Ab sofort erscheinen alle Texte im TRAiNiNG mit geschlechtsneutralen Personenbezeichnungen. Lesen Sie hier unsere Erläuterungen dazu.
Wenn bei einem Seminar Personen verschiedener Geschlechter teilnehmen, soll man diese dann als »Teilnehmer« bezeichnen? Oder als »Teilnehmerinnen und Teilnehmer«? Oder soll man »TeilnehmerInnen« schreiben? Oder »Teilnehmer_innen«, »Teilnehmer*innen«? Oder »Teilnehmer/innen«? Oder soll man den Begriff abwandeln oder umschreiben, um das Geschlecht nicht zu erwähnen, z. B. »Teilnehmende« oder »Personen, die teilnehmen«?
Es ist schwierig geworden, auf diese Frage eine Antwort zu finden, die von allen oder auch nur von der überwiegenden Mehrheit akzeptiert wird. Und das ist ein Problem.
Es sollen alle schreiben und sprechen können, wie sie es für richtig halten. Anderen vorzuschreiben, wie sie kommunizieren sollen – ein schrecklicher Gedanke! Wenn das, abseits von Rechtschreib- und Grammatikregeln, Schulen mit Schülern, Universitäten mit Studenten oder Staaten mit Bürgern tun, dann ist das problematisch. Obrigkeiten, die bestimmen, wie man zu schreiben, sprechen oder gar zu denken hat? Nein danke, lieber nicht.
Es ist eine wesentliche Grundaufgabe einer Sprache, dass man sich in ihr verständlich machen kann. Wenn andere zu uns sprechen, dann ist Toleranz gefragt. Man muss einander schon auch verstehen wollen, wenn man miteinander kommuniziert. Sonst wird es schwierig.
Wir würden also gerne alle Redakteure und Gastautoren schreiben lassen, wie sie es für richtig halten. Aber wir sind den Lesern und der Verständlichkeit verpflichtet. Wenn in einem Artikel über »SeminarteilnehmerInnen« zu lesen ist und im nächsten Artikel von anderen Autoren über »Seminarteilnehmer«, dann entsteht tatsächlich der Eindruck, dass es sich bei Letzteren ausschließlich um männliche Teilnehmer handelt – denn warum würde sonst auf der Seite davor das Binnen-I stehen? Und um diese Missverständnisse zu vermeiden, braucht es eine Blattlinie.
Diese war im TRAiNiNG in den 25 Jahren seines Bestehens die Nutzung des generischen Maskulinums. Das empfinden wir aber für unser Magazin nicht mehr als passend. Wir möchten eine Sprache nutzen, die allen Menschen gerecht wird. Das bedeutet selbstverständlich nicht, dass wir Personen, die sich anders ausdrücken, unterstellen, sie seien dadurch ungerecht oder diskriminierend. Für uns selbst haben wir aber einen neuen Ansatz gesucht, es geht uns um die sprachliche Gleichberechtigung aller Menschen in unserer eigenen Kommunikation, also auch in den Texten, die wir veröffentlichen.
Frauen sind in der deutschen Sprache nicht gleichberechtigt. Sie werden diskriminiert, und das beginnt schon bei der weiblichen Endung »-in«. Es war eine Ungerechtigkeit, dass dieses Suffix vor vielen Jahrhunderten in die Sprache Einzug gehalten hat, und es ist höchste Zeit, diese Ungerechtigkeit abzustellen. Den kurzen, kräftigen Personenbezeichnungen (Bauer, Meister, Freund) wurde für die weibliche Form eine Endung angehängt und diese weibliche Form somit schwächer, kleiner, unbedeutender gemacht. Und für diese angehängte Silbe hat man noch dazu nicht irgendeinen Vokal genommen: nicht das mächtige A, nicht das offene O, nicht das düstere U, sondern das kleine, niedliche I, das in der Aussprache die Stimme hinaufgehen lässt – was eine zusätzliche Schwächung mit sich bringt.
