Wenn es andere besser können

Ein externer Dienstleister kann HR-Prozesse kostengünstiger für ein Unternehmen anbieten. Worauf Unternehmen dabei jedoch achten sollten, hat TRAiNiNG von unterschiedlichen Experten erfahren: aus Unternehmenssicht, aus Beratersicht und aus Anbietersicht.

Ein externer HR-Dienstleister sucht passende Kandidaten, übernimmt die komplette Lohnverrechnung, kümmert sich um die Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern, führt Mitarbeitergespräche durch, baut eine Arbeitgebermarke auf oder übernimmt weitere HR-Dienstleistungen. Im Hintergrund steht die Idee, von einem Profi zu profitieren, der z. B. im Bereich Lohnverrechnung umfassendes Know-how hat, entsprechende Software verwendet und so Unternehmen dabei unterstützen kann, sich auf die Kernprozesse zu konzentrieren.

Der englische Begriff »Outsourcing« ist ein künstlich geschaffenes Wort aus drei Begriffen:
Outside (außerhalb)
Ressource (Quelle)
Using (verwenden)
Es beschreibt also das Verwenden von externen Quellen. Sich dafür zu entscheiden, HR-Prozesse nach außen zu verlagern, ist eine strategische und langfristige Entscheidung. Die Auswahl des richtigen Partners ist hier erfolgsentscheidend. Bevor sich Unternehmen überlegen, welche Prozesse sinnvoller Weise ausgelagert werden können, ist es daher von großer Bedeutung, die langfristige (HR-)Strategie zu kennen. Auch ein internes Auslagern ist natürlich möglich, also innerhalb einer Konzerngruppe, die Leistungen z. B. an eine Holding zu übertragen.

Welche Prozesse sinnvoll ausgelagert werden können, und welche weniger, war unsere erste Frage an unsere Interviewpartner.
Veronika Aumaier (Geschäftsführerin Aumaier Consulting/Training GmbH): »Maximal und radikal gesehen kann jede HR-Funktion wie Payroll, HR-Services, Recruiting, Aus- und Weiterbildung, Arbeitsrecht etc. ausgelagert werden, mit Ausnahme der Human-Resources-Business-Partner-Funktion. Sie ist – richtig gelebt – die interne Beraterrolle für die Führungskraft und bildet die unverzichtbare Schnittstelle zu allen anderen HR-Funktionsbereichen. Ob diese Schnittstellen einen internen HR-Bereich oder einen externen Outsourcing-Partner betreffen, ist – provokant gesprochen – sekundär.«

Wolfgang Hosinger (Geschäftsführer SD Worx Austria GmbH): »Im HR-Umfeld sind es vor allem die administrativen Aufgaben, die am besten für eine Auslagerung geeignet sind. Darunter fallen die Lohn- und Gehaltsverrechnung, und Teile der Personaladministration. Die Personalabteilung steht zunehmend unter dem Druck, die eigene Effizienz unter Beweis zu stellen. Sie muss sich verstärkt auf die auf den Unternehmenserfolg ausgerichteten Aufgaben konzentrieren – das heißt, nicht administrieren, sondern managen. Durch die Vielzahl an gesetzlichen und kollektivvertraglichen Änderungen sind derartige Aufgaben oder Tätigkeiten zunehmend zum administrativen Ressourcenfresser geworden.«

Thomas Olbrich (Chief Culture Officer bei karriere.at) ergänzt weitere Punkte: »Besonders für große Unternehmen ist es möglicherweise auch sinnvoll, alles rund um die Planung von Dienstreisen auszulagern: Das Suchen und Buchen von Flugverbindungen, Hotelzimmer, Konferenztickets etc. Wer neue Mitarbeiter aus anderen Städten oder Ländern zu sich holt, kann alles rund um den Umzug und die Suche nach Wohnraum von einem dafür spezialisierten Dienstleister übernehmen lassen.«

Die am häufigsten ausgelagerten Prozesse betreffen die Lohnverrechnung. Dabei arbeiten die unterschiedlichen Anbieter mit verschiedenen Softwarepartnern zusammen. Gerade bei großen Konzernen kann es aber durch das Auslagern an Externe zu einigem Aufwand und auch zu einigen Problemen kommen.
Veronika Aumaier weiter: »Leider wird in Konzernen häufig übersehen, dass in Europa noch immer stark unterschiedliche steuerliche und arbeitsrechtliche Vorschriften existieren, die ein Payroll-Outsourcing über Ländergrenzen hinaus aufgrund der herausfordernden Legalitätssicherung der Abrechnung schnell fraglich sein lassen.«
Lesen Sie dazu auch Erfahrungen aus Großkonzernen ab Seite 48 in dieser Ausgabe.

