit dazu. Mehr als 90 % geben ein Foto dazu. Obwohl ich mir gar nichts denken würde, wenn kein Foto dabei wäre. Der einzige Gedanke ist vielleicht, dass der Kandidat gerade kein »vernünftiges« Foto zur Hand gehabt hat.
Wir hinterfragen auch nicht die Religionszugehörigkeit, dennoch wird das häufig freiwillig angegeben. In unserem Kulturkreis sind wir es so gewöhnt und es würde derzeit noch den Bewerber überfordern, Dinge bewusst wegzulassen. Ich denke, bei uns ist es noch wichtiger, dass wir Recruiter und Personalentscheider in diese Richtung schulen, um so gut wie möglich die Vielfalt zu beachten.
Was tun Sie alles in Richtung Employer Branding?
Wir unterscheiden hier natürlich in externe und interne Maßnahmen. Wir wollen unser Image einer flexiblen Bank mit dem Mensch im Mittelpunkt auch als Arbeitgeber widerspiegeln. Wir sind auf den wichtigen Plattformen wie kununu.at oder Best-Recruiters, natürlich auch auf karriere.at und auch auf whatchado präsent. Wir machen viele HR-Imagevideos mit Lehrlingen und unseren anderen Mitarbeitern. Wir sind auf vielen Messen und dort immer recht kreativ und ansprechend unterwegs, z. B. auf der BeSt oder der Lehrlingsmesse. Wir bieten ein recht spannendes und vielseitiges Trainee-Programm an. Nach innen sind wir ein extrem menschenfreundlicher Betrieb. Das eine ist das Thema Frauen und Familie, wo wir die unterschiedlichsten Varianten und Modelle anbieten. Wir fördern auch bewusst Frauenkarrieren und Frauennetzwerke. Wir laden unsere Mitarbeiter ein, regelmäßig Inputs und Ideen zu liefern, was wir besser machen können. Nicht nur im HR, sondern auch für alle anderen Produkte.
Wir bieten natürlich auch eine riesige Palette von Schulungen an. Wir modernisieren gerade das Thema Learning, mit der Idee, kürzere Inputs von außen zu bekommen, um es dann on-the-job umzusetzen und zu üben. Die Themen werden jeweils mit der Führungskraft gemeinsam vereinbart. Auch im Bereich Teambildung bieten wir einiges an, das aber in der jeweiligen Abteilung unterschiedlich organisiert wird.
Merken Sie Unterschiede der Anforderungen an Arbeitgeber durch die jüngere Generation?
Was mich an den vielen Artikeln und Bloggs über die Generation Y und Z stört, ist, dass alle die im Zeitraum ab 1977 geboren sind, in eine Schublade gesteckt werden. Diese Erfahrung kann ich gar nicht teilen.
Was mir gut gefällt an der Generation ist, dass sie bewusster sind und auch bewusster mit sich selbst umgehen und mehr Ideen und Vorstellungen haben, wie sie mit ihrem Leben umgehen wollen. Sie suchen sich ganz genau einen Job aus, der zu ihnen passt und in dem sie ihre Stärken einbringen können. Die guten Leute können es sich ja wirklich aussuchen.
Das bedeutet für uns als Arbeitgeber, dass wir wirklich dort präsent sein müssen, wo wir diese Talente potenziell finden können. Wir als Arbeitgeber müssen unsere Führungskräfte vorbereiten, dass eine neue Generation an Mitarbeitern kommt, die andere Werte haben und eine andere Organisation der Arbeit wollen, wie z. B. flexible Zeiteinteilung fordern etc. Die Arbeit steht nicht mehr an erste Stelle, sondern die Person selbst. Damit müssen Führungskräfte – auch ich – umgehen lernen und entsprechende Modelle entwickeln. Das Tempo der Veränderung ist ein viel schnelleres geworden. Da können wir natürlich mit unseren zahlreichen Töchtern in vielen Ländern tolle Karrieremöglichkeiten bieten.
Ich wüsste nichts, was die Generation Y bei uns noch haben möchte, was wir nicht bieten (lacht).
Danke für das Gespräch.