Die deutsche Linguist und feministische Sprachwissenschafter Luise Pusch erklärt das so: »Das weibliche Geschlecht wurde in der Sprache schon immer diskriminiert: In der Grammatik ist vorgesehen, dass Bezeichnungen für Frauen aus denen für Männer abgeleitet werden, im Deutschen wird dafür ein ›-in‹ angehängt. Sprachsystematisch und von der Entstehung her betrachtet ist es mit dem ›-in‹ wie mit Eva aus Adams Rippe: Die Frau wird aus dem Mann abgeleitet und hat einen niedrigeren Rang. […] Außer für Frauen gibt es Ableitungs-Suffixe nur noch für kleine Gegenstände oder Unwichtiges: ›-chen‹, ›-lein‹, ›-le‹ oder ›-el‹: Brötchen, Mädchen, Fräulein, Spätzle, Mädel.« (Anm.: Im Wienerischen gibt es dafür auch das Suffix »-erl«.)
Aus dem starken Bauern wird die schwache Bäuerin. Ein Pilot ist zweisilbig, klar und stark. Eine Pilotin? Vergleichsweise niedlich.
Die Lösung, die weibliche Form konsequent immer zusätzlich zu nennen, ist also keine gute, denn sie beseitigt das Grundübel der Diskriminierung durch das Anhängsel »-in« nicht – im Gegenteil, sie verfestigt es. Außerdem führt sie zu sprachlichen Problemen, die zum Teil nur schwer zu lösen sind (»Frauen sind die vernünftigeren Autofahrer.« – Wie sagt man das ohne Generikum?) und hat oft einen Bruch des Leseflusses zur Folge (»JedeR MitarbeiterIn trifft seinen/ihren VorgesetzteN …«). Andere Lösungen, die auch auf Personen Rücksicht nehmen, die sich weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zurechnen, sind in dieser Hinsicht um nichts besser (»Jede*r Mitarbeiter*in trifft seinen/*/ihren Vorgesetzte*n …«).
Schon in den frühen 1980er-Jahren schlug Luise Pusch als Lösung den Wegfall der Endung »-in« vor und die Einführung des Neutrums für alle Fälle, in denen das Geschlecht unbekannt oder irrelevant ist: »die, der und das Arzt«; »Gesucht wird ein Professor, das sich in feministischer Theorie auskennt.« Aktuell tritt sie für ein Stufenmodell ein, in dem zunächst Frauen in die Sprache hineingebracht werden, und zwar über das generische Femininum oder das Binnen-I. Ihr Ziel bleibt aber die Abschaffung der weiblichen Endung und die Etablierung des Neutrums für Personenbezeichnungen.
Wir haben genau diesen Vorschlag aufgegriffen und ein sprachliches Konzept erarbeitet, das darauf basiert. Und dieses setzen wir nun um. Der Ansatz mag auf den ersten Blick ein bisschen radikal wirken, aber er löst viele Probleme, die sonst beim Versuch, fair (vielfaltssensibel, geschlechtergerecht, diskriminierungsfrei) zu kommunizieren, entstehen.
Lesen Sie die Artikel in dieser Ausgabe und machen Sie sich selbst ein Bild: Alle Personen, egal welchen Geschlechts, werden sprachlich absolut gleich behandelt, es sind nicht nur alle gemeint, sondern stets auch alle ausdrücklich genannt. Trotzdem sind die Texte nicht schwer verständlich, die Sätze nicht umständlich, die Personenbezeichnungen nicht kompliziert oder lang. Der Lesefluss wird nicht gebrochen, es steht nur geschrieben, was man auch sprechen kann. An manchen Stellen stößt man auf Ungewohntes (»das Teilnehmer«), das befremdlich wirken mag. Wir bitten um Toleranz!
Die weibliche Endung »-in« ist abgeschafft, wo nötig oder gewünscht, wird das Geschlecht durch den Artikel oder Attribute definiert: »der Arzt« für einen Mann, »die Arzt« für eine Frau, »das Arzt«, wenn das Geschlecht unbekannt ist oder keine Rolle spielt, »die weiblichen Ärzte«, wenn ausgedrückt werden soll, dass es sich dabei um Frauen handelt. Für uns ist das die fairste, eleganteste und beste Lösung. Wir glauben, dass sich das generische Neutrum in vielen Jahren (oder Jahrzehnten) im allgemeinen Sprachgebrauch durchsetzen wird. Irgendwer muss damit beginnen, es einzusetzen. Wir machen das gerne, weil wir überzeugt davon sind.
