Wie Sie garantiert nicht motivieren

Der Verhaltensforscher Gregor Fauma beschreibt in diesem Artikel, wie Motivation aus Sicht eines Evolutionsbiologen nicht funktioniert.

Bitter, aber wahr. Letztendlich sind es zwei Ziele, für die wir uns Homo sapiens motivieren können. Einerseits die Notwendigkeit, die individuellen Fortpflanzungsmöglichkeiten zu verbessern – und andererseits Zugang zu lebensnotwendigen Ressourcen zu sichern. Wie wir uns dafür organisieren, liegt einerseits in unserem durch Evolution und Selektion massiv beeinflussten Genom, und andererseits an unserer kulturellen Umgebung, an die wir uns ständig, im Trachten zu optimieren, anpassen. Wird jedoch der Abstand zwischen dem, wie wir als Homo sapiens ticken und der gewollten Organisationsform zu groß, entstehen hohe Kosten – wie auch verlorene Motivation. Hier die sieben Kapitalfehler aus Sicht eines Evolutionsbiologen:
1. Unterdrückte Emotionen und Stress durch eine übertrieben rationale Vorgehensweise in unter hohem Druck stehenden Organisationen und Teams: Stress ist die Mutter aller Psychosen und Neurosen, die am Arbeitsplatz entstehen können.
2. Entmachtung: Wenn Generalisten zu Spezialisten genötigt werden, findet Entmachtung statt. Anstatt ein komplettes Projekt, welcher Art auch immer, gesamtheitlich zu bearbeiten, werden solche Projekte in Einzelteile zerlegt und diese Einzelteile werden einzelnen Mitarbeitern zur Abwicklung überantwortet. Einzelhandgriffe/Arbeitsschritte sind natürlich transparenter und damit leichter bewertbar.
3. Gebrochene Abmachungen innerhalb der Unternehmenspolitik: War man gestern noch der Darling der Chefin, die einem rasches Karrierefortkommen in Aussicht stellte, so stellt man mitunter nach deren Abgang fest, dass der neue Chef das ganz anders sieht, einen Kollegen bevorzugt – und damit einem massiv in die Karrieresuppe spuckt. Was gesagt wurde, muss nicht immer gehalten werden. Misstrauen ist die Folge und somit sinkt die Motivation, sich durch Leistung zu empfehlen, wenn doch geschickte Unternehmenspolitik rascher ans Ziel führt.
4. Abteilungs-»Apartheid«: Wenn zwischen verschiedenen Abteilungen einer Gesamt­organisation Diskriminierung gelebt wird, wirkt sich dies massiv demotivierend aus. Krankenschwestern, die den Ärzten wichtige Informationen vorenthalten oder Techniker, die bewusst Kollegen aus der Anwendung anrennen lassen … Aber auch Diskriminierung auf Grund der Hautfarbe, Herkunft, Sprache kann innerhalb einer Organisation zum Breakdown mancher Mitarbeiter führen.
5. Ineffiziente Teams: Nichts kann einen so abräumen, wie unnötige, ineffiziente Teamsitzungen. Zu viele Menschen, kein klares Ziel, zu formal und bürokratisch – so kann keine Gruppendynamik entstehen, die den Menschen eigentlich eigen ist.
6. Schlechte Entscheidungen: Zu viele Entscheidungen werden aufgrund falscher Annahmen getroffen. Und diese falschen Annahmen sind oft Produkte unseres evolutionären Denkens. Rationales Denken ist anstrengend, tut weh und wird meistens gerne vermieden. Falsche Erwartungshaltungen durch klassische Optimisten oder zögerliches Hinhalten durch schon viel zu lange im Unternehmen arbeitende und somit unternehmensblinde Entscheidungsträger – es gibt unzählige Gründe für schlechte Entscheidungen, bloß dass uns das Kennen dieser selten weiterhilft.
7. Unternehmenskultur Angst: Herrscht in einer Organisation Angst vor der Führungskraft, so leiden jene Mitarbeiter, die damit nicht umgehen können – unabhängig davon, ob sie eine guten Job machen oder nicht. Jene, die bleiben, die damit klarkommen, übernehmen meist diese Attitude und leben diese in ihrer Struktur aus. Motivierend?

Das Wissen über die Verhaltensmuster und Prädispositionen von uns Menschen macht so manche Analyse leicht, doch erlaubt diese Fähigkeit noch kein Vorschlagen von Lösungen. Und doch gibt es aus Sicht der Verhaltensbiologie gewisse Rahmenvorgaben, innerhalb derer Lösungen tatsächlich funktionieren können – so sie das Wesen der Menschen berücksichtigen.

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Gastautor
Gregor Fauma
ist Verhaltensbiologe,
Autor und Keynote-Speaker.
www.gregorfauma.com