Sinnvolles Outsourcen

Für große Unternehmen ist die Personalabteilung nur ein relativ kleiner Kostenbereich im Vergleich mit anderen Unternehmensbereichen. Diese Kosten werden auch häufig nicht konkret hinterfragt. Kommt jedoch jedes Monat eine Rechnung von einem Outsourcing-Partner, kann die Überraschung groß sein. Natürlich gab es die Kosten vorher auch schon, jedoch nicht so klar erkennbar. Daher braucht es eine klare Kostentransparenz, bevor man sich für das Auslagern entscheidet. Besonders auch für kleinere Unternehmen, die die Lohnverrechnung auslagern, können diese Kosten überraschend sein. Für welche Branche und Größe ist es also sinnvoll, HR-Prozesse an externe Profis zu übergeben?
Veronika Aumaier: »Outsourcing lohnt sich über Branchen und Unternehmensgrößen hinweg, da beispielsweise in Kleinunternehmen die Outsourcingleistung die gesamte HR-Arbeit umfassen kann. In großen Unternehmen und Konzernen werden auch Spezialleistungen wie Projektleitungen und diverse Konzepte für HR-Strategien punktuell zugekauft oder auf Dauer mit einem externen Partner abgedeckt. Wichtig ist, die Schnittstelle ausreichend qualitativ zu managen, sodass ein entsprechendes Briefing des externen Partners für die erwünschten und erwarteten Leistungen gewährleistet ist.«

Im Juni 2006 hat Unilever einen Vertrag mit einem externen Anbieter über die Auslagerung des HR-Bereichs geschlossen. Berichten zufolge zogen sich die Verhandlungen zwischen den beiden Parteien mehr als ein halbes Jahr lang hin. Wichtig ist es nämlich, die genauen Prozesse zu besprechen, auf regionale Unterschiede einzugehen und keinen »Schnellschuss« zu machen. Das Unternehmen muss sich vorher ganz klar über seine Ziele, die durch das Auslagern verfolgt werden, bewusst sein. Diese Ziele sind von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich.
Thomas Olbrich über mögliche Ziele: »Zum einen können Kosten reduziert werden, denn selbst wenn ein Dienstleister beauftragt wird, ist das unter Umständen immer noch günstiger, als Prozesse in-house abzuwickeln. Der größte Vorteil ist aber mit Geld schwer aufzuwiegen: Befreit sich ein Arbeitgeber von solchen zeitintensiven Tätigkeiten, bleibt mehr Freiraum für die essenzielle HR-Arbeit: das Finden und Rekrutieren der passenden Mitarbeiter und die Arbeit an der eigenen Arbeitgebermarke.«

Die Vorteile von Outsourcing lassen sich in vier Punkten zusammenfassen: mögliche Kostensenkung, mehr Flexibilität, Zugang zu Expertenwissen und weniger internen bürokratischen Aufwand. Doch, wo es Vorteile gibt, gibt es natürlich auch Nachteile: stark erhöhter Kommunikationsaufwand, eventuelle Kontrollmechanismen müssen eingeführt werden und es müssen möglicherweise langjährige Verträge geschlossen werden. Diese Verträge können besonders in einem schnelllebigen Marktumfeld ein Problem darstellen.

Veronika Aumaier über den Kostenvorteil: »Üblicherweise werden Outsourcingentscheidungen auf Basis von Kosteneinsparungen getroffen. Dies sollte jedoch nicht das alleinige Ziel sein, da die kalkulierte Kosteneinsparung oft sehr schnell durch eine Verschlechterung der Betreuungsqualität wett gemacht wird. Viel wichtiger ist, Outsourcingentscheidungen aufgrund von Know-how-Sicherung, Spezialisierung und Fokussierung auf die interne Rolle, Digitalisierung und Innovation zu treffen.«
Wolfgang Hosinger: »Es gibt unterschiedliche Gründe, warum sich ein Unternehmen für das Outsourcing entscheidet. Es sind Faktoren wie Unternehmensgröße, Unternehmensstrategie, Vertrauen in externe Partner und Kosten, die maßgeblich zur Entscheidung für oder gegen das Outsourcing beitragen. Erfahrungsgemäß sind es jedoch vor allem die Kosten und die Sicherheit in der Lohn- und Gehaltsabrechnung, die als Hauptargumente genannt werden.«