Hinter diesem sprachlichen Konzept steckt natürlich viel mehr, als hier beschrieben steht: Wie wird z. B. »die Autor« dekliniert? Was passiert mit Personenbezeichnungen wie »der Mensch«, »die Person«, »das Mitglied«? Oder solchen, die einen weiblichen Stamm haben wie »Witwe« und »Braut«? Der rechts unten angeführte Link führt zu einer Website, die das Konzept im Detail vorstellt. Dort finden sich auch Beispiele, Sonder- und Ausnahmefälle, zusätzliche Lösungsvorschläge und einen ausführlichen Vergleich mit anderen Konzepten, die versuchen, das Diskriminierende aus der Sprache zu entfernen.
Fazit: Frauen werden in der deutschen Sprache durch das für sie in Personenbezeichnungen verwendete Suffix »-in« diskriminiert. Zusätzlich werden sie diskriminiert, indem diese weibliche Form nicht oder nur zu selten eingesetzt wird, wenn es um die allgemeine Bezeichnung von Personengruppen geht. Geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen mithilfe des generischen Neutrums stellen zwar eine große Veränderung dar, aber sie sind einfach umzusetzen. Dieses Sprachkonzept hat viele Vorteile: Die Sprache ist einfach, verständlich, fair und inkludiert alle Menschen gleichermaßen.
Geht’s noch ein bisschen schwachsinniger? Meine Mutter hätte solche Autoren als „studierte Deppen“ bezeichnet! Mehr ideologische Unterfütterung einer systematischen Sprachverhunzung ist nicht mehr notwendig! Im übrigen – Aufgabe der Linguisten ist nicht aktive Sprachbastelei und Sprachverhunzung – sondern die wissenschaftlich fundierte Beobachtung und Beschreibung von Sprache und ihrer Entwicklung! Ein Physiker schreibt einem Elektron ja auch nicht vor, wie es sich gefälligst in einem elektromagnetischen Feld zu verhalten hat – sondern beschreibt – u.a. in mathematischer Sprache – sein Verhalten!
MfG
Rolf Wolfbauer
Ich bin kein Roboter! Sondern Rolf Wolfbauer mit Rolf.Wolfbauer@web.de als Adresse! Euere Identifikations-prozedur scheint unangenehme Nachrichten zu ignorieren! Oder eure Maske taugt nichts!
MfG
Rolf Wolfbauer
Sehr geehrter Herr Wolfbauer,
Ihr Kommentar wurde ohnedies von uns freigeschaltet.
Wenn Sie die Kommunikation mit »Geht’s noch ein bisschen schwachsinniger« beginnen, müssen Sie auch ein Einsehen haben, dass wir den Kommentar nicht sofort und ohne Weiteres freischalten.
Danke jedenfalls fürs Kundtun Ihrer Meinung.
Liebe Grüße
Gernot Winter
Ich schliesse mich Hern Wolfbauer an und frage ganz einfach: Seid ihr noch ganz bei Trost?
Eine interessante Argumentation, die nur leider auf der falschen Annahme basiert, dass das generische Maskulinum gleichbedeutend mit einer männlichen Geschlechtszuschreibung ist. Anders betrachtet: Kann nur eine Frau eine Koryphäe sein? Hat ein Genie gar keine Genitalien? Ihren Optimismus, dass in ein paar Jahren ganz selbstverständlich jedes Patient das Arzt aufsucht, teile ich nicht – einschlägige Umfragen sehen mittlerweile sogar eine Trendumkehr. Die Leute sind Ansagen wie oben zunehmend leid. Doch jedem Tierchen sein Plaisierchen, dem ich selbstverständlich die eingeforderte Toleranz zolle. Aber wie sieht es denn Ihrerseits z.B. mit Respekt aus? Sie könnten Ihren Lesern und Abonnenten Respekt entgegenbringen, indem Sie mit ihnen in deren Sprache kommunizieren. Und das ist – auch bei den Frauen – das generische Maskulinum.