Wie Corona den Markt für Nachwuchskräfte demokratisiert

Die Pandemie hat die Art und Weise, wie Unternehmen Nachwuchstalente rekrutieren, radikal verändert. Gastautor Inès Woltmann erklärt, wie virtuelle Techniken die Chancen hierfür verbessern können.

In einem Arbeitsmarkt, der im letzten Jahr sehr viel instabiler geworden ist, sind es die Berufseinsteiger, die mit wenig oder gar keiner Erfahrung die veränderte Situation akzeptieren, aber auch eine große Last zu tragen haben.

Laut dem Pew Research Center gaben 50 % der 18- bis 23-Jährigen an, dass sie oder jemand in ihrem Haushalt aufgrund der Pandemie einen Job verloren oder eine Gehaltskürzung hinnehmen mussten. Dies war deutlich höher als der Anteil der älteren oder ganz jungen Generation, die zum gleichen Thema befragt wurden. Angesichts der Tatsache, dass die Studie im März 2020 durchgeführt wurde, ist es wahrscheinlich, dass ein noch größerer Prozentsatz der jungen Leute jetzt die Auswirkungen eines reduzierten Einkommens oder des Verlusts von Sicherheit spürt.

Meet & Engage wollte die Auswirkungen der Krise auf junge Talente genauer untersuchen und herausfinden, wie einige der weltweit führenden Unternehmen, darunter Morgan Stanley, EY, Diageo und Accenture, ihre Programme zur Rekrutierung von Nachwuchskräften als Reaktion darauf anpassen.

Der von Meet & Engage veröffentlichte Bericht zeigt einige Besorgnis erregende Trends auf: Absolventen sind weit weniger zuversichtlich, was ihre Aussichten angeht, insbesondere Frauen und Kandidaten aus ethnisch vielfältigen Gemeinschaften. Doch die Krise hat auch einen Silberstreif am Horizont. Unternehmen entdecken, dass der Übergang von der physischen zur virtuellen Welt viele Vorteile mit sich bringt. Vor allem, weil er dazu beiträgt, den Zugang zwischen Bewerbern und Arbeitgebern zu demokratisieren und es mehr unterschiedlichen Kandidaten mit verschiedenen Hintergründen und Standorten ermöglicht, online mit Unternehmen in Kontakt zu treten.

Diese virtuelle Revolution bei der Rekrutierung von jungen Talenten wirkt als Katalysator für Veränderungen in drei Schlüsselbereichen:

Die besten Absolventen-Talente müssen gefördert werden

Dan Black, Global Leader of Talent Attraction & Acquisition bei EY, beschrieb die Auswirkungen der Pandemie auf den Markt für Berufseinsteiger als »drastisch«: »Von der Verringerung der Anzahl der verfügbaren Möglichkeiten bis hin zum Zeitpunkt, zu dem junge Talente nach Jobs suchen können, war es sehr disruptiv.«

Es ist daher keine Überraschung, dass die Zahl der Studenten, die sich bezüglich ihrer Jobaussichten sicher fühlen, laut Bright Network von 57 % im letzten Jahr auf weniger als die Hälfte heute gesunken ist. Frauen und Kandidaten aus ethnisch vielfältigen Gemeinschaften sind besonders gefährdet, einen Bewerbungsprozess aufgrund eines Vertrauensverlustes abzubrechen.

Unternehmen wie Diageo und Accenture stellen fest, dass virtuelle Veranstaltungen, die auf verschiedene Gruppen zugeschnitten sind, den Kandidaten in wichtigen Phasen der Bewerbung praktische Hilfe, Tipps und Ratschläge geben, dazu beitragen können, dass die Bewerber einen leichteren Weg in den Bewerbungsprozess finden. Digitale Inhalte sind besonders nützlich für diejenigen, die neu auf dem Arbeitsmarkt sind, da sie vor allem nach Themen wie Vorstellungsgesprächen und Bewertungstests Ausschau halten und diese Inhalte dann speichern und in Ruhe abspielen können.