Auswahl externer Partner

Die wichtigste Vorbereitung für ein Outsourcing von HR-Prozessen ist die Klarheit und der Überblick über die wesentlichen Kernprozesse und die gewünschten und erwarteten Leistungen. Dann gilt es zu entscheiden, welche Aufgaben intern geleistet werden möchten und welche extern vergeben werden sollen. Und dann ist noch festzulegen, wie die Schnittstellen zu einem effektiven Partner qualitativ hochwertig gemanagt werden können.
Veronika Aumaier bringt dazu ein konkretes Beispiel aus ihrer Praxis: »Einen Coachpool mit internen Coaches zu besetzen, ist aufgrund der Rollenkonflikte durch die Systemverbundenheit nicht zu empfehlen. Einen Coachpool zu unterhalten, der aus mehreren Einzelcoaches besteht, die wiederum auf einzelne Themen spezialisiert sind, ist auch nicht ratsam, da die Vertraulichkeit möglicherweise nicht gegeben ist. Außerdem ist der Administrationsaufwand entsprechend aufwändig. Die Suche nach einem externen Coachpoolanbieter, der einen abgestimmten Expertencoachpool unterhält, bringt der HR-Abteilung den Vorteil einer einzigen Schnittstelle für die monatliche Sammelrechnung und für die Führungskraft die Auswahl des richtigen Coaches im vertraulichen, unabhängigen Erstgespräch direkt beim externen Coachpoolanbieter.«

Nachdem also Grundlegendes geklärt ist, geht es im nächsten Schritt darum, zu definieren, welche Art von Partnerschaft eingegangen werden soll. Sollen die Prozesse an einen großen Allround-Anbieter vergeben werden, oder lieber an kleinere, spezialisierte Anbieter. Wichtig dabei ist es darauf zu achten, dass der Anbieter auch zu Ihrem Unternehmen passt. Bevor Sie ein paar Anbieter einladen, definieren Sie mögliche Ausschlusskriterien. Wo liegen Ihre Prioritäten, wo können Sie Abstriche machen, wo nicht? Fragen Sie auch bei den Gesprächen über die Vor- und Nachteile zu Konkurrenzprodukten. Und Sie wissen ja: »Was Paul über Peter erzählt, sagt mehr aus über Paul, als über Peter.«
Wolfgang Hosinger gibt konkrete Tipps zur Auswahl externer Partner: »Seien Sie sich wirklich im Klaren darüber, welche Leistungen tatsächlich ausgelagert werden sollen! Oftmals hilft hier eine Analyse der bestehenden Prozesse. Abhängig vom Umfang kann diese mehrere Tage/Wochen in Anspruch nehmen. Das Ergebnis ist jedoch eine umfängliche Beschreibung der auszulagernden Leistungen und auch das Verständnis dafür, was man nicht möchte. Mit diesem Leistungskatalog kann man sehr gut vergleichbare Angebote bei den unterschiedlichen Outsourcing Partnern einholen. Das führt wiederum zu einem rascheren Entscheidungsprozess und hilft auch im Rahmen des gesamten Outsourcing-Projektes.«
Nachdem die meisten Outsourcingverträge langfristig gestaltet sind, lohnt es sich, darüber nachzudenken, was beide Seiten tun müssen, um hier nachhaltig gut zusammenzuarbeiten.

Veronika Aumaier: »Es braucht Klarheit über die Qualität und die Quantität der zugekauften Leistungen, sodass das Erleben im Alltag für beide Seiten zufriedenstellend ist. Und – so selbstverständlich, aber in der Praxis oft unzulänglich gelöst – die eingesetzten Systeme haben betreffend Geschwindigkeit, Anwenderfreundlichkeit und Aktualität einem modernen, zeitgemäßen Standard zu entsprechen. Immer wieder kommt es vor, dass durch ein Outsourcing Rückschritte in der Systemunterstützung in Kauf genommen werden müssen, die davor bereits zeitgemäß gelöst waren.«

Wolfgang Hosinger: »Bei uns hat jeder Kunde einen fixen Ansprechpartner inklusive einem Back-up-Team im Hintergrund. Die zu erbringende Leistung richtet sich nach einem mit dem Kunden abgestimmten Leistungskatalog inklusive Prozessbeschreibungen. Werden jedoch Leistungen angefragt, die über den vereinbarten Umfang hinausgehen, gilt es in diesem Fall im Vorfeld etwaige Zusatzkosten abzuklären. Die Planbarkeit der Kosten und Kostentransparenz sind wesentliche Merkmale in der Zusammenarbeit.«

Fazit
Nur wer seine Prozesse gut kennt und auch über die Kosten Klarheit hat, sollte ernsthaft darüber nachdenken, gewisse Leistungen auszulagern. Dabei ist Lohnverrechnung nur eine Möglichkeit. Vergleichen Sie die unterschiedlichen Anbieter genau und überlegen Sie auch, wozu die neu gewonnene Zeit im Unternehmen genutzt werden kann. Ihre Mitarbeiter werden es Ihnen danken!

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