Das Rekrutierungsteam von Diaego stellte fest, dass weibliche Absolventen den Prozess kurz vor der Videointerview-Phase abbrachen. Also organisierten sie Veranstaltungen, die darauf abzielten, zusätzliche Hilfe für diesen Teil des Assessments zu geben und die von Absolventen des letzten Jahres moderiert wurden. 80 % der Frauen, die bei diesen Veranstaltungen Fragen stellten, absolvierten anschließend die Videointerview-Phase.

Diversität und Inklusion sind wichtiger denn je

Daten des Pew Research Center zeigen, dass sich fast die Hälfte (48 %) der Gen Z-Zielgruppe als rassisch oder ethnisch vielfältig identifiziert. Es überrascht nicht, dass 83% der jungen Kandidaten sagen, dass »das Engagement eines Unternehmens für Vielfalt und Inklusion bei der Wahl eines Arbeitgebers wichtig ist«.

Wenn sie auf eine wirklich ansprechende Art und Weise angeboten und von Mitarbeitern mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund durchgeführt werden, bieten virtuelle Veranstaltungen eine fantastische Gelegenheit für Unternehmen, ihre D&I-Qualitäten unter Beweis zu stellen. Bewerber wollen Menschen sehen, mit denen sie sich in den von ihnen angestrebten Positionen identifizieren können. Das gibt ihnen das Vertrauen, dass sie in ein Unternehmen passen.

Virtuelles Recruiting bietet auch das Element der Skalierung, das Arbeitgebern hilft, mit einer viel größeren Bandbreite von Kandidaten in der ersten Veranstaltungsphase in Kontakt zu treten. Morgan Stanley hat zum Beispiel eine Veranstaltung für Berufseinsteiger durchgeführt, die 300 Universitäten in der gesamten EMEA-Region erreichte – im Vergleich zu den 40, die sie früher physisch besuchen mussten.

Differenzieren Sie sich

Eine von Meet & Engage durchgeführte Umfrage ergab, dass 83 % der Unternehmen planen, ihre Strategie zur Rekrutierung von Nachwuchskräften nach der Pandemie zu 100 % virtuell durchzuführen. Das bedeutet, dass Arbeitgeber originelle, inspirierende Wege finden müssen, um virtuelle Events zu veranstalten, durchzuführen und sich von der Masse abzuheben.

Wie der Marketingstratege Neil Patel sagt: »Es ist schwer, die Konkurrenz zu schlagen, wenn man sie kopiert.« Allein durch das Ausrichten einer virtuellen Veranstaltung werden Sie sich nicht von der Masse abheben, aber Ihre Redner, Ihr Thema und Ihre Inhalte sollten den Kandidaten einen echten Mehrwert bieten.

Machen Sie sich zunächst Gedanken über Ihre Zielgruppe und deren Beweggründe, für Ihr Unternehmen arbeiten zu wollen. So erhalten Sie eine Vorstellung von der Art der Inhalte, die ansprechend sind. Wo immer möglich, sollten Sie Live-Inhalte bevorzugen, da sich diese für Kandidaten authentischer anfühlen. Es lohnt sich auch, regelmäßig Feedback einzuholen. Das zeigt den Kandidaten nicht nur, dass Ihnen ihre Meinung wichtig ist, sondern hilft Ihnen auch, die Relevanz der Inhalte kontinuierlich zu optimieren.

Die Generation Z hat sich im vergangenen Jahr als äußerst anpassungsfähig erwiesen. Der verstärkte Einsatz von virtuellem Recruiting kann diesen flexiblen jungen Menschen extrem helfen und ihnen einen leichteren und gleichberechtigten Einstieg in die Arbeitswelt ermöglichen.

 

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Ines Woltmann

Gastautor Inès Woltmann ist Client Partner bei der Technologiefirma Meet & Engage

 

Dieser Text nutzt für die sprachliche Gleichbehandlung aller Menschen geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen auf Basis des generischen Neutrums (siehe www.generisches-neutrum